13. Dezember 2021
Armin Petschner-Multari scheiterte damit, die Union auf Youtube vor der politischen Vergreisung zu retten. Nun nimmt er sich Größeres vor.
Damals, als Rezo zur ersten »Zerstörung der CDU« ansetzte, stach ein junger Bayer in jene Lücke, welche die ausbleibende Videoantwort von Unionsjüngling Philipp Amthor offen ließ. Es entstand »CSYou«, das jugendliche Youtube-Format der CSU. Ein junger Blondschopf las dort – begleitet von unheimlich innovativen audiovisuellen Spezialeffekten und inhaltlich irgendwo zwischen Ulf Poschardt, Markus Söder und Alice Weidel angesiedelt – Nachrichten vom Teleprompter ab.
Armin Petschner-Multari, oder einfach Armin, heißt er, dieser selbsternannte konservative Revolutionär. Sein Ziel: den politischen Linksdrift stoppen. Die Resonanz seines medialen Erstlingswerkes als Moderator auf Youtube war riesig – aber alles andere als positiv. Nach 23 Folgen und unzähligen hämischen Memes war »CSYou« Geschichte. Und das obwohl Armin mehrere Kurskorrekturen vornahm, zurückhaltender auftrat und sogar seine Haarfarbe wechselte.
Die Klickzahlen ließen wenig zu wünschen übrig: Rund 1,25 Millionen Aufrufe zählt die erste Episode vom August 2019. Doch die meisten, die Armins Videos schauten, taten dies offenbar nicht aus Patriotismus oder ernsthaftem Interesse am konservativen Geist, sondern in erster Linie um sich lustig zu machen. Der knallrote Youtube-Bewertungsbalken kannte keine Gnade und offenbarte die große Ablehnung der Zuschauerinnen und Zuschauer.
Man könnte sogar sagen rekordverdächtig große Ablehnung, immerhin fielen rund 97 Prozent aller Bewertungen von Armins erstem Video negativ aus. Youtube listet leider nur die Videos mit den meisten absoluten Dislikes auf. In diese Hall of Shame hat es Armin nicht geschafft. Was das Verhältnis von Likes und Dislikes angeht, steckt die erste Folge von »CSYou« aber die meisten dieser Schwergewichte in die Tasche: selbst ein Video des Youtube-Stars Ricegum mit dem Titel »How Many Dislikes Can This Video Get?«. Und wem das nichts sagt: Das Musikvideo für »Durch den Monsun« von Tokio Hotel – einst ebenso audiovisuelles Ziel von großer Missgunst –, steht nach zwölf Jahren auf der Plattform nur bei rund einem Viertel der Dislikes von Armin.
Fragt sich nur, woran Armins medialer Misserfolg nun lag. Eigentlich hat er nämlich eine solide Ausbildung bei Lobeco erhalten – einem Unternehmen, das Digitalstrategien und Social-Media-Beratung unter anderem für den FC Bayern, BMW und die CSU anbietet. Für den Onlinesektor der CSU-Landesgruppe war er ebenfalls tätig. Vieles deutet darauf hin, dass genau diese Parteizugehörigkeit und die damit verbundenen Inhalte einen großen Anteil an Armins holprigem Start in die mediale Öffentlichkeit hatten. So beliebt die Partei bei Bayern über fünfzig sein mag, so wenig können die 14- bis 29-Jährigen, die auf Youtube die Mehrheit stellen, mit ihrer Politik anfangen. Das ist genau die Alterskohorte, in der die Union gerade einmal 11 Prozent Zustimmung genießt.
Verständlich also, dass Armin mit seinem neuen Projekt, der frisch gegründeten Medienplattform The Republic, sowohl die Last des Parteilabels als auch das fiese Youtube-Publikum hinter sich lässt. Unter der recht simplen Wort-Bild-Marke (Wappentier Adler) verbreiten er und ein paar Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus Kreisen von Mittelstands- und Wirtschaftsunion sowie der Bundeswehr nun ihre Inhalte. Öffentliche Bekenntnisse aus der Unionsprominenz gab es bisher nur wenige. Größen wie Friedrich Merz und Wolfgang Bosbach haben The Republic immerhin erwähnt. Gut, Bosbachs Tochter Caroline betreibt dort auch die Kolumne »Bosbach Report«.
Sollte Merz im tausendsten Anlauf den CDU-Vorsitz endlich ergattern, könnten seine Fans bei The Republic jedoch bald stärkeren Rückenwind bekommen. Denn The Republic bedient Themen, die am rechten Rand der Union verfangen, und wirbt für den 66-jährigen »Erneuerer der Union«. Was unter dem Adler-Logo vorgeht, ist der Versuch, die Union zum Teil einer »unbequemen« Opposition zu machen. So werden sich die künftigen Oppositionsparteien des rechten Spektrums ohne große inhaltliche Reibereien hinter den zentralen Forderungen von The Republic versammeln können: Das Medienunternehmen setzt sich mit seinen drei »Kampagnen« gegen gendersensible Sprache, die Finanzierung linker Projekte und einen vermeintlich linksunterwanderten öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.
US-amerikanische Vorbilder wie Breitbart, The Blaze oder American Greatness zeigen, dass Medienarbeit dieser Art durchaus fruchten kann, wenn die politischen Bedingungen stimmen. So hängt der Erfolg der Plattform von Armin und Co. unmittelbar davon ab, wie wohlgesonnen ihnen die künftige Unionsspitze sein wird. Die Tonalität der Medienmacher und ihre restlose Vermengung liberaler, konservativer und rechter Inhalte gibt in jedem Fall einen Vorgeschmack darauf, was wir in den kommenden Jahren von der rechten Opposition im Bundestag zu erwarten haben.