21. Dezember 2021
Warum Krisen unsere Rettung sein sollen. Die Jacobin Talks Folge mit Stefanie Graefe.
Resilienz ist die Antwort des Neoliberalismus auf die massive Zunahme von psychischen Erkrankungen wie Burnout und Depression. Damit wird die Fähigkeit bezeichnet, sich anzupassen und Krisen produktiv zu überwinden. Frei nach Friedrich Nietzsche: »Was Dich nicht umbringt, macht Dich stärker.« Ob in der Ratgeberliteratur oder am Arbeitsplatz, überall feiert das Konzept seinen Siegeszug und trägt dazu bei, systemische oder strukturelle Krisenursachen zu verdrängen. Nicht etwa ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind etwa für Erschöpfung verantwortlich, sondern die mangelnde Fähigkeit der Individuen, aus Krisen Potential zu schlagen. Dabei bewegen sich die Resilienzgurus oft an der Grenze zum Zynismus: Oft wird auf die Erfahrung der Überlebenden von Konzentrationslagern verwiesen, die trotz oder gerade wegen des Leids noch ein gutes Leben geführt – und mentale Stärke erlangt hätten.
Stefanie Graefe hat sich ihrem Buch Resilienz im Krisenkapitalismus – Wider das Lob der Anpassungsfähigkeit umfassend mit der Ideologie der Resilienz auseinandergesetzt. Im Gespräch macht sie deutlich, was in unserer krisengeplagten Gegenwart Alternativen zur Anpassungsfähigkeit sind: Arbeitskampf, Autonomie und Mündigkeit.
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Matthias Ubl ist Contributing Editor bei Jacobin.