06. Dezember 2024
Antisemitismusbeauftragte sollten jüdisches Leben schützen. Doch in der Praxis sind sie dazu da, öffentliche Kritik an Israel zu unterbinden und unter dem Deckmantel von deutscher Schuld nationale Interessen der Bundesrepublik voranzutreiben.
»Was die Antisemitismusbeauftragten vereint, ist, dass ihre Beziehung zu »jüdischen Themen« in erster Linie durch ihre Arbeit für zionistische Organisationen geprägt ist."«
Als der Bundestag den ersten Jahrestag des 7. Oktobers beging, kam auch Beatrix von Storch, die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende, zu Wort. Lippenbekenntnisse, wie von der SPD-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die zähneknirschend die »humanitäre Katastrophe« in Gaza anerkannte, nur um sogleich Israels Rachefeldzug als Verteidigungs- und Präventivschläge zu rechtfertigen, hatten bei ihr keinen Platz.
Als AfD-Antisemitismusbeauftragte, die sich nach eigener Aussage für ein »unbedrohtes, ungefährdetes, normales jüdisches Leben in Deutschland« und für die Interessen von »Israel, der einzigen Demokratie im Nahen Osten« einsetzt, galt ihr erster Hieb einem Kollegen: Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. »Jetzt spätestens bricht […] das Lügengebäude der Ampel und ihrer Beauftragten krachend zusammen, dass die größte Gefahr für Juden in Deutschland von ›Rechts‹ käme.« Denn selbst Klein habe »jetzt plötzlich die zunehmende Verharmlosung von islamistischen Positionen […] kritisiert.«
»Die Anti-Antisemitismus-Bürokratie dient nicht der Diskriminierungsprävention, sondern als Distinktionsmerkmal eines ›neuen Deutschseins‹ und als Beitrag zum langen ›War on Terror‹.«
Antisemitismusbeauftragte, von liberal bis rechtsradikal, sind sich in der Tat einig, dass antisemitische Hasskriminalität in Deutschland vor allem ein »importiertes« muslimisches und »linksextremes« Problem sei. Dies ist jedoch nicht neu, sondern Ausdruck eines langandauernden Rechtsrucks in der Bundesrepublik. Die Anti-Antisemitismus-Bürokratie dient nicht der Diskriminierungsprävention, sondern als Distinktionsmerkmal eines »neuen Deutschseins« und als Beitrag zum langen »War on Terror«.
Klein bekleidet seit dem 1. Mai 2018 das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. 2017 war die AfD als drittstärkste Kraft in den Bundestag eingezogen – ein Wendepunkt. Doch Kleins Ernennung hatte einen anderen Anlass. Die Große Koalition sah sich aufgrund eines »neuen Antisemitismus« dazu veranlasst, ihre Anti-Antisemitismus-Bürokratie aggressiv auszubauen. Ein »israelbezogener Antisemitismus« sei im Verlauf der sogenannten Flüchtlingskrise eingeführt worden und habe, so der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus, die etablierten NS-bezogenen »Auseinandersetzungen« abgelöst.
Konkret hatte die Bundestagsabgeordneten »eine Demonstration am Brandenburger Tor […] von Menschen arabischer Herkunft und Flüchtlingen« auf den Plan gerufen, erklärte Klein der Zeitschrift Jewish Currents. Im Zuge des Protests gegen Donald Trumps Entscheidung, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen und die Stadt als israelische Hauptstadt anzuerkennen, war eine Israel-Flagge angezündet worden. Mit Antrag 19/444 vom 17. Januar 2018 wurde daraufhin das Amt des Antisemitismusbeauftragten geschaffen – samt dem Beschluss, »die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken [IHRA]«, die Kritik an der Politik Israels als antisemitisch bewertet und Statistiken dementsprechend verfälscht, »in erweiterter Form politisch in Umlauf zu bringen«.
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Miriam Chorley-Schulz ist Assistant Professor und Mokin Fellow of Holocaust Studies an der University of Oregon.