20. Juni 2024
Was da kommt, ist keine neue Kollegin. Es ist unsere kollektive Geistesarbeit, im Dienste von Krawattenidioten.
»Neuerdings bringen gewisse Personen, die schlecht denken, reden und schreiben, den Maschinen das Schreiben, Reden und Denken bei.«
Es war einmal eine kleine Gemeinschaft tapferer Menschen in einer entlegenen, unwegsam bergigen Gegend. Eine junge Frau dort hatte einen Unfall und danach ein kaputtes linkes Bein. Sie konnte nicht mehr klettern, sammeln, jagen und kaum die wilden Kinder ihrer Verwandten hüten, denn diese Kinder liefen und kletterten ihr andauernd davon.
Sie wurde natürlich Erfinderin. Ihre Maschinen aus Holz und Seilen erleichterten den anderen das Leben. Ein nicht unberechtigter Kult der Bewunderung kam um sie auf. Als sie starb, fingen ihre Schülerinnen und Schüler an, links zu hinken. Sie pflegten das Erbe der Bewunderten auch, indem sie neue Erfindungen machten.
Eines Tages kamen Menschen von woanders ins Gebirge. Die staunten über die technische Welt dort oben. Dann verrieten sie den Bergmenschen, dass jenseits der Berge die Technik noch viel weiter war. »Man hat bei uns Roboter«, sagten sie, »die denken, genau wie wir und ihr!« Da fragten die Bergmenschen: »Denken sie schon gut genug, dass sie hinken können?«
Neuerdings bringen gewisse Personen, die schlecht denken, reden und schreiben, den Maschinen das Schreiben, Reden und Denken bei. Anders als diejenigen, die in den Bergen hinkende Roboter bauen, können sie sich dabei aber nicht darauf herausreden, dass sie von Nachrichten isoliert leben, die sie auf bessere Ideen bringen könnten.
Reden wir über qualifizierte, oder wie man früher sagte: geschickte Arbeit. Wird sie gerade abgeschafft? Die Behauptung steht vielfach im Raum: Wir haben jetzt ja künstliche neuronale Netze, bald sogar kosteneffizientes Quantencomputing, wozu brauchen wir da noch Fachpersonal? Umgekehrt aber fragt man auch: Ordnen sich um die neue Technik vielleicht neue Fächer, entstehen da neue Qualifikationswege für Lernwillige?
Du hast ein Abo, aber hast dich noch nicht registriert oder dein Passwort vergessen?
Klicke hier!
Dietmar Dath ist Publizist, Pop- und Filmkritiker bei der FAZ und Schriftsteller. Er hat zahlreiche Romane (Die Abschaffung der Arten, 2008, Gentzen oder: Betrunken auf- räumen, 2021) und Sachbücher (Maschinenwinter, 2008, Der Implex, 2012) geschrieben. Zuletzt erschien Miley Cyrus (2024).