10. September 2025
Führt ein Weg von Sozialsprechstunden zum demokratischen Sozialismus?
»Wenn die Linke dann einmal regiert, dann sollte sie das in einer Weise tun, die nicht einfach nur ›weniger schlimm‹ ist.«
Hat die Linke einen Plan? Mitunter scheint es, dieser belaufe sich darauf, bei Wahlen zu punkten, um möglichst rot-rot-grüne Koalitionen zu bilden, die dann halbwegs links regieren. In besseren Momenten, die es zuletzt vermehrt gegeben hat, zeigt die Partei hingegen durchaus einen Willen, aus dem business as usual auszubrechen und sich an politischen Innovationen zu versuchen. Doch auch dann zeichnet sich noch kein Weg ab, auf dem die Linke ihr Ziel des demokratischen Sozialismus erreichen will. Ein Vorschlag in drei groben Zügen.
Der auf neue Wege drängende Teil der Linkspartei hat das Grazer Modell für sich entdeckt – und nicht zu Unrecht. Tatsächlich hat sich die von der KPÖ Graz kultivierte Praxis, die eigenen Politikergehälter zu begrenzen, die Überschüsse in Sozialfonds zu sammeln und diese Mittel in persönlichen Sozialsprechstunden an Menschen in Not zu vergeben, als sehr erfolgreich erwiesen. So ist es ihr gelungen, lokal Glaubwürdigkeit als eine Partei aufzubauen, die »anders als die anderen« ist, und diese Unterstützung auch in Wahlsiege umzusetzen.
Diese Praxis ist vor allem dort nützlich, wo eine sozialistische Partei alles von Grund auf neu aufbauen muss, und eignet sich besonders gut für kleinere Städte, in denen die Ergebnisse der Linken noch ausbaufähig sind. Aber Sozialsprechstunden allein führen noch nicht zum Sozialismus. Dass eine Partei mit ihren eigenen Mitteln soziale Wohltaten vollbringt, ist so ziemlich das Beste, was Menschen von ihr erwarten können, solange sie keine institutionelle Macht hat. Wenn sie dann aber einmal regiert, dann sollte sie das in einer Weise tun, die nicht einfach nur »weniger schlimm« ist.
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Thomas Zimmermann ist Print Editor bei JACOBIN.