05. Dezember 2022
Auch die Schweizer Nationalbank hat inzwischen den Leitzins erhöht. Die Inflation wird das nicht ausbremsen. Stattdessen wird vor allem die Kaufkraft der Beschäftigten gemindert.
Nach Jahren der Negativzinspolitik hat nun auch die Schweizer Nationalbank den Leitzins erhöht.
IMAGO / Future ImageNachdem die führenden Zentralbanken der Welt bereits auf die rasant fortschreitende Inflation reagiert haben, hat sich auch die Schweizer Nationalbank (SNB) zur Anhebung des Leitzinses auf 0,5 Prozent entschieden. Damit beendet die SNB nach fast acht Jahren das Regime der Negativzinsen und behält sich eine weitere Straffung der Geldpolitik vor: Eine weitere Zinserhöhung könnte schon im Zuge der nächsten Lagebeurteilung im Dezember folgen. Denn eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht. Vielmehr wird bei sich verdüsternden Konjunkturaussichten eine Inflationsrate von 3,4 Prozent im vierten Quartal und von 2,4 Prozent im kommenden Jahr erwartet.
Der liberale Dachverband Economiesuisse jubelt: »Hurra! Das Ende der Negativzinsen ist da!«. Eine Rezession werde schon nicht eintreten, solange nur die Lohnabhängigen nicht mit unangemessenen Forderungen ihre Reallohnsenkungen auszugleichen versuchen. Hier wird schon mal vorsorglich die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale heraufbeschworen. Dabei helfen auch die öffentlich-rechtlichen Medien wie der Schweizer Rundfunk (SRF) mit: Parallel zu den steigenden Preisen herrsche ein Fachkräftemangel. Wenn nun Jobsuchende am Verhandlungstisch diesen Mangel für Lohnforderungen nutzen, würden dadurch die Kosten für Unternehmen steigen, die diese Preissteigerung an die Konsumenten weitergeben würden. Auf die steigenden Preise würden dann wiederum die Lohnabhängigen mit Lohnforderungen reagieren.
Die NZZ warnt eindringlich, es stünden nun sehr schwierige Lohnrunden bevor und der Tagesanzeiger empfiehlt den Lohnabhängigen schon mal, dass sie sich an die Teuerung besser jetzt schon gewöhnen. Die führenden Ökonomen der Credit Suisse erklären zuversichtlich, in der Schweiz herrsche gerade eine generelle Zurückhaltung hinsichtlich der Lohnforderungen. Besonders in unsicheren Zeiten seien viele Lohnabhängige bereit, auf Lohnerhöhungen zu verzichten, um nicht in die Arbeitslosigkeit zu geraten und den Wohlstand zu sichern.
Fakt ist aber, dass Inflation bei gleichbleibendem Lohn ein Verlust von Kaufkraft bedeutet. Fakt ist auch, dass das Kapital Lohnerhöhungen nicht zwingend über Preissteigerungen kompensieren muss, sondern auch auf Profite verzichten könnte. Die ideologische Absicht hinter der Bemühung der Lohn-Preis-Spirale ist offenkundig: Während oben die Gewinne steigen, wird den Lohnabhängigen über die Beschwörung einer Lohn-Preis-Spirale Verzicht gepredigt. Sie würden von Lohnerhöhungen aufgrund der »zwangsläufig« folgenden Preissteigerungen ohnehin nicht profitieren, so das Argument. Wer steigende Löhne für die gegenwärtige oder künftige Inflation verantwortlich macht, bewegt sich aber auf wissenschaftlich dubiosem Terrain. Denn für diesen Zusammenhang fehlen schlichtweg die Belege.
