22. Juli 2023
Der Krieg in der Ukraine stellt die Schweizer Neutralität auf die Probe. Vor allem die Sozialdemokraten drängen darauf, sich dem europäischen Machtblock einzufügen. Dabei blenden sie aus, dass der Westen selbst ein imperiales Projekt verfolgt.
SP-Bundesrat Alain Berset forderte noch im März schnellstmögliche Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland.
IMAGO / Metodi PopowMindestlöhne, Umverteilung, Kampf gegen Sozialabbau und Einsatz für eine demokratischere Gesellschaft und Wirtschaft: Was die Innenpolitik angeht, ist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) ihrem Namen treu geblieben. Betreffend ihrer aussenpolitischen Positionen lässt sich das aber kaum behaupten.
»Wenn wir die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine bekommen, ist Wut für einmal die richtige Antwort – Wut auf Putin und seine Schergen«, ruft Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP, an einer Friedensdemo Anfang 2022. Kurz nach Kriegsbeginn forderte die SP, die Schweiz solle die EU-Sanktionen gegen Russland übernehmen und zusätzlich selbstständige Massnahmen ergreifen – etwa Aufenthaltsbewilligungen widerrufen und Konten russischer Konzerne und Oligarchen sperren.
Ein halbes Jahr später hat das SP-Präsidium ein neues Positionspapier zur Schweizer Neutralität verabschiedet, worin es Olaf Scholz’ Rhetorik der »Zeitenwende« übernimmt. Es sei jetzt geradezu unmöglich geworden, keine Position zu beziehen: »Der Entscheid, die EU-Sanktionen gegen das Putin-Regime nicht zu übernehmen, wäre ein Positionsbezug für Putin und seine Oligarchen gewesen.« Damit lässt sich die SP auf die falsch gestellte Alternative ein, die einem allenthalben aufgezwungen wird: Jetzt gibt es nur noch »für Putin« oder »gegen Putin«, wobei keine Rolle mehr spielt, mit wem, für was und zu welchem Preis man »gegen Putin« kämpft.
Wer von »Zeitenwende« spricht, überführt sich selbst der Geschichtsvergessenheit. In einem Interview mit der NZZ meint Wermuth, die pazifistische Haltung seiner Generation sei stark von den Kriegen im Irak und in Afghanistan geprägt, »wo der Westen Frieden und Demokratie bringen wollte und vor allem Gewalt und Chaos hinterlassen hat«. Jetzt sei man aber »mit einer ganz anderen Situation konfrontiert«, denn mit Russland bedrohe eine imperialistische und protofaschistische Macht »einen europäischen Staat und damit auch unsere demokratischen Grundwerte«.
Die von NATO-Kräften angeführten Angriffskriege sind für Wermuth demnach von anderer Qualität, weil sie mit einer anderen Intention – für »Frieden und Demokratie« zu kämpfen – begonnen worden seien. Während des Ersten Weltkriegs wurden solche beschönigenden Rechtfertigungen einer der kriegführenden Mächtegruppen von kommunistischer Seite zurecht als »sozialchauvinistisch« gebrandmarkt.
Wermuth lobt seine Partei dafür, dass sie »eine der ersten linken Parteien in Europa [war], die sich für militärische Unterstützung starkgemacht hat«. Entsprechend setzt sich die SP stärker als die bürgerlichen Parteien für die erleichterte Weitergabe von Schweizer Kriegsmaterial ein. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer gesteht: »Ich habe gezögert, aber jetzt ist es klar: Die Wiederausfuhr von Munition und anderen Rüstungsgütern muss für unsere Nachbarn für den Einzelfall Ukraine bewilligt werden.«
Länder, die von der Schweiz Kriegsmaterial kaufen, sind (noch) dazu verpflichtet, eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung zu unterzeichnen. Nun soll die Regierung unter bestimmten Bedingungen die Wiederausfuhr erlauben können – nämlich dann, wenn die Waffen an ein Land gehen, das völkerrechtswidrig angegriffen wurde. Feststellen müsste das entweder der UNO-Sicherheitsrat oder eine Zweidrittelmehrheit der UNO-Generalversammlung – wie dies beim Angriff Russlands auf die Ukraine der Fall ist.
