14. Juli 2024
Was manche schon länger vermutet haben, entpuppt sich nun als harter Fakt: Joe Biden ist zu alt, um noch klare Gedanken zu formulieren, geschweige denn Präsident der USA zu sein – auch wenn medial versucht wurde »Sleepy Joe« nicht groß zu thematisieren.
Joe Biden bei einer Pressekonferenz in Washington, D.C. am 11. Juli 2024.
Joe Biden geht es überhaupt nicht gut. Und das schon länger. Körperliche und geistige Aussetzer haben seine Präsidentschaft permanent durchzogen, etwa vor zwei Jahren, als er vor laufenden Kameras von seinem Fahrrad fiel. Oder vor einem knappen Jahr, als er eine Rede mit den Worten »God save the Queen, man« beendete. Wohlgemerkt in Connecticut, ein Jahr nach dem Tod der britischen Königin.
Die Liste derartiger Pannen könnte noch lange weitergeführt werden. Was diese Aussetzer aber unterstreichen: Die Frage nach Bidens psychischem und physischem Gesundheitszustand war durchaus berechtigt und hätte schon seit langem gestellt werden müssen.
Die meisten großen Medienhäuser haben jedoch bis vor kurzem kaum darüber berichtet. Genauer gesagt: bis zur ersten Presidential Debate, die katastrophal verlief. Seitdem aber gibt es unzählige Artikel zu diesem Thema. Allein in der New York Times gab es laut der Guardian-Journalistin Rebecca Solnit in den Tagen nach der ersten Debatte 192 Beiträge zu Bidens Gesundheitszustand. Der Vorwurf an die journalistischen Kolleginnen und Kollegen vonseiten Solnits lautet daher: Hier wird wieder einmal ein Kandidat der Demokraten in Grund und Boden geschrieben, was Donald Trumps Wiederwahl erst möglich macht.
In eine ähnliche Kerbe schlug bald darauf der Zeit-Journalist Mark Schieritz, der sich an die E-Mail-Affäre Hillary Clintons erinnert fühlt, deren mediale Omnipräsenz angeblich Donald Trumps Wahlsieg befördert hat. Schieritz kommt zum Schluss: »Die derzeitige Hetzjagd nützt nur einem: Donald Trump.«
Dem ist entgegenzuhalten: Es mag sein, dass die jetzige Berichterstattung Bidens Wahlsieg gefährdet. Aber die Verantwortungslosigkeit des etablierten Journalismus besteht doch nicht darin, jetzt kritisch nach Bidens Gesundheitszustand zu fragen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Dass die Medien dieses Thema nicht beleuchtet oder gar zu einer demagogischen Lüge Donald Trumps und irgendwelcher Rechten aus dem Internet erklärt haben – das war das große Versagen von Zeitungsschreibern und Fernsehmoderatoren, in Deutschland wie in den USA. Niemand wollte der Erste sein, der die heikle Frage nach Bidens Zurechnungsfähigkeit stellte – bis es zu spät war, und sich die Frage auf der größten Politbühne der Welt von selbst beantwortete.
Fast schon lustig ist es dann, wenn Schieritz die Belastungen des amtierenden Präsidenten vorrechnet: »Es geht hier um einen Präsidenten, der allein im Juni – dem Monat der Debatte – 15 US-amerikanische Bundesstaaten und drei Länder besucht, der drei Pressekonferenzen und 21 öffentliche Veranstaltungen abgehalten hat und über 30.000 Meilen geflogen ist.«
Ja, die Arbeit als Präsident ist anstrengend. Aber das ist es, was man sich aufhalst, wenn man um jeden Preis Herrscher der größten ökonomischen und militärischen Imperialmacht der Welt sein will. Wer das möchte, muss seinem Privatleben adé sagen und sich unglaublichen Strapazen unterziehen. Und wer das nicht kann, darf sich nicht auf die Präsidentschaft bewerben. Das sollte Joe Biden genauso gut wissen wie die Presse.
Es steht zu befürchten, dass Trump ein zweites Mal gewählt werden sollte. Dann werden wir (wie schon 2016) viele Schuldige präsentiert bekommen. Die Schuld bei Journalisten zu suchen, die Bidens offenkundige Unzurechnungsfähigkeit herausstellen, ist jedoch albern. Die Verantwortung liegt bei Biden selbst - und bei denen, die zu lange geschwiegen haben.
Ole Nymoen betreibt den Wirtschaftspodcast Wohlstand für Alle und ist Kolumnist bei JACOBIN.