Die Liberalen dürfen dennoch beruhigt sein: Besteht die Gefahr eines zu starken Anstiegs bei den Arbeitseinkommen, wird vonseiten der Zentralbanken ohnehin rigoros durchgegriffen: Nachdem die Zentralbanken Lohnanstiege mittels hoher Zinsen zu dämpfen versuchten, hielten sie steigende Preise bei Vermögenswerten, Aktien und Immobilien für unproblematisch. Lucas Zeise hält in seinem Buch Finanzkapital fest: »Die Inflation bei Vermögenspreisen nicht als Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems zu begreifen und entsprechend zu handeln, das ist die systematisch unsymmetrische Grundlage der Notenbankpolitik.« Er folgert: »Die Geldpolitik der Notenbanken erscheint als klassenmässig neutral, greift jedoch systematisch in die Verteilung des Reichtums zugunsten der oberen und zu Ungunsten der unteren Klassen ein.«
Der Internationale Währungsfonds rechnet für den durchschnittlichen europäischen Haushalt mit einer Steigerung der Lebenshaltungskosten von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das liegt erstens an den Energiepreisen, die aus verschiedenen Gründen explodieren: Steigende Nachfrage nach im Zuge der wirtschaftlichen Erholung von Corona; sinkendes Angebot an Energie aufgrund von Hitze- und Dürreperioden (etwa Einbruch der Wasserkraft-Produktion in Brasilien); höhere Brennstoff- und CO2-Preise aufgrund von Emissionsrechten; Kraftwerkausfälle in Frankreich; überdurchschnittlich kalte Winter, die die Energiereserven aufgebraucht haben; und zuletzt der Krieg in der Ukraine. An alledem wird sich vorerst wenig ändern. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen warnt: »Die Hälfte der Energieversorger in der Schweiz werden den Strompreis für Haushalte 2023 um 30 Prozent oder mehr erhöhen. In einzelnen Regionen steigen die Preise sogar um 50 Prozent.«
Als zweiter Inflationstreiber wirken die steigenden Lebensmittelpreise. Das Ausbleiben der Agrarexporte aus Russland und der Ukraine hat zu einer Verknappung von Lebensmitteln geführt und diese verteuert. Gleichzeitig wirken sich die steigenden Energiepreise auf die Produktionskosten bei Lebensmitteln aus. Vor- und nachgelagerte Produktionsstufen (etwa Düngemittel- oder Futterproduktion) werden aufwändiger und der Transport ist nicht nur wegen höherer Spritpreise kostspieliger geworden, sondern hat auch unter Corona gelitten.
Dies verweist auf den dritten Inflationstreiber: Störungen bei den weltweiten Lieferketten, die durch Schließungen, Personalausfall und die langsame Wiederaufnahme der Transportlogistik verursacht werden. Der aus 27 Variablen zu grenzüberschreitenden Transportkosten und nationalen Produktionsdaten zusammengesetzte Global Supply Chain Pressure Index der US-amerikanischen Zentralbank befindet sich auf einem historischen Höchststand.
Die NZZ schreibt zwar: »Das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank meint es ernst mit der Inflationsbekämpfung.« Aber egal wie ernst sie es meinen: Die aktuellen Preissteigerungen sind nicht die Konsequenz steigender Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen, umfangreicher Investitionen der Unternehmen oder unkontrollierter Staatsausgaben. Die Inflationstreiber liegen auf der Angebotsseite und weil die Zentralbanken die Angebotsseite nicht unmittelbar steuern können, greifen sie auf der Nachfrageseite ein. Das wird kurzfristig wenig bewirken und längerfristig zulasten der Lohnabhängigen gehen. Hinter den Zinserhöhungen steckt die Absicht, die Nachfrage so weit zu dämpfen, dass die Preissteigerungen gedrosselt werden.
Das ist nicht bloß eine langwierige Maßnahme, sondern auch eine zynische: Während etwa Energiekonzerne oder Banken Profite einstreichen, soll die ohnehin schon sinkende Kaufkraft der Lohnabhängigen nochmals gemindert werden. In nicht wenigen Fällen wird eine derartige Politik zu Arbeitslosigkeit führen. Oder wie der britische Ökonom Michael Roberts sagt: »Wenn die Zentralbanken ihre Leitzinsen weiter anheben, führt dies lediglich dazu, dass die Kreditkosten für Verbraucher und Unternehmen steigen, schwächere Unternehmen in den Konkurs getrieben werden und die Nachfrage auf breiter Front sinkt. Sicher, das könnte letztendlich die Inflation verringern, aber nur durch einen Einbruch.«
Dieses Risikos ist sich die SNB selbstverständlich bewusst. Das erklärt auch ihr zögerliches Handeln und die im internationalen Vergleich späte Korrektur ihrer Negativzinspolitik. Dass sie letztlich doch nachgezogen ist, hat verschiedene Gründe.