Dass die SP diese Position erst jetzt für sich entdeckt hat – an völkerrechtswidrigen Kriegen hat es wirklich nicht gemangelt –, zeugt entweder von unbewusst gesetzten Doppelstandards oder von dem Willen, die Schweiz vollends in den westlich-imperialistischen Block zu integrieren.
Die SP wünscht sich die Schweiz als eine Anwältin des Völkerrechts, die die Handlungsfähigkeit der UNO und OSZE stärkt und der EU beitritt. Dabei unterscheidet sie zwischen der EU, die über einen regelbasierten Multilateralismus Frieden und Sicherheit garantiere, und der NATO, die einer Logik der Blockbildung folge. Zu einer Blockbildung wie im Kalten Krieg »dürfe es nicht mehr kommen« meint die SP in ihrem Positionspapier. Sie fordert, die Schweiz solle sich klar zur europäischen Wertegemeinschaft bekennen und folglich auch ihre sicherheitspolitischen Massnahmen vollumfänglich mittragen.
»Die Unterscheidung zwischen friedensstiftender EU und kriegstreibender NATO ist unhaltbar: Beide haben ihre Zusammenarbeit massiv ausgebaut.«
Doch gerade der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat nochmals aufgezeigt, dass diese Unterscheidung zwischen friedensstiftender EU und kriegstreibender NATO unhaltbar ist: Seit dem 24. Februar haben die EU und die NATO ihre Zusammenarbeit massiv ausgebaut. Sie haben ihre absolute Geschlossenheit bekräftigt und gemeinsam ihren unerschütterlichen Willen bekundet, die Ukraine im Krieg gegen Russland zu verteidigen. Damit wird nur fortgeführt, was bereits vor Jahren begonnen wurde. Einen ersten Schritt bildete die vertragliche Verankerung der »Gemeinsamen Sicherheits- und Aussenpolitik« im Maastrichter Vertrag von 1992. Eine Vertiefung gerade auch der militärischen Zusammenarbeit lässt sich seit Anfang der 2000er Jahre feststellen.
Abgesehen davon trägt die EU selbst imperiale Züge. Als Machtblock ist sie hin- und hergerissen, ob sie sich eigenständig positionieren kann oder sich an die USA anlehnen soll. So spielte die EU eine entscheidende Rolle bei dem Versuch, die Ukraine in die westliche Einflusssphäre einzubinden.
Beispielhaft dafür steht das Assoziierungsabkommen, das die EU der Ukraine 2014 unterbreitete. Dabei wurde die Notlage der (zwischen Ost- und Westanbindung hin- und hergerissenen) Ukraine ausgenutzt, um diese in den europäischen Raum einzugliedern. Der gegenseitige Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen, die weitreichende Übernahme von EU-Produktionsstandards, umfassende Anpassungen von Rechtsnormen, Liberalisierungen im Dienstleistungssektor, ein Umkrempeln des Energiesektors im Sinne der EU und vieles mehr: »Verkauft wird das als Dienstleistung an eine hilfsbedürftige Nation«, schrieb die Redaktion der Zeitschrift Gegenstandpunkt damals treffend.
Die Schweizer Sozialdemokratie ist für imperiale Handlungsweisen dieser Art blind geworden und redet stattdessen vom Völkerrecht und seinen Institutionen. Wermuth schreibt, dass es langfristig »nur eine Dominanz des Militärbündnisses [Nato] und damit das Recht des Stärkeren […] oder die Vorherrschaft des Völkerrechts und seiner Institutionen« geben kann.
