11. November 2024
Ist die FDP am Ende? Zumindest hat Olaf Scholz den Ex-Finanzminister Christian Lindner schwer düpiert. Es ist zu hoffen, dass Lindner tatsächlich »Deutschlands frechster Arbeitsloser« wird, meinte Ole Nymoen.
Lindners FDP würde laut aktuellen Umfragen die 5-Prozent-Hürde verpassen.
Die FDP scheint erledigt zu sein: Die Intrigen und Ränkespiele Christian Lindners wurden am Mittwochabend mit einer Blamage beendet. Olaf Scholz zog die Reißleine und entließ den Finanzminister mit frappierenden Worten: “Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten.”
Diese Entscheidung kommt spät, aber sie ist mehr als verständlich. Denn spätestens seit einem Dreivierteljahr hat Lindner ein doppeltes Spiel getrieben: Einerseits wollte er regieren und damit seine staatspolitische Verantwortung unter Beweis stellen. Nachdem er 2017 bereits die Jamaika-Koalition torpediert hatte, wollte er sich das kein zweites Mal leisten. Andererseits legte er großen Wert darauf, die unbeliebte Ampel-Koalition von innen zu kritisieren und sich so oft wie möglich von seinen Koalitionspartnern zu distanzieren.
Man denke nur an seine Rede vor den demonstrierenden Bauern im Januar diesen Jahres, als er wie ein Volkstribun auftrat und erklärte, dass “Klimakleber”, Flüchtlinge und Bürgergeld-Empfänger die größten Probleme des Landes seien.
In den letzten Wochen scheint Lindner dann doch zu dem Schluss gekommen zu sein, dass ein Weiter-So der FDP mehr schadet als ein kalkulierter Bruch. Seit Monaten stehen die Liberalen in Umfragen bei unter fünf Prozent, die Ost-Wahlen waren ein beispielloses Desaster.
»Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge halten 40 Prozent der Deutschen die FDP für den Hauptverursacher der Regierungskrise, drei Viertel der Befragten betrachten die FDP als geschwächt.«
Daher wollte Lindner dem Bundeskanzler Neuwahlen aufzwingen, davon zeugte sein kürzlich geleaktes Wirtschaftswende-Papier, in dem Steuersenkungen für Reiche und Rentenkürzungen für die breite Masse gefordert wurden. Womit Lindner nicht gerechnet hat: Dass Scholz ihn nach allen Regeln der Kunst vorführt.
Der Kanzler hätte einfach das Ende der Koalition aussprechen können. Aber er hat sich dafür entschieden, nur Christian Lindner öffentlich zu blamieren, sodass der Rest der FDP-Minister selbst gehen musste.
Dass nun auch noch Volker Wissing aus der FDP austritt und als Superminister der neuen Minderheitsregierung im Amt bleibt, ist die Kirsche auf der Torte. Lindner scheint sich verzockt zu haben, und wirkte fahrig bis fassungslos bei seiner Pressekonferenz - bei der er dann zu allem Überfluss auch noch von einer Reporterin gefragt wurde, wie er dazu stehe, dass man ihn als Deutschlands frechsten Arbeitslosen im Netz verspottet.
Eigentlich gibt es nur eine Hoffnung für Lindner: Dass er es schafft, sich als Opfer der Ampel zu inszenieren, als windigen Reformer, der Deutschland wieder auf Vordermann bringen wollte, und der dabei von seinen Koalitionspartnern immer blockiert wurde. Daran scheinen aber die Bürger nicht zu glauben. Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge halten 40 Prozent der Deutschen die FDP für den Hauptverursacher der Regierungskrise, drei Viertel der Befragten betrachten die FDP als geschwächt. Auch die neuesten Umfrageergebnisse dürften Christian Lindners Sorgen eher verstärken: Zwar sah Infratest die Liberalen gestern wieder bei 5 Prozent, Forsa und die Forschungsgruppe Wahlen gehen aber in neuen Umfragen von drei Prozent aus. Lindner hat nun kein Ass mehr im Ärmel und ist auf Schützenhilfe der bürgerlichen Presse angewiesen. Da ihm aber bis hierhin schon niemand abgekauft hat, dass er eigentlich nur ein Opfer der Ampel sei, können wir darauf hoffen, dass das auch so bleibt. Dann würde die FDP ihrem Untergang entgegen wanken, und Christian Linder wäre tatsächlich Deutschlands frechster Arbeitsloser. Beim Jobcenter sagt man zu solchen Fällen bekanntlich: Schwer vermittelbar!
Ole Nymoen betreibt den Wirtschaftspodcast Wohlstand für Alle und ist Kolumnist bei JACOBIN.