12. März 2024
Das wahre Rentenproblem hat nichts mit der Börse so zu tun. Die 200 Milliarden Euro der Aktienrente wären in Kitas und Schulen besser angelegt als in Aktien.
Die Aktienrente ist kein Mittel gegen Altersarmut.
Sicher, weder die CDU noch die Ampel stellen gerne die Verteilungsfrage. Genau diese müssen wir aber stellen, wenn wir über das Rentenproblem reden. Denn die Rente ist ein Verteilungsproblem – und nichts anderes. Derzeit ist zwar die Aktienrente der Ampel in aller Munde – von den einen verteufelt, von den anderen vergöttert – aber auch die kann nicht über die Verteilungsfrage hinwegtäuschen.
Um Verteilung geht es, weil die Rentnerinnen und Rentner ja selbst nichts mehr herstellen, sondern in ihrem Lebensabend nur noch konsumieren, was andere herstellen. Sie bekommen also ein Stück vom Kuchen, den sie selbst nicht mehr backen. Übrigens genauso wie Kinder, Arbeitslose und Kranke.
Die eigentliche Frage ist also: Wie schaffen wir es mit einem sinkenden Anteil Erwerbstätiger, die steigende Anzahl an Rentnerinnen und Rentnern zu finanzieren? Genauer gesagt: Wie schaffen wir es mit weniger Bäckern, einen Kuchen zu backen, der so groß ist, dass alle gut versorgt werden? Das Geld zu drucken und zu verteilen ist einfach, es müssen aber Güter und Dienstleistungen hergestellt werden, das ist nicht so einfach.
Die Antwort lautet: Dafür müssen die Erwerbstätigen – sprich: wir alle – in Zukunft produktiver sein als gegenwärtig. Das heißt: Jeder Erwerbstätige muss mehr erwirtschaften als heute. Und um produktiver zu werden, müsste man investieren. In Kitas, ins Bildungssystem, in Forschung, in Start-Ups und in moderne Infrastruktur. Und wir sollten jeden der dann weniger Erwerbstätigen auch wirklich beim Kuchenbacken helfen lassen. Also: die Wirtschaft ankurbeln und für Vollbeschäftigung sorgen, damit jeder, aber auch wirklich jeder, der Arbeit sucht, auch welche findet. Nur unter diesen Bedingungen kann eine alternde Gesellschaft auch ohne Wohlstandsverlust in Rente gehen. Anders wird es nicht funktionieren.
»Die Rente einer alternden Gesellschaft hängt nicht an Börsenerträgen, sondern an einer produktiven Wirtschaft.«
Das bedeutet allerdings auch: Die 200 Milliarden Euro, die die Ampel zur Rettung der Rente in Aktien investieren will, wären in Schulen, Kitas und Forschung deutlich besser angelegt. Und ebenso in Subventionen für die Energiewende, einer wirklichen Kindergrundsicherung oder einem bedarfsgerechten Bafög. Wenn der Staat an der Börse mitmischt, wird der Kuchen an Gütern und Dienstleistungen, die in Deutschland hergestellt werden, nämlich nicht größer. Vielmehr schöpft der Staat Dividenden von Unternehmen aus dem Ausland ab. Sprich: Gewinne von ausländischen Firmen.
Verantwortungslose Spekulation oder gar Glücksspiel wie im Casino ist das allerdings nicht. Dahinter stecken ja Beteiligungen an produktiven Firmen. Auch die Sorge vor einem Börsencrash ist unbegründet. Erstens, weil die Aktienrente der Ampel nur auf Staatskosten geht und keine Beitragsgelder angelegt werden. Und zweitens, weil ein Börsencrash höchstwahrscheinlich auch mit einer handfesten Krise der Realwirtschaft einherginge (also den Kuchen kleiner machen würde). Das wäre für die Rente ebenso ein Problem.
Unterm Strich: Die Rente einer alternden Gesellschaft hängt nicht an Börsenerträgen, sondern an einer produktiven Wirtschaft. Alles, was die Wirtschaft produktiver macht, hilft. Die Aktienrente gehört nicht dazu.
Maurice Höfgen ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag und Autor des Buches »Mythos Geldknappheit«. Zudem betreibt er den YouTube-Kanal »Geld für die Welt«.