04. Dezember 2025
Die Nonnen des Klosters Goldenstein widersetzen sich ihrem Rauswurf und sorgen weltweit für Aufsehen. 10 Kilometer entfernt kämpfen die Bewohner der Eisenbahner-Siedlung denselben Kampf, nur ohne Medienrummel und gegen einen Konzern statt die Kirche.

»Die Bild, die New York Times, die BBC – alle möglichen Medien sind im Herbst 2025 in Goldenstein zu Gast.«
Wenn man vom zweiten Stock des Klosters Goldenstein in den Garten will, dann steht man Mitte Oktober noch vor einigen verschlossenen Türen. »Ich bin noch nicht lange genug wieder da, dass ich überall hingekommen bin«, erklärt Schwester Rita, während sie an einem kleinen Tor im grünen Zaun direkt neben dem Eingang des Schlosses Goldenstein rüttelt. Ein kleines Taschenschloss versperrt eine Abkürzung zur Klosterkapelle um die Ecke, man müsste dafür nur ein paar Stufen hinuntergehen. »Das ist sicher, weil sie denken, dass das zu ›gefährlich‹ für uns ist. Dabei kann man sich ja sogar am Geländer festhalten. Das sind solche Angsthasen.« Wenn es nach Schwester Rita geht, werden solche Türen bald alle wieder geöffnet sein: »Jetzt sind wir ja wieder da.«
Die 81-jährige Nonne ist gemeinsam mit ihren Ordensgenossinnen Schwester Bernadette und Schwester Regina in den letzten Monaten ein internationaler Star geworden. »Die rebellischen Nonnen nennen sie uns«, lacht Schwester Rita. Während die lokale Politik zögerlich auf die Nonnen blickt – nur der Salzburger Vizebürgermeister Kay Michael Dankl von der KPÖ stattet den Nonnen einen Solidaritätsbesuch ab –, berichtet die halbe Welt über ihre Besetzung des Klosters Goldenstein. Es gibt Diskussionen über sie in chinesischen Sozialen Medien, ins neu angelegte Gästebuch hat sich vor ein paar Tagen das tschechische Radio eingetragen. Die Bild, die New York Times, die BBC – alle möglichen Medien sind im Herbst 2025 in Goldenstein zu Gast.
Eine 81-Jährige, eine 86-Jährige und eine 88-Jährige, die zusammen in ein Kloster einbrechen, gibt es schließlich nicht alle Tage. Die Geschichte der Goldensteiner Nonnen in ihrer kürzesten Version geht so: Da wurden drei Damen, die seit Jahrzehnten gemeinsam im Kloster gelebt und in der zugehörigen Schule Kinder unterrichtet und betreut haben, gegen ihren Willen von ihrem Propst Markus Grasl in ein Altersheim verfrachtet. Zwei Jahre lebten sie dort unglücklich, bis sie mit der Unterstützung ehemaliger Schülerinnen und einem Schlüsseldienst wieder ins Kloster zurückkehrten. Mit dieser Gotteshausbesetzung nimmt die Geschichte ihren Anfang.
Dass Klöster besetzt werden, kommt im ohnehin eher Hausbesetzer-unerprobten Österreich selten vor. Und Konflikte innerhalb der Kirche verlassen normalerweise nicht die dicken Klostermauern. Aber es ist zu einfach, die Geschichte der Nonnen als eine kuriose Randerscheinung innerhalb der katholischen Kirche abzutun. Dass Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen sollen, ist eine fast alltägliche Erfahrung. Im Fall von Herbert und Silvia Winter und ihrer Nachbarin Senada Omeradzić wünscht das aber keine hohe Geistlichkeit, sondern ein ganz weltlicher Immobilienkonzern.
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Magdalena Berger ist Assistant Editor bei JACOBIN.