Einmal sollte der nationalstaatliche Handlungsspielraum der Schweizer Geldpolitik nicht überbewertet werden: Die offene Schweizer Volkswirtschaft und die Globalisierung der Finanzmärkte verunmöglicht eine Abschottung von europäischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen – gerade im Zuge der Finanzmarktkrisen hat sich der zwischenstaatliche Kooperationsbedarf nochmals erhöht. Im Wesentlichen verlief die Ausrichtung der Schweizer Geldpolitik, nach einer kurzen Phase größeren nationalstaatlichen Handlungsspielraums nach dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen in den 1970er Jahren, parallel zu derjenigen der anderen bedeutenden Zentralbanken.
Weiter leidet die SNB zunehmend unter dem Druck ihrer aufgeblähten Bilanz. Als die SNB 2015 den Mindestkurs zum Euro aufhob, erhoffte sie sich davon einen Rückgang der Devisenkäufe. Über vier Jahre hinweg hatte die Zentralbank über den Kauf fremder Währungen gegen den starken Franken angekämpft und damit Unsummen von Devisen angehäuft. Um dem nach wie vor hohen Aufwertungsdruck standzuhalten, mussten daraufhin Negativzinsen eingeführt werden. Dass Geschäftsbanken von nun an auf ihre Guthaben bei der SNB einen Strafzins bezahlen mussten, sollte einerseits die Attraktivität des Frankens als Fluchtwährung mindern und andererseits inländische Investoren dazu verleiten, ihr Geld im Ausland anzulegen – das hat nur bedingt funktioniert.
Noch vor acht Jahren war das Entsetzen über die Aufhebung des Mindestkurses und die Gefahren eines erstarkenden Frankens groß – heute, wo die Inflation um die Schweiz herum rasant ansteigt, kommt der Schweiz die harte Währung entgegen. In der Zeit konnte man damals lesen: »Der SNB-Entscheid wirkt wie ein Staatsstreich, eine Naturkatastrophe, ein Terroranschlag. Politiker, Unternehmer, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Medien: Alle japsen nach Luft.«
Und heute? Obwohl der Euro-Kurs kürzlich auf ein Rekordtief gesunken ist, ist ein Aufschrei über die Frankenstärke bisher ausgeblieben. »Weder die Exporteure noch der Tourismus klagen darüber, dass ihnen das Geschäft wegbreche.« Der Arbeitgeberverband bleibt gelassen und »auch die Gewerkschaften warnen weniger eindringlich als früher«, resümiert die NZZ. Die Inflationsdifferenz zwischen der Schweiz (3,5 Prozent) und der Euro-Zone (9,1 Prozent) ist mittlerweile beträchtlich. Die Wirkung des starken Frankens wird für die Schweizer Unternehmen dadurch abgemindert und beschert ihnen Wettbewerbsvorteile.
So weit so gut, könnte man meinen. Allerdings hat sich die von der Aufhebung des Mindestkurses getragene Hoffnung nach einer Reduktion der Bilanzsumme für die SNB nicht erfüllt. In der Folge einer beispiellos expansiven Geldpolitik und den Interventionen im Zuge der Corona-Pandemie knackte die Bilanzsumme im Februar letzten Jahres die Billionengrenze und erreichte im Mai 2022 eine schwindelerregende Höhe von 1070 Milliarden Franken. Dies entspricht über 140 Prozent des Schweizer BIPs.
