13. Juni 2024
In Indien haben sich die Menschen gegen den Ethnonationalismus und Neoliberalismus der Modi-Regierung gewandt. Auch der progressive Wahlkampf der geeinten Opposition gibt Hoffnung, dass der Durchmarsch der Hindu-Rechten nicht unaufhaltbar ist.
Auf einer Kundgebung in Neu-Delhi schwenken Unterstützer der Kongresspartei Flaggen mit dem Gesicht des Oppositionsführers Rahul Gandhi, Aufnahme vom 23. Mai 2024.
Nach einer sechswöchigen Mammutwahl, die von Wahlbetrugsvorwürfen und einer historischen Hitzewelle begleitet wurde, steht fest: Indiens Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP) hat ihre absolute Mehrheit verloren, die sie seit 2014 innehatte.
Im Vergleich zu 2019 haben die Hindunationalisten ganze 63 Parlamentssitze eingebüßt und sind für die Regierungsbildung nun ungewohnterweise auf ihre moderaten Partnerparteien angewiesen. Obgleich Indiens Premier Narendra Modi weiterhin eine geschichtsträchtige dritte Amtszeit antreten dürfte, wurde dessen Kurs aus ultraautoritärem Hindunationalismus und Neoliberalismus eine klare Absage erteilt.
Dabei hatte Modi als Wahlziel siegessicher 400 Sitze für das BJP-angeführte Parteienbündnis und 370 für seine Partei selbst ausgerufen – am Ende wurden es gerade einmal 293 und 240 von 543. Das von der Kongresspartei angeführte Oppositionsbündnis hingegen, das beim letzten Urnengang nur magere 91 Sitze erringen konnte, verzeichnet mit zukünftig 234 Sitzen einen dramatischen Zuwachs. Damit sind die Machtverhältnisse im indischen Unterhaus so ausgeglichen wie seit 2004 nicht mehr und das Land kehrt zur historischen Normalität der Koalitionsregierungen zurück.
Einen symbolischen Ausblick auf das, was Indien in weiteren fünf Jahren absoluter BJP-Mehrheit erwartet hätte, hatte Modi bei seinem inoffiziellen Wahlkampfauftakt im Januar gegeben. Im nordindischen Ayodhya weihte der Premier an der vermeintlichen Geburtsstätte des Hindu-Gottes Rama einen rund 200 Millionen Euro teuren Tempel ein. Bis 1992 stand an gleicher Stelle eine jahrhundertealte Moschee, die von einer Heerschaar organisierter Hindunationalisten in Schutt und Asche gelegt wurde. Infolgedessen kam es landesweit zu monatelanger Gewalt zwischen den Religionsgruppen, wobei rund 2.000 Menschen, allen voran Muslime, getötet wurden.
Mit der Errichtung des Ram-Tempels, dem ein kompliziertes Ringen um die Nutzungsrechte der Stätte vorausgegangen war, lösten die Hindunationalisten ein jahrzehntealtes Versprechen ein, durch das die BJP in den 1990ern zu nationaler Bedeutung aufgestiegen war.
Entsprechend pompös zelebrierten Modi als oberster Priester und seine Gefolgsleute, darunter der Chef der rechtsextremen und teils vom Nationalsozialismus inspirierten BJP-Mutterorganisation RSS, die Eröffnung. Zehntausende Gläubige trugen mit Sprechchören, safranfarbenen Flaggen und Trommeln zum Spektakel bei, während Armeehubschrauber für das Abwerfen von Blütenblättern zweckentfremdet wurden.
