30. März 2023
Julian Reichelt ist ein Opfer. Zumindest inszeniert er sich am liebsten so. Von der »Bild« abserviert, hat er nun ein eigenes stumpfsinniges Medienprojekt gestartet. Aber: Es ist eben erfolgreich. Deshalb müssen wir da jetzt durch.
»Reichelt wird zum dümmlich grinsenden Steigbügelhalter der Faschisten.«
Illustration: Marie SchwabMan muss schon einiges an Chuzpe mitbringen, um als geschasster Chefredakteur der Bild-Zeitung nach einem Skandal um Machtmissbrauch wieder in die Öffentlichkeit zu treten und heldenhaft »I’m back« zu rufen. Er habe mit Frauen geschlafen und ihnen Posten in der Redaktion gegeben, andere Frauen fühlten sich davon unter Druck gesetzt, so der Vorwurf. Das war dann selbst für Springer zu viel – Reichelt musste gehen. Monate später darf er in einer großen linksliberalen Wochenzeitung dann seine Geschichte erzählen: Er sei Opfer einer Lüge. Es zieht sich durch Reichelts Karriere: mal wird er von den Öffentlich-Rechtlichen unterdrückt, mal von einer links-grünen Hegemonie, die ihm das Wort verbietet.
Wenn es nur Reichelt wäre, der sich heroisch gegen das gebührenfinanzierte Wokistan auflehnte, es wäre alles nicht so wild. Nur bekommt Reichelt laut einer Recherche bei T-Online und dem Medienmagazin Zapp mutmaßlich zahlungskräftige Unterstützung von einem milliardenschweren Unternehmer, um auf Youtube mit einem Team aus bezahlten Redakteurinnen und Redakteuren Dreck ins Internet zu werfen. Frank Gotthardt, der praktischerweise auch Ehrenvorsitzender des Wirtschaftsrats der CDU Rheinland-Pfalz ist, scheint es ein Anliegen zu sein, durch Rome Medien, dessen wahrscheinlich einziger Gesellschafter wiederum Julian Reichelt selbst ist, ein neues rechtes Medium in Deutschland zu platzieren. Reichelt wird so zum Schoßhund eines Milliardärs mit politischen Ambitionen.
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Ines Schwerdtner ist seit Oktober 2024 Bundesvorsitzende der Linkspartei. Von 2020 bis 2023 war sie Editor-in-Chief von JACOBIN und Host des Podcasts »Hyperpolitik«. Zusammen mit Lukas Scholle gab sie 2023 im Brumaire Verlag den Sammelband »Genug! Warum wir einen politischen Kurswechsel brauchen« heraus.