22. Juni 2024
Wegen der Sparpolitik der Ampel fehlen den Krankenkassen 9 Milliarden Euro. Die Rechnung begleichen müssen die gesetzlich Versicherten. Aber es ginge auch anders.
Das tut weh: Gesetzlich Versicherte müssen draufzahlen, weil Lindner die Besserverdiener schützen will.
Das wissen die wenigsten, aber wegen der Sparpolitik im Bundeshaushalt und der gottlosen Schuldenbremse gibt es ein Milliarden-Loch bei den Krankenkassen. Das führt wiederum dazu, dass die Beiträge für die gesetzlich Versicherten höher sind, als sie eigentlich sein müssten, ergo die gesetzlich Versicherten weniger Netto vom Brutto haben, als sie eigentlich haben können.
Woran das liegt, ist schnell erklärt. Der Bund überweist den Krankenkassen jeden Monat 108 Euro für die Versorgung von Bürgergeldbeziehern. Die Krankenkassen wissen aber: Diese 108 Euro decken vorne und hinten nicht die Kosten. Eigentlich müsste diese Pauschale bei 311 Euro liegen.
Die Lücke ist, wenn man es aufs ganze Jahr hochrechnet, 9,2 Milliarden Euro groß und wird bald die 10-Milliarden-Marke überschreiten. Diese 9,2 Milliarden Euro können die Krankenkassen natürlich nicht irgendwo her schnipsen, sondern sie müssen sie von den gesetzlich Versicherten einziehen. Das heißt, die Beiträge sind 0,5 Prozentpunkte höher als sie eigentlich sein müssten, und zuletzt ja auch noch gestiegen. Sie hätten sogar fallen können.
»Weil die Spitzenverdiener verschont bleiben sollen, werden kleine und mittlere Einkommen mit höheren Beiträgen bei der gesetzlichen Krankenversicherung gemolken.«
Ganz interessant: Die Ampel hatte sich sogar in den Koalitionsvertrag geschrieben, das zu ändern. Das Problem besteht nämlich schon seit Jahren. Allerdings halten die Ampel zwei Dinge davon ab. Erstens: Die Schuldenbremse engt den finanziellen Spielraum ein. Mehr Soziales ist unter der Schuldenbremse nicht drin. Hier sieht man mal wieder: Die Schuldenbremse ist eine Sozialstaatsbremse.
Grund Nummer zwei: Die logische Alternative zu höheren Versicherungsbeiträgen wäre natürlich eine Erhöhung der Einkommenssteuer. Dann müsste die Ampel auch nicht mehr Schulden machen. Allerdings: Höhere Einkommenssteuer – das will Christian Lindner nicht, denn dann würden ja Gut- und Spitzenverdiener stärker belastet.
Genau das passiert bei höheren Krankenkassenbeiträgen aber nicht, weil es ja die Beitragsbemessungsgrenze gibt, bei knapp über 5.000 Euro. Das heißt, für jeden Euro darüber – und das ist der entscheidende Vergleich – müssten sie zwar Einkommenssteuer zahlen, aber nicht mehr Krankenkassenbeiträge. Sprich, weil die Spitzenverdiener verschont bleiben sollen, werden kleine und mittlere Einkommen mit höheren Beiträgen bei der gesetzlichen Krankenversicherung gemolken. Oder, wie die Ampel sagt: Fortschritt.
Maurice Höfgen ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag und Autor des Buches »Mythos Geldknappheit«. Zudem betreibt er den YouTube-Kanal »Geld für die Welt«.