Wie nie zuvor war der BJP-Wahlkampf auf den polarisierenden Premierminister zugeschnitten, der sich als über den Dingen stehend inszenierte. Hatte sich Modi 2014 noch als antielitärer »Chaiwala« (Teeverkäufer) gefallen und sich 2019 als »Chowkidar« (Wächter) neu erfunden, wähnte sich der 73-Jährige zuletzt gar als Gesandter Gottes. So erklärte Modi unironisch: »Diese Energie kann nicht von meinem biologischen Körper stammen, sondern wurde mir von Gott verliehen.«
»Rahul Gandhi versprach unter anderem ein Recht auf Ausbildung für Unter-25-Jährige oder die Zahlung von jährlich rund 1.100 Euro an arme Frauen als Ausgleich für unbezahlte Pflege- und Hausarbeit.«
Nicht nur bescheiden, auch staatsmännisch gab sich Modi zuletzt nur selten. In seinen erratischen Wahlkampfreden warnte er, die Opposition könnte Indiens Ressourcen der muslimischen Minderheit (14 Prozent der Bevölkerung) aushändigen, die er als Eindringlinge beschimpfte. Würde man zwei Büffel besitzen, nähme die Kongresspartei einen und gäbe ihn an Muslime. Schließlich war das zentrale Motiv des BJP-Wahlkampfes die Vollendung der Hindu-Vorherrschaft.
Schon mit Übernahme der alleinigen Regierungsverantwortung 2014 hatte sich die BJP aufgemacht, den Vielvölkerstaat allmählich aber tiefgreifend zu verändern. Die in der Verfassung verankerten Errungenschaften, allen voran die Trennung von Staat und Religion, sollten nach und nach der Hindutva-Ideologie weichen. Diese strebt anstelle des bisherigen Föderalismus einen autoritären Zentralstaat an, der für Hindus eine politisch-kulturelle Vormachtstellung, für die zahlreichen Minderheiten aber allenfalls die Rolle als Bürger zweiter Klasse vorsieht.
Konkret äußerten sich diese Pläne etwa in einer ausufernden – von Neu-Delhi befeuerten und teils institutionalisierten – Alltagsgewalt gegen Muslime. Auch wurden rechtliche Grundlagen geschaffen, um Millionen marginalisierter Nicht-Hindus als staatenlos zu brandmarken und gegebenenfalls zu internieren. Und die verfassungsmäßig garantierte Autonomie des einzigen mehrheitlich muslimischen Bundesstaats Kaschmir ist seit Jahren aufgehoben. Mittlerweile erinnert die malerische Region am Fuße des Himalayas an ein Freiluftgefängnis und dient als Versuchslabor für die künftige Unterdrückung von Minderheiten im ganzen Land.
Ausgestattet mit erstickenden Mehrheiten in beiden Parlamentskammern und weitreichenden Befugnissen, hatte die BJP zunehmend leichtes Spiel. Weitere einschneidende Reformen wie die Angleichung nationaler und regionaler Wahlen (wodurch lokale Themen politisch an Bedeutung verlören), ideologische Eingriffe in die Schullehrpläne oder ein verschärftes Strafrecht waren bereits in Planung. Unterstützt von einer instrumentalisierten Justiz, untertänigen Mainstreammedien und indischem Großkapital, gingen die Hindunationalisten selbstbewusst in die diesjährigen Parlamentswahlen. Diese hätten die größte letzte Hürde vor der nachhaltigen Zerstörung der indischen Demokratie und ihrer Umformung in eine ethnoreligiöse Diktatur dargestellt.
Dass es anders kam, ist auch der lange heillos zerstrittenen Opposition zu verdanken. Oppositionsführer Rahul Gandhi von der Kongresspartei, der Modi bereits in zwei Bundeswahlen haushoch unterlegen war, überraschte mit einem beherzten wie radikalen Graswurzel-Wahlkampf. Der Spross der Nehru-Gandhi-Dynastie, stellte nämlich Anliegen der Arbeiterklasse, der Marginalisierten, der Frauen und der arbeitslosen Jugend in den Mittelpunkt seiner auf soziale Gerechtigkeit fokussierten Kampagne.
So prangerte Gandhi die weiter wachsende materielle Ungleichheit und den Klüngelkapitalismus des Premiers und seiner langjährigen Weggefährten Mukesh Ambani und Gautam Adani an. Ambani und Adani, die wie Modi aus dem Bundesstaat Gujarat stammen, gehören als die zwei mit Abstand vermögendsten Inder (zusammen rund 175 Milliarden Euro schwer) zu den reichsten Menschen des Planeten und haben ihre exorbitanten Vermögen in den letzten Jahren noch erheblich vermehrt. Damit stehen die beiden Tycoons stellvertretend für die Oligarchisierung indischer Politik seit 2014.