Doch die »Institutionen des Völkerrechts« sind kein neutraler Boden, auf dem alle Staaten gleichmässig agieren. In den internationalen Institutionen ringen vornehmlich nationalstaatliche Akteure darum, ihre Interessen durchzusetzen, wobei sie wiederum an nationale Klassenverhältnisse und ökonomische Bedingungen gebunden sind. Deshalb verfügen Institutionen wie die UNO über wenig autonome Macht (weder ökonomischer noch militärischer Natur), sondern nur über stets variierende Handlungsspielräume, die sich aus zwischenstaatlichen Verhandlungen, Reibungen und Konflikten ergeben. Zwar können internationale Institutionen diskursiv hegemonial werden (»soft power« ausüben), gewaltförmige Eingriffe in die Sphären internationaler Politik (mittels »hard power«) obliegen jedoch weiterhin den Nationalstaaten.
»Für diese moralistische Weltsicht gibt es keine Staats- oder Kapitalinteressen mehr, es herrscht nur noch ein unerbittlicher Kampf der Kräfte des Lichts gegen die Kräfte der Dunkelheit.«
Dabei agieren die ökonomisch und militärisch stärkeren Staaten narrenfreier als die anderen. In der Folge drücken sich in internationalen Institutionen und im internationalen Recht immer auch Gewalt- und Machtverhältnisse aus. Denn grundsätzlich setzt jede internationale Rechtsform bei den Staaten Gleichheit vor dem Gesetz und Ungleichheit in der Fähigkeit zur Durchsetzung der Gewalt voraus. »In Bezug auf den modernen internationalen Kapitalismus«, bemerkt der marxistische Autor und Wissenschaftler China Miéville völlig richtig, »ist diese ungleiche Fähigkeit zur Gewalt der Imperialismus selbst. […] Auf der abstraktesten Ebene könnte es ohne Gewalt keine Rechtsform geben. In der konkreten Situation des modernen internationalen Kapitalismus bedeutet dies, dass es ohne Imperialismus kein internationales Recht geben kann.«
So lobenswert es auch sein mag, dass die SP sich gegen das »Recht des Stärkeren« auflehnt, so reproduzieren ihre Idealisierung des Völkerrechts und ihr Fokus auf internationale Institutionen doch genau das globale imperialistische System, das sie zu bekämpfen vorgibt. Im Kapitalismus bleibt das Recht des Stärkeren ein wesentlicher Aspekt – sowohl auf nationaler wie auf der internationalen Ebene.
Im März mobilisierte die SP in einem breiten Bündnis von bürgerlich bis links zu einer nationalen »Friedensdemonstration« mit dem Titel »Ukrainian victory is the whole world’s victory«. Der Untertitel lautete »#LightWillWinOverDarkness«. Wer sich im Kampf gegen die Dunkelheit begreift, ist nicht nur blind für Nuancen, sondern auch geneigt, jede Abweichung als Verrat zu sehen.
Das musste auch SP-Bundesrat Alain Berset erfahren: In einem Interview mit der NZZ am Sonntag kritisierte Berset im März den »Kriegsrausch«, der gewisse Kreise ergriffen habe, und forderte die Aufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland: »Je schneller, desto besser.« Diese Aussagen provozierten einen regelrechten Sturm der Kritik, allen voran aus seiner eigenen Partei: »Nicht in der Schweiz ist man in einem Kriegsrausch, sondern Herr Putin ist in einem Kriegsrausch«, meinte zum Beispiel der SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann. Das mag alles noch moderat erscheinen, doch Kritik an den Partei-eigenen Bundesräten zu üben, widerspricht in der Schweiz eigentlich der politischen Kultur. Mit der »Zeitenwende« werden alte Bräuche über Bord geworfen.
Was der Soziologe Wolfgang Streeck in einem Artikel für die New Left Review für die deutsche »grüne Generation« feststellt, lässt sich in abgeschwächter Form auch auf die Schweizer Sozialdemokratie übertragen: Es herrscht ein allgegenwärtiger Manichäismus, der die Welt in die zwei Lager von Gut und Böse teilt. Für diese moralistische Weltsicht gibt es keine Staats- oder Kapitalinteressen mehr, es herrscht nur noch ein unerbittlicher Kampf der Kräfte des Lichts gegen die Kräfte der Dunkelheit.
