02. August 2023
Während Hitzerekorde gebrochen werden und Waldbrände wüten, verkünden Energieunternehmen Rekordgewinne. Wollen wir den Klimakollaps abwenden, müssen wir die Öl-Riesen konfrontieren. Sie schulden der Menschheit Billionen an Reparationen.
Ein Feuerwehrmann auf der Griechischen Insel Lesbos, Aufnahme vom Juli 2023.
IMAGO / ZUMA WireAls Klimainstitute die erste Juliwoche zur heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erklärten, betraten wir Neuland, was den Klimakollaps angeht. Die wärmste Woche folgte auf den wärmsten Juni. Und auch die vergangenen acht Jahre waren die wärmsten, die jemals aufgezeichnet wurden, wobei 2016 das wärmste Jahr aller Zeiten war, gefolgt von 2019 und 2020.
Man könnte einwenden, dass diese Aufzeichnungen nur für einen kleinen Teil der Menschheitsgeschichte geführt wurden – die globalen Temperaturaufzeichnungen reichen nur bis in die 1850er Jahre zurück. Die UNO bestätigte jedoch, dass im Juli an vierzehn Tagen globale Oberflächentemperaturen von mehr als 17 Grad Celsius gemessen wurden – ein Anstieg, wie er in den letzten 125.000 Jahren nicht dagewesen ist.
Hitzewellen brachten Südeuropa überwältigende Temperaturen: Im spanischen Almeria wurden 44 Grad Celsius gemessen. Rom erlebte mit 41,8 Grad seinen heißesten Tag aller Zeiten, und auch in Katalonien gab es mit 45,3 Grad Rekordtemperaturen. Aufgrund der extremen Hitze breiteten sich in Portugal und Griechenland Waldbrände aus, und auch in Italien, Kroatien und der Türkei wüteten Feuer.
Dies geschah vor dem Hintergrund der beängstigenden Szenen in Nordamerika, wo die kanadischen Waldbrände die Region in Rauch hüllten. Eine Hitzewelle, die über den Süden der USA hinwegfegte, bescherte Teilen von Arizona, Texas und Kalifornien rekordverdächtige Temperaturen, wobei in Phoenix Spitzenwerte von 47,8 Grad erreicht wurden.
Zu Beginn dieses Jahres wurden in Teilen Südasiens Temperaturen von bis zu 45 Grad gemessen, obwohl sie sich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit oft noch heißer anfühlen. Der Klimawandel hat die dortige Hitzewelle um mindestens 2 Grad heißer gemacht, als es sonst der Fall gewesen wäre.
Auch die Meerestemperaturen sind stark angestiegen. In Florida erreichten die Meerestemperaturen schockierende 38,4 Grad – mindestens 6 Grad über dem, was zu erwarten wäre. Das bedeutet einen rekordverdächtigen Anstieg der Meerestemperaturen. Die NASA hat kürzlich beobachtet, dass die Ozeane infolge dieses Phänomens ihre Farbe verändern. Es überrascht außerdem nicht, dass die extrem hohen Meerestemperaturen zu einer extrem niedrigen Meereisbedeckung in der Antarktis geführt haben.
»BP, Shell, ExxonMobil, Total, Aramco und Chevron schulden der Welt – und insbesondere den ärmsten Ländern – 209 Milliarden Dollar an jährlichen Klimareparationen.«
Der Temperaturanstieg fordert bereits jetzt Tausende von Menschenleben. Die Fachzeitschrift Nature veröffentlichte kürzlich eine Studie, aus der hervorgeht, dass im vergangenen Jahr bis zu 61.000 Menschen in Europa an den Folgen von Hitzewellen starben. In den USA ist extreme Hitze bereits die häufigste wetterbedingte Todesursache, und in der vergangenen Woche wurde aufgrund der steigenden Temperaturen für 104 Millionen Menschen Hitzewarnungen ausgegeben.
Diese durch extreme Hitze verursachten Todesfälle sind aber nur ein Teil des Ganzen. Schon jetzt verursacht die Luftverschmutzung jedes Jahr 6,7 Millionen vorzeitige Todesfälle. Und extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Waldbrände und Dürren werden immer wahrscheinlicher. Wetterbedingte Katastrophen haben in den letzten fünfzig Jahren um das Fünffache zugenommen und zu 2 Millionen Todesfällen und wirtschaftlichen Schäden in Höhe von 4,3 Billionen Dollar geführt.
Mehr als 90 Prozent dieser Todesfälle ereigneten sich im Globalen Süden. Diejenigen, die gezwungen sind, die Folgen der größtenteils vom Globalen Norden verursachten Klimawandels zu tragen, sind zugleich diejenigen, die am wenigsten in der Lage sind, die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Konsequenzen zu stemmen. Wie Mia Mottley, die Premierministerin von Barbados, 2021 in Glasgow leidenschaftlich bezeugte, haben reiche Länder erstaunlich langsam Hilfe für die Orte geleistet, die im Kampf gegen den Klimakollaps an vorderster Front stehen.