Aber zurück zu Rahul Gandhi. Konkret versprach dieser unter anderem ein Recht auf Ausbildung für Unter-25-Jährige oder die Zahlung von jährlich rund 1.100 Euro an arme Frauen als Ausgleich für unbezahlte Pflege- und Hausarbeit. Seine radikalste Forderung war jedoch eine Kastenvolkszählung zur besseren Verteilung sozioökonomischer Ressourcen sowie eine Anhebung der damit verbundenen Quoten an Bildungsstätten und im Staatsdienst.
Vor dem Hintergrund, dass knapp 85 Prozent der Bevölkerung zu niederen Kasten oder diskriminierten Volksstämmen zählen, mögen diese Forderungen auf den ersten Blick nicht sonderlich revolutionär klingen. Allerdings sind das politische Establishment Indiens und die hindunationalistische BJP im Speziellen seit jeher nordindisch und von der höchsten Kaste der Brahmanen geprägt.
Als einziger Herausforderer mit nationaler Strahlkraft warb Gandhi damit, »auf dem Markt des Hasses einen Laden der Liebe zu eröffnen«. Bei Wahlkampfauftritten hielt er sowohl eine Ausgabe der indischen Verfassung als auch ein gerahmtes Bild von B.R. Ambedkar, dem Vater der Konstitution, hoch. Ambedkar war Angehöriger der Dalits, die als »Unberührbare« und »Kastenlose« als unterste Gruppe der Hindu-Gesellschaft gelten, weshalb der Sozialreformer einst zum Buddhismus konvertierte.
»Die Menschen im ländlichen Indien, die immerhin 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sehen sich konfrontiert mit dramatischen Einkommensverlusten und fehlenden Jobs.«
Mit seinem Linksschwenk und der damit verbundenen Aufbruchstimmung nach einem Jahrzehnt Hindunationalismus gelang es Gandhi, verschiedene regionale Unzufriedenheiten im riesigen Land hinter dem Oppositionsbündnis zu scharen. Wie ernst es Gandhi und die altehrwürdige Kongresspartei mit ihrem ungewohnt progressiven Wahlprogramm meinen, muss jedoch die Zukunft zeigen.
Schließlich waren es der Kongress und Rahuls Großmutter Indira Gandhi, die einst Hindu-Mehrheitsdenken und Feindseligkeit gegenüber Minderheiten als Mittel zum Wahlerfolg auserkoren und damit die Büchse der Pandora geöffnet hatten. Durch die Entfesselung des Neoliberalismus hat die dynastische Partei zudem entscheidend dazu beigetragen, den Nährboden für die Hindunationalisten zu bereiten. Noch bis zum letzten Jahr versuchte man vergeblich, diese mit einer Hindutva-Light-Politik in ihrer Paradedisziplin zu schlagen. Und auch was Korruption, Vetternwirtschaft und Kastendenken angeht, ist der Kongress alles andere als ein unbeschriebenes Blatt.
Aber auch die Erfolge anderer linker Parteien machen Hoffnung, dass die von Gandhi energisch vorgetragene Umverteilungsagenda einen tieferen gesellschaftlichen Wandel verheißt. So wurde die Samajwadi Party (SP, übersetzt: sozialistische Partei) im größten Bundesstaat Uttar Pradesh, gelegen im landwirtschaftlich geprägten Hindu-Kernland, zur stärksten Kraft und konnte fast die Hälfte der 80 Sitze gewinnen, nachdem die BJP 2019 noch 78 Sitze errungen hatte. Die SP vertritt als Regionalpartei einen demokratischen Sozialismus, der sich insbesondere den Angehörigen der unteren Kasten annimmt.