»Von westlichen Werten zu sprechen in einer Welt, die der westliche Kapitalismus zu grossen Teilen kaputtgewirtschaftet und -gebombt hat, zeugt von der Hilflosigkeit einer linksliberalen Sicht auf die Welt.«
Wie die Politologin Olena Lyubschenko schreibt, wird die Ukraine neuerdings »zum Grenzland des Weissseins« erhoben und ihre Eingliederung in die »Festung Europa« als Sieg für die Menschheit gefeiert. Auch hierzu bemerkt Streeck sehr präzise, dass der Ukrainekrieg in Europa weniger nationalistische Gefühle mobilisiert als eine kollektive Identifikation mit einem moralischen »Westernismus« gegenüber einem als unmoralisch vorgestellten Anderen.
Ironisch ist dabei, dass der in der Ukraine weitverbreitete Nationalismus wenig mit dem linken Werte-Universalismus vieler westlicher Moralisten gemeinsam hat. Dass sie aufgrund ihrer gegenseitigen Abhängigkeit (zumindest temporär) Seite an Seite stellen, führt zu sonderbaren Szenen, in denen zum Beispiel die sozialdemokratische finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin neben Wolodymyr Selenskyj unter einem rot-schwarzen Fahnenmeer der banderistischen UPA den gefallenen Anführer des Rechten Sektors, Dmitro Kozjubailo, betrauert.
Von westlichen Werten zu sprechen ist in einer Welt, die der westliche Kapitalismus zu grossen Teilen kaputtgewirtschaftet und -gebombt hat, mindestens heuchlerisch, zeugt aber wahrscheinlich auch von der Hilflosigkeit einer linksliberalen Sicht auf die Welt.
Der Kampf von Gut und Böse erscheint vor allem in der Form des Gegensatzes von Demokratie und Autokratie. Dabei wird der Ukrainekrieg in einen Kampf um Fortschritt umgedeutet: Die ukrainische Gesellschaft ringe seit dem Fall des Eisernen Vorhangs um seine »demokratische Form« und erziele dabei auch offensichtlich Fortschritte.
Man kann jedoch darüber streiten, inwiefern die Ukraine gegenwärtig die Bedingungen einer Demokratie erfüllt: Das weitgehende Verbot oppositioneller Parteien; die »Entkommunisierung« als Angriff auf linke Politik und Kriminalisierung sowjetischer Symbole (im Jahr 2021 bedauerten etwa 32 Prozent der ukrainischen Bevölkerung den Niedergang der Sowjetunion – der Donbass ausgeklammert); die faktische Abschaffung aller Arbeiterrechte; die diskriminierende Sprachenpolitik und der fehlende Wille, die politische, ethnische und kulturelle Vielfalt der Ukraine anzuerkennen; die Gleichschaltung aller TV-Sender; die Erstellung von grossangelegten Datenbanken mit »Verrätern«; das Ausreiseverbot für alle Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren – die Liste liesse sich fortsetzen. Mit Ausnahme der letztgenannten wurden alle diese Massnahmen bereits vor dem 24. Februar 2022 angestossen.
Der Politologe Dirk Jörke bemerkt: »Je weniger es infolge von Entparlamentarisierungs- und Privatisierungsprozessen demokratisch zu entscheiden gibt, desto wichtiger scheint es, sich des demokratischen Gehalts spätmoderner Gesellschaften zu vergewissern«. In anderen Worten: Je weniger die Demokratie gelebt wird, desto lauter wird sie behauptet.