Zum Vergleich: Die Bilanz der Europäischen Zentralbank erhöhte sich nur bis zur Hälfte der europäischen Wirtschaftsleistung, jene der US-Zentralbank Federal Reserve nur bis zu einem Viertel. Das hat den politischen Druck auf die SNB erhöht. Verschiedenste Vorstöße forderten etwa die Überführung eines Teils der Gelder in einen Staatsfonds oder deren Verwendung zur Finanzierung der Schweizer Rentenversicherung (AHV) – erfolglos. Einzig die Ausschüttungen an Bund und Kantone wurden seit 2015 von 1 auf 6 Milliarden Franken erhöht.
Die tiefen Zinsen haben indes die Risikobereitschaft der Investoren auf den Aktien- und Immobilienmärkten erhöht. Nur so konnten sie noch positive Renditen zu erzielen. Die stark abgesenkten Hypothekarkredite steigerten die Attraktivität des Häuserkaufs, was zu einer Immobilienblase geführt hat. Raiffeisen-Ökonom Martin Neff weist daraufhin, dass nur eine Minderheit von den tiefen Zinsen profitieren konnte. Die Schweiz sei bis heute ein Volk der Mieterinnen und Mieter geblieben, die Wohneigentumsquote ist in den letzten Jahren wieder gefallen.
Neff hält fest, die Geldpolitik der SNB habe eine Umverteilung von unten nach oben bewirkt. »Wer sein Geld in Aktien anlegte oder sich Wohneigentum leisten konnte, habe massiv profitiert von der Geldschwemme. Am grossen Rest zogen die Boomjahre hingegen vorbei.« Infolge der Preissteigerungen sei Wohneigentum nur noch für reiche Haushalte erschwinglich. Und wer sich vor einigen Jahren angesichts der tiefen Hypothekarkredite zum Kauf eines Hauses entschlossen hatte, muss sich nun darauf einstellen, dass die Zinslast massiv ansteigt.
Auch im Bereich der Altersvorsorge lässt sich eine Umverteilung zulasten der Lohnabhängigen verzeichnen. Während die Geschäftsbanken mit der Weitergabe der Negativzinsen bei den Kleinsparern (aus Angst vor Kundenverlust) noch sehr zögerlich vorgingen, mussten die Pensionskassen ab 2015 Strafzinsen entrichten. Wegen mangelnder Rendite auf ihre Bundesobligationen waren die Pensionskassen ohnehin schon in finanziellen Schwierigkeiten, weshalb sie sich für die Erhöhung ihrer Anlagerisiken und die Absenkung ihrer angebotenen Leistungen entschieden. Es folgte eine Abkehr von der Investition in Bundesobligationen hin zur Investition in Aktien und Immobilien. Auch wenn dies die Risiken für die Pensionskassen erhöht hat: Bisher ging die Rechnung für die Aktionärinnen und Aktionäre auf. Und sollten diese Risiken platzen, werden die bereits jetzt unter massiven Leistungskürzungen leidenden Lohnabhängigen zur Kasse gebeten.
Kurz gesagt: Die achtjährige Negativzinspolitik der SNB bezahlen die Lohnabhängigen. Das gleiche lässt sich – und das ist keine allzu gewagte Prognose – von der nun eingeleiteten Zinswende sagen.
Das ist kein Zufall. Auch wenn die Unabhängigkeit der Zentralbanken formal festgeschrieben wurde, betreiben diese eine Geldpolitik im Interesse der herrschenden Kapitalfraktionen. Ihre »Unabhängigkeit« bedeutet nichts anderes, als dass den Staaten ihre souveräne Geldpolitik entglitten ist und währungspolitische Entscheide jeglicher demokratischen Kontrolle entzogen werden.
In der Schweiz hat dies eine Geldpolitik zur Folge, die sich an Bankkapital und Großkonzernen ausrichtet. Mit der Ablösung von Thomas Hildebrand als Präsidenten hat sich diese Ausrichtung verfestigt: Ab 2012 übernahm Thomas Jordan das Ruder, was eine noch stärkere Missachtung der Interessen kleiner Exportfirmen und der Lohnabhängigen zur Folge hatte.