Der gesellschaftlich liberalere, besser entwickelte und von Regionalparteien dominierte Süden bleibt derweil mit Ausnahme eines Staates undurchdringbar für die BJP. Dort dominieren die Kongresspartei, die sozialdemokratische Tamilenpartei DMK sowie die BJP-Partnerin TDP, die allerdings keine natürliche Verbündete der Regierungspartei ist.
Derweil konnte sich die kommunistische CPI(M) um einen Sitz auf vier Mandate verbessern (drei in Südindien, eins im Norden) während die Kommunistische Partei auf zwei Sitze im Süden kommt. Im dicht besiedelten Westbengalen hielt derweil die zentristische Kongresspartnerin AITC die Stellung gegen die BJP.
Die Gründe für Modis Wahlniederlage, die nur auf dem Papier keine ist, sind indes vielfältig. Angesichts drängender Wirtschaftsprobleme – darunter hohe Teuerungsraten bei stagnierenden Löhnen, Arbeitsplatzmangel und ein schwaches verarbeitendes Gewerbe – erschien dessen Agenda aus Hindutva und Neoliberalismus unattraktiv und nähert sich nun folgerichtig ihrem Verfallsdatum.
Mit seiner spalterischen Politik und inzwischen offen hasserfüllten Rhetorik hat Modi es geschafft, sowohl die wachsende Mittelschicht als auch den unternehmerischen Mittelstand abzuschrecken. Die Aussicht auf einen zur Normalität werdenden politischen Ausnahmezustand, der sich zu einer Art Bürgerkrieg ausweiten könnte (so bereits geschehen im nordöstlichen Bundesstaat Manipur), dürfte auch für viele Hindus wenig verlockend gewesen sein. Denn seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1947 ist die Wahrung des sozialen Friedens im Vielvölkerstaat ein ständiger Balanceakt.
Auch der ausgiebige Personenkult um Modi und die seit Jahren ausbleibende Kontrolle der Regierung durch parlamentarische Opposition und Justiz dürften vor diesem Hintergrund zunehmend Unbehagen ausgelöst haben. Andere hingegen nehmen es der BJP übel, in einer Arroganz der Macht etablierte Regionalparteien wie im zweitbevölkerungsreichsten Staat Maharashtra aufgespalten und gedemütigt zu haben. Darunter selbst hindunationalistische und zentristische Parteien, die sich daraufhin dem Oppositionsbündnis anschlossen.
Aber nicht nur in Wirtschaftsfragen, sondern auch als Krisenmanager in anderen Bereichen hat sich Modi als unfähig und unentschlossen erwiesen. So etwa während der menschlich und ökonomisch verheerenden Corona-Pandemie, des Quasi-Bürgerkriegs im entlegenen Manipur oder des indisch-chinesischen Grenzkonflikts 2020/21, in dessen Folge sich weiterhin fast einhunderttausend Soldaten im Himalaya gegenüberstehen.
Beachtlich ist aber auch der Vertrauensverlust in der Landbevölkerung. Während die BJP bei der letzten Wahl noch 201 agrarisch geprägte Wahlbezirke gewonnen hat, konnte sie nur 126 davon verteidigen. Denn die Menschen im ländlichen Indien, die immerhin 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sehen sich konfrontiert mit dramatischen Einkommensverlusten und fehlenden Jobs. Grund dafür sind neben der allgemeinen Teuerung auch die sinkenden Landwirtschaftserträge, die auf Klimawandelfolgen wie längere Hitzeperioden, ausbleibende Monsunregenfälle und sinkende Grundwasserpegel zurückzuführen sind.
»Modi ist jetzt erstmals in seiner langen politischen Karriere gezwungen, sich den Unwägbarkeiten einer Koalitionsbildung zu stellen.«
Auch dürften die Bauern der BJP nicht vergessen haben, dass diese seit Langem versucht, den Protektionismus gegenüber der Landwirtschaft zu beenden und so den Nutzpflanzenmarkt zu liberalisieren. Dadurch wären die indischen Landwirte dem unbeständigen Weltmarkt ausgesetzt.