»Es versteht sich von selbst, dass man die demokratischen Errungenschaften verteidigen muss – aber sich einem imperialistischen Block einzufügen, ist der falsche Weg.«
Die ideologische Aufrüstung ist in vollem Gang. Im Kalten Krieg wurde dieser ideologische Kampf zwischen »Kapitalismus und Kommunismus« ausgetragen, heute zwischen »Demokratie und Autokratie«. Der Soziologe Frédéric Lebaron beschreibt diese neue Ideologie sehr treffend in der Le Monde diplomatique: »Sowohl Russland als auch der muslimischen Welt und China wird das Etikett ›autoritär‹ verpasst, womit alle drei als bedrohliche ›Andere‹ definiert sind. Dabei fügen sich mehrere Versatzstücke – das iranische Atomprogramm, kommunistische Verbrechen der Vergangenheit (Holodomor) und der Gegenwart (Unterdrückung der Uiguren) – zu einem gemeinschaftsstiftenden Narrativ, in dem das Duo Putin/Xi Jinping zur Reinkarnation des Duos Stalin/Mao wird.« So integrieren die neuen ideologischen Waffen die alten: Die »Autokratie« wird zur Nachfolgerin des »Kommunismus«. Putin spiegelt dies, indem er mit aktiver Verwendung sowjetischer Symbole die Sowjet-Nostalgiker anspricht und sie an sein imperialistisches Projekt zu binden versucht.
Die sich zuspitzenden Krisen untergraben auch in den Ländern des Globalen Nordens die zeitweise konvergierenden Tendenzen zwischen demokratischen Rechten und kapitalistischer Herrschaft. Seit der Weltwirtschaftskrise 2008 stützen sich die Staaten zunehmend auf autoritäre Herrschaftsmittel zur Sicherung der Eigentums- und Ausbeutungsverhältnisse. Was in den historisch und gegenwärtig vom Imperialismus ausgehungerten Ländern des Globalen Südens schon länger Realität ist (laut dem Demokratieindex des Economist lebten im Jahr 2021 lediglich 6,4 Prozent der Weltbevölkerung in »vollständigen Demokratien«, im Jahr 2006 waren es noch 16,8 Prozent), greift zunehmend in die Zentren über.
Der durch die Krise erodierende Konsens wird immer mehr durch Zwang insbesondere gegenüber neuen Formen des Protests und Widerstands ersetzt. Wo die objektiven Bedingungen es nicht mehr erlauben, einen sozialen Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit (und in der Peripherie zusätzlich noch der ländlichen und semi-proletarischen Bevölkerung) zu finden, fällt die demokratische Fassade des Staates. Der Krieg bietet dabei ein weiteres ideologisches Werkzeug, um die konservative Reformierung der Verhältnisse sowohl nach innen wie auch nach aussen zu legitimieren.
Aus Angst vor diesen Tendenzen klammern sich viele Linke an liberale Vorstellungen und personalisieren die Entwicklungen des autoritärer werdenden Kapitalismus. Statt diese im Zusammenhang mit dem Formwandel des kriselnden Kapitalismus und dadurch veränderten Erfordernissen zur Sicherung kapitalistischer Herrschaft zu begreifen, spaltet man die bürgerliche Herrschaft in eine bessere und schlechtere Seite auf und sucht ein Bündnis mit der Ersteren im Kampf gegen die Letztere. Es versteht sich von selbst, dass man die demokratischen Errungenschaften verteidigen muss – aber sich einem imperialistischen Block einzufügen, ist der falsche Weg.
Die SP schlägt ebendiesen Weg ein, indem sie westliche Sanktionen und die Rhetorik von der »Zeitenwende« unkritisch übernimmt, sich für die Lockerung von Kriegsmaterialgesetzen stark macht und die Chance verpasst, den Krieg auf die (in der Krise verschärfte) Konkurrenz kapitalistischer Nationalstaaten zurückzuführen. Die Aufgabe linker Kräfte besteht vielmehr darin, Zwischenräume zu finden, eine unabhängige Position zu erarbeiten – und nicht zu Anhängseln herrschender Politik zu werden.
Dominic Iten ist Redakteur beim Widerspruch und beim Schweizer Vorwärts.
Arlan Kaskerbai lebt und arbeitet in der Schweiz.