12. Mai 2022
Konzerne haben den Klimaschutz für sich entdeckt und werben damit, sich diesem Ziel freiwillig zu verpflichten. Die Entstehungsgeschichte der Corporate Social Responsibility zeigt, warum diese Versprechen nichts wert sind.
Der für Greenwashing berüchtigte Modekonzern H&M möchte sich selbst dazu verpflichten, bis 2040 klimaneutral zu werden.
Ende März verkündeten die Vereinten Nationen, eine Kommission bilden zu wollen, die überwacht, ob Unternehmen ihre Versprechen zum Klimaschutz einhalten. Zwar will die UN davon absehen, öffentlich zu machen, welche Firmen sich nicht an ihre Zusagen halten, doch wir können davon ausgehen, dass das bei den allermeisten von ihnen der Fall sein. Mit ihren Versprechen zur Klimaneutralität versuchen Konzerne, von ihrer Rolle als Verursacher der Klimakrise abzulenken. Selbst wenn diese vollständig erfüllt werden würden, wären sie dennoch viel zu ineffizient. Doch das ist zweitrangig, wenn man bedenkt, dass es unmöglich ist, ihre tatsächliche Umsetzung zu erzwingen.
Das Konzept der Klimaneutralität stößt in der Zivilgesellschaft weiterhin auf positive Resonanz, obwohl es zahlreiche Beispiele dafür gibt, dass sich Unternehmen nicht an ihre Auflagen halten. Im Jahr 2000 wurde das Harkin–Engel-Protokoll angekündigt, mit dem Kakaoproduzenten die »schlimmsten Formen« von Kinderarbeit und Menschenhandel in ihren Lieferketten in Westafrika unterbinden wollten. 2015 und 2020 haben sie selbst ihre äußerst vagen Zielvorgaben nicht eingehalten. Auch Apples Verhaltenskodex für Zulieferer änderte nichts an den Arbeitsbedingungen bei Foxconn, die so brutal waren, dass sich einige Arbeiterinnen und Arbeiter aus Protest das Leben nahmen. Human Rights Watch verlangte von Firmen, die in Xinjiang ansässig sind, ein ethisches Regelwerk einzuhalten. Unternehmen wie Hugo Boss hinderte das allerdings nicht daran, Baumwolle aus Zwangsarbeit zu beziehen.
Trotz aller Gegenbeispiele glauben viele immer noch, dass man Unternehmen mit einer Mischung aus öffentlichem Druck, Anreizen und Versprechen dazu bringen könnte, sich ethisch korrekt zu verhalten – eine naive Vorstellung. Die sogenannte Corporate Social Responsibility – also die Selbstverpflichtung von Unternehmen, freiwillig einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten – ist eine Illusion. Konzerne können nicht dazu bewegt werden, freiwillig aktiv zu werden. Um das zu verstehen, lohnt sich einen Blick auf die Entstehungsgeschichte der unternehmerischen Selbstverpflichtung: Das Phänomen entstand im Kontext des Kampfs gegen die Apartheid in Südafrika. Daraus ging ein Kodex für dort aktive Investoren hervor, die sogenannten Sullivan-Prinzipien.
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Zeb Larson ist Autor und Historiker und lebt in Columbus, Ohio. Er forscht zur Geschichte der Bewegung gegen die Apartheid.