Allerdings ist der hindunationalistische Schoß noch fruchtbar. Immerhin hat die BJP die Wahl nach absoluten Zahlen mit 36,6 Prozent gewonnen. Neben den Monopolen und Konglomeraten kann die BJP weiterhin auf ihre städtische Wählerbasis bauen, konnte sie doch 78 von 90 urbanen Wahlbezirken verteidigen und zum Beispiel in Delhi alle sieben Sitze gewinnen.
Diese Ergebnisse lassen sich vor allem auf die Lage der städtischen Arbeiterklassen zurückführen, die zu einem nicht unerheblichen Teil aus Binnenmigranten bestehen. Alteingesessene Arbeiter haben ihrerseits die De-Industrialisierung der indischen Metropolen und deren Verwandlung von Produktionsstätten hin zu Dienstleistungskapitalen, in denen Produktionserzeugnisse nur noch gehandelt werden, hautnah miterlebt.
Beide Gruppen finden Halt in den Lehren der Hindutva, die als Mischideologie herkömmliche Marker wie Klasse, regionale Herkunft, Sprache oder Kaste ersetzt und ihre Anhänger gegen die Schwächsten aufwiegelt.
Modi ist jetzt erstmals in seiner langen politischen Karriere gezwungen, sich den Unwägbarkeiten einer Koalitionsbildung zu stellen und auf politische Mitbewerber zuzugehen, die die BJP bis vor Kurzem entweder aufgekauft oder mithilfe des Staatsapparats unter Druck gesetzt hatte.
Die entscheidenden BJP-Partner, die marktliberale, aber auf Trennung von Staat und Religion bedachte TDP aus Südindien und die sozialistische, aber hochgradig opportunistische Janata Dal aus Ostindien werden sich eine Koalitionsbildung in Form von wichtigen Ministerien entsprechend teuer belohnen lassen. Ein Ausstieg oder gar Seitenwechsel der Koalitionäre und ein Misstrauensvotum sind nun wieder jederzeit möglich.
Indes ist die Opposition dank einer mutigen Kampagne, in der sie sich hinter Botschaften inklusiver Entwicklung, Respekt vor den Institutionen und der Vielfalt Indiens wirkungsvoll verbünden konnte, so stark wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Insbesondere die Kongresspartei und Rahul Gandhi werden sich in den kommenden Jahren daran messen lassen müssen, inwieweit sie diese hehren Versprechungen mit Leben füllen können.
Der zunehmend senil wirkende Modi ist angesichts seiner Wahlschlappe auch BJP-intern auf Bewährung, wo er und seine Mitstreiter in den letzten Jahren ein Klima der Angst geschaffen haben. Hinter vorgehaltener Hand gilt der bisherige Transportminister Nitin Gadkari als moderatere und anschlussfähigere Alternative, die das Wohlwollen der BJP-Mutterorganisation RSS genießt.
Letztendlich hat sich Modis Hybris als sein Verhängnis erwiesen. Die BJP hat den Kardinalsfehler begangen, ihren eigenen großspurigen Versprechen Glauben zu schenken, und hat dabei unweigerlich den Bezug zur Lebensrealität der vielen Menschen verloren. In einer Zeit, in der viele Inder von handfesten und sich verschärfenden Nöten geplagt sind, hatten diese nur wenig Interesse an Modis Einladung auf einen endlosen Kulturkampf.
An keinem Ort wurde dies offensichtlicher als im Wahlkreis des neuerrichteten Ram-Tempels, dem zentralen Wahlkampfaufhänger der Hindunationalisten. Nachdem die BJP den Bezirk Faizabad bei den letzten beiden und in fünf der letzten acht Bundeswahlen gewinnen konnte, errang die sozialistische SP dort fast die Hälfte aller Stimmen. Auch Gott Rama hilft schließlich nur bedingt gegen leere Taschen.
Besonderer Dank für seine Hilfe beim Verfassen dieses Textes gebührt Vineet Thakur, Assistenzprofessor an der Universität Leiden.
Amadeus Marzai ist Historiker und Politikwissenschaftler und hat Internationale Beziehungen an der Universität Leiden studiert.