»Zentralbanken sind Zwitterwesen, teils Staat und teils Finanzkapital«, meint der Wirtschaftsjournalist Lucas Zeise. Und tatsächlich sind Zentralbanken einerseits der Stärkung des nationalen Standorts verpflichtet, andererseits aufgrund mangelnder Regulation immer stärker in die Hände privater Banken und Finanzunternehmen geraten und damit zunehmend deren Profitinteressen unterlegen.
Das wird nicht erst mit Blick auf die währungspolitischen Entscheide der vergangenen Jahre erkennbar, sondern zeigt ich auch anhand des in den Zentralbanken eingesetzten Personals: Im elfköpfigen Bankrat der SNB sitzen fast ausschliesslich Verwaltungsräte von Geschäftsbanken, Präsidenten der Economiesuisse, liberale Ökonomen oder Mitglieder bürgerlicher und vor allem liberaler Parteien. Diese Interessengruppen haben sich erfolgreich Stützpunkte im Staatsapparat geschaffen und nehmen entsprechenden Einfluss auf die Geldpolitik.
Im Zuge der weltweiten Durchsetzung neoliberaler Verhältnisse haben die Zentralbanken eine Stärkung innerhalb des Staatsapparates erfahren. Gleichzeitig wurden sie insofern transformiert, als die Herstellung von Wettbewerbsfähigkeit und die Vertretung mächtiger Wirtschaftssektoren zu ihrer primären Funktion geworden ist. Eine Tendenz, die den Finanzsektor seit 2008 ergriffen hat und die Jörg Goldberg in seinem Buch Ein neuer Kapitalismus als »Informalisierung« beschreibt, deutet aber auf das Ende der Vormachtstellung von Institutionen wie den Zentralbanken oder Finanzministerien hin, die zu neoliberalen Apparaten transformiert wurden.
Die Geschäftsbanken haben durch die Regulierungen im Nachgang der Finanzkrise an Bedeutung verloren, ihre Rentabilität außerhalb des Investment-Bankings hat gelitten. Im Gegenzug hat das Gewicht sogenannter Schattenbanken zugenommen, die bankenähnliche Funktionen wahrnehmen, aber nicht deren Regulierungen unterliegen. Das von diesen Vermögensverwaltern, Hedgefonds und Kreditversicherungen bewegte Finanzvolumen ist statistisch schwer zu erfassen – betroffen ist aber der Kern der neoliberalen Wirtschaftspolitik.
Schätzungen zufolge wird gegenwärtig rund ein Drittel der globalen Finanzgeschäfte im Schattenbanksystem getätigt. Und weil die Schattenbanken weder Geldschöpfung betreiben, noch direkten Zugang zum Geld der Zentralbanken haben, agieren sie mit dem Geld der Anleger und Kreditgeber, was ihre Kontrolle zusätzlich erschwert. Goldberg hält fest: »Die Verfolgung der Geldmengenentwicklung, zentrale Orientierungsgrösse der Geldpolitik, wird durch die Schattenbanken erschwert.«
Weder hat die Tiefzinspolitik der vergangenen Jahre die Folgen der Finanzkrise wirksam bekämpft, noch wird die jetzige Leitzinserhöhung die Inflation bewältigen, ohne großen Schaden anzurichten. Der Mangel an wirksamen geldpolitischen Instrumenten angesichts der aktuellen Herausforderungen, der beschränkte nationalstaatliche Handlungsspielraum (auch die EZB oder etwa die Bank of England verfolgen eine stark an der FED orientierte Geldpolitik) und die Informalisierung des Finanzsektors scheint die Handlungsfähigkeit der SNB und der Zentralbanken zunehmen infrage zu stellen. Innerhalb des ihnen noch verbleibenden Spielraums werden sie aber weiterhin ihre angeblich unabhängige Politik an den Interessen der herrschenden Kapitalfraktionen ausrichten und Klassenkampf von oben betreiben.
Dominic Iten ist Redakteur beim Widerspruch und beim Schweizer Vorwärts.