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04. Dezember 2025

Entromantisierung ist keine Emanzipation

Der Heterofatalismus empfiehlt Frauen, die Liebe zu Männern ganz aufzugeben. Er greift damit reale Frustrationen auf, aber verstellt zugleich den Weg zu echter Befreiung.

»Immer mehr Menschen leben allein und vereinsamen dabei. Obendrein werden sozialstaatliche Fürsorgestrukturen abgebaut. Heterofatalismus kann dem wenig entgegensetzen.«

»Immer mehr Menschen leben allein und vereinsamen dabei. Obendrein werden sozialstaatliche Fürsorgestrukturen abgebaut. Heterofatalismus kann dem wenig entgegensetzen.«

Illustration: Jo Rüßmann

»Ändern sich Männer irgendwann?«, fragt eine Content-Creatorin vorbeilaufende Passantinnen mit Lebenserfahrung. »Nein«, antworten diese, eine warnt gar: »Es wird noch schlimmer!« – »Männer lol« ist der Ausdruck einer kollektiven Haltung, die sich unter Frauen seit ein paar Jahren ausbreitet und in Popkultur, Podcasts, Zeitungsartikeln und auf dem Büchermarkt nicht mehr zu übersehen ist. Dieser Zeitgeist hat einen Namen und der lautet: Heterofatalismus.

Der Bestseller Entromantisiert Euch! der österreichischen Feministin Beatrice Frasl gibt exemplarischen Einblick in das heterofatalistische Denken. Frasl trägt alle verfügbaren Fakten zusammen, um zu zeigen: »Die heteroromantische Paarbeziehung ist für Frauen so nachteilig, dass es kaum Gründe gibt, sie zu wollen.« Mit Männern zusammen zu sein, bedeute für Frauen, Mutter, Putzfrau, Köchin, Krankenpflegerin, Managerin oder Therapeutin zu sein – manchmal alles gleichzeitig. All diese Aufgaben führten dazu, dass Frauen sich aus Freundschaften und Hobbys zurückziehen, schließlich einsamer, ja sogar kränker werden.

Frasls Warnung an ihre Leserinnen in puncto Heterobeziehung lautet deshalb: »Wenn Sie Glück haben, macht sie Sie arm, unglücklich, krank und einsam. Wenn Sie Pech haben, schaffen Sie es nicht lebend heraus.« Das Märchen der Liebe sei lediglich dazu da, Frauen gegen jede Vernunft in die heterosexuelle Beziehung zu locken. Deshalb gibt es, so Frasl, »kaum einen radikaleren feministischen Akt als die vollständige Verweigerung der Romantik«.

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Julia Werthmann ist freie Journalistin. Ihre Texte sind unter anderem in der Zeit, dem Freitag und in der SZ erschienen.