Und die Lage wird sich weiter zuspitzen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befürchten nun, dass wir die vom IPCC festgelegte Grenze von 1,5 Grad über den vorindustriellen Temperaturen früher als erwartet überschreiten werden. Es könnte bereits im nächsten Jahr soweit sein.
Ein führender Klimawissenschaftler erklärte letzte Woche gegenüber der BBC, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft die Schnelligkeit und Schwere des Zusammenbruchs des Klimas wahrscheinlich stark unterschätzt habe. Wenn sich die gegenwärtigen Trends fortsetzen, wird die Erdtemperatur im nächsten Jahrhundert wahrscheinlich 3 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen, was katastrophale Schäden an den ökologischen Systemen verursachen würde, von denen das menschliche Leben auf der Erde abhängt.
Das größte Hindernis für unsere Fähigkeit, den Klimakollaps zu bekämpfen, ist – offensichtlich – ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, das den natürlichen Reichtum der Erde als eine kostenlose Gabe ansieht, die zum privaten Nutzen ausgebeutet werden kann. Wir wissen schon seit einiger Zeit, dass lediglich 100 Unternehmen für etwa 70 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich sind.
Tatsächlich wussten angestellte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Unternehmen wie Exxon Mobil bereits in den 1970er Jahren um die Schäden, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursacht werden. Doch anstatt diese Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wurden Studien unterschlagen, Forschungsbudgets gekürzt und Milliarden in die Lobbyarbeit und Klimaleugnung gesteckt. Für diese Vertuschung muss sich das Unternehmen nun in zahlreichen Gerichtsverfahren verantworten.
»Anstatt von den Öl-Riesen zu verlangen, dass sie für die von ihnen verursachten Schäden aufkommen, glauben viele Menschen die Geschichte, sie könnten den Klimakollaps verhindern, indem sie keine Plastikstrohhalme mehr benutzen.«
Eine Studie hat die unmittelbaren Folgen der von den größten fossilen Brennstoffunternehmen freigesetzten Emissionen aufgezeigt und stellt dar, dass BP, Shell, ExxonMobil, Total, Aramco und Chevron gemeinsam für Schäden im Wert von 5,3 Billionen Dollar verantwortlich sind, die durch den Klimakollaps zwischen 2025 und 2050 entstehen werden. Diese Unternehmen schulden der Welt – und insbesondere den ärmsten Ländern – 209 Milliarden Dollar an jährlichen Klimareparationen.
Was hält uns also davon ab, die Macht der großen fossilen Unternehmen anzugreifen?
Diese Unternehmen und die Lobbyistinnen, Anwälte und Politikerinnen, die sie unterstützen, sind zweifellos sehr gut organisiert. Die Kräfte, die sich ihnen entgegenstellen, sind es nicht. Anstatt sich zusammenzuschließen und von den Öl-Riesen zu verlangen, dass sie für die von ihnen verursachten Schäden aufkommen, glauben viele Menschen die Geschichte, sie könnten den Klimakollaps verhindern, indem sie keine Plastikstrohhalme mehr benutzen, den Bus nehmen oder vegan leben.
Dieses individualistische Verständnis des Problems und der möglichen Lösungen ist bei weitem die größte Herausforderung für die Klimabewegung. Auch einige führende Klima-Aktivisten arbeiten dieser Dynamik zu, indem sie arbeitende Menschen für ihren »CO2-Fußabdruck« tadeln – ein Konzept, das von Öl-Konzern BP entwickelt wurde, um die Schuld am Klimakollaps auf die Einzelnen abzuwälzen.
Keine einzelne Person hat den Klimakollaps verursacht. Zwar sind die Wohlhabenden überproportional verantwortlich, aber auch keine einzelne Gruppe hat den Klimakollaps verursacht. Der Klimakollaps ist die direkte Folge eines völlig unhaltbaren Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, das den meisten Menschen keine andere Wahl lässt, als zu verschmutzen, um zu überleben.
Ändern können wir das nur, indem wir die Grundlagen unserer Gesellschaft transformieren – von der Infrastruktur, die wir nutzen, um zu reisen, zu leben und zu arbeiten, bis hin zu den Ideologien, die es uns ermöglichen, in dieser Welt Sinn zu sehen. Neben dem Kapital ist der Individualismus vielleicht unser größter Feind in diesem Kampf.
Grace Blakeley ist Redakteurin bei Tribune, Host des Podcasts A World to Win und Autorin des Buches Stolen: So retten wir die Welt vor dem Finanzkapitalismus.