09. Mai 2022
Der Kampf gegen die sizilianische Mafia wurde nicht von Polizisten und Richtern gewonnen, sondern von Kommunisten und militanten Arbeitern.
Giuseppe Impastato war Kommunist und kämpfte gegen die Mafia, bis diese ihn im Jahr 1978 ermordete.
Am 9. Mai 1978 wachten die Italienerinnen und Italiener mit der traurigen Nachricht von der Ermordung des ehemaligen christdemokratischen Ministerpräsidenten Aldo Moro durch die Roten Brigaden auf. Am selben Morgen fand die Polizei in der sizilianischen Kleinstadt Cinisi die Leiche von Giuseppe »Peppino« Impastato, einem jungen Anti-Mafia-Aktivisten, der von der Cosa Nostra – der sizilianischen Mafia – getötet worden war.
Jedes Jahr wird Impastato als Beispiel für den Kampf junger Italiener gegen die ehemals (und in Sizilien immer noch) mächtigste kriminelle Organisation im Land gewürdigt. Das offizielle Gedenken stellt diese Geschichte als überparteilich dar, obwohl Impastatos eigener Grabstein an einen »Revolutionär und kommunistischen Kämpfer, der von der christlich-demokratischen Mafia getötet wurde«, erinnert.
Die Verleugnung des politischen Hintergrunds der Personen, welche die Mafia über die Jahre hinweg bekämpften, ist zu einem tragenden Element der öffentlichen Erinnerungskultur geworden. Das ist ganze im Sinne derer, die diesen Kampf zu einer rein juristischen Angelegenheit – der Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit – machen und die soziale Frage dahinter ignorieren wollen. Die Mafia hat über hundert Jahre lang einen Krieg gegen rebellierende Bauern, Kommunisten und Sozialistinnen, Gewerkschafter und kommunistische Abgeordnete geführt – angesichts dessen ist der Widerstand gegen die Mafia ebenso politisch.
Seit dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ist dieser Kampf auch ein Kampf gegen die Macht der herrschenden Klassen und ihrer Verbündeten geworden; tatsächlich hat die Mafia diese beiden Kategorien im Laufe ihrer Geschichte sogar vereint. Dies ist zwar eine sizilianische Geschichte, aber sie ist auch ein Spiegel der italienischen Nationalgeschichte und der staatlich angeordneten Massaker. Die Hintermänner dieser Verbrechen wurden nie verurteilt. Doch sie gehören genau zu jenem bürgerlichen Machtblock, der seine Befehle von bewaffneten Gruppen, Faschisten und der Mafia ausführen ließ.
Die Mafia entstand in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts als eine Organisation, die Gewinne schützen sollte, die der sprunghafte Anstieg des Handels mit Zitrusfrüchten (und ihr Exporte ins Ausland) den Latifondisti (Großgrundbesitzern) eingebracht hatte. Mafiabanden schützten nicht nur die Gewinne, die der Handel mit Zitronen und Orangen einbrachte. Sie boten auch den Besitzern von Schwefelminen organisierten Schutz. Die Gabellotti – Unternehmer, die die Liegenschaften der Großgrundbesitzer pachteten und verwalteten – waren ebenfalls Mafiosi oder mit der Mafia verbunden. Flankiert wurden sie von den Campieri, einer privaten Polizeitruppe, die auf den Landgütern für Ordnung sorgte, und die eine Art Vorläufer der heutigen Caporali (Chefs der Arbeitskolonnen) darstellten. Ihre Aufgabe war es, die Arbeiterschaft durch gewaltsame Unterdrückung zu kontrollieren.
Diese Gewalt traf auf Widerstand. Ein Beispiel dafür sind die Fasci dei Lavoratori (Ligen der Arbeiter), auch bekannt als Fasci Siciliani (Sizilianische Ligen). Diese Bewegung entwickelte sich zwischen 1891 und 1894, bevor sie von der Mafia und der königlichen Armee unter Premierminister Francesco Crispi blutig niedergeschlagen wurde. Die Fasci entstanden als Siziliens Grundbesitzer die Kosten der landwirtschaftlichen Krise der Insel auf Tagelöhner und Bergarbeiter abwälzten. Offiziell wurden sie am 1. Mai 1891 von Giuseppe de Felice Giuffrida gegründet, und waren auf Provinzebene in territorialen Einheiten organisiert. Im Vergleich zu den verschiedenen Ligen, die in anderen italienischen Regionen entstanden und stark vom Anarchismus beeinflusst waren, verfolgten sie einen explizit sozialistischen Ansatz.
Die Landarbeiter, Schwefelminenarbeiter und Bauern verlangten bessere Arbeitsbedingungen, einen kürzeren Arbeitstag, höhere Löhne und eine Reduzierung der Abgaben an die Grundbesitzer und die gabellotti, die die Höfe betrieben. Sie forderten allerdings auch eine Agrarreform, die den Landbesitz umverteilen sollte. Sie waren per Definition gegen die Mafia, denn sie kämpften sowohl für ihren eigenen Status als auch gegen die wirtschaftliche und militärische Unterdrückung durch die Mafiosi.
Diese Haltung wird in folgendem Beispiel deutlich: Die Satzung des Fascio von Santo Stefano Quisquina verbot seinen Mitgliedern »mit all jenen zu verkehren, die a) die Ziele des Fascio verraten haben ... oder als Vagabunden, Mafiosi und Männer bekannt sind, die in kriminelle Machenschaften verwickelt sind«. Diese Fasci bildeten eine der ersten großen Bewegungen in Italien: Wie Antonio Labriola, einer der ersten und herausragendsten Chronisten des Marxismus in Italien, es ausdrückte: »Dies war die zweite große Bewegung der proletarischen Masse, die wir in Italien seit der römischen von 1888-1891 sehen konnten.« Als er diese Worte 1893 schrieb, ein Jahr bevor die Regierung die Fasci gewaltsam auflöste, bewies Labriola hier einen beeindruckenden »Optimismus des Willens«. Er fügte hinzu: »Die sizilianische Bewegung wird niemals verschwinden.«
Ungeachtet dieses Optimismus wurde die Bewegung schließlich doch zerschlagen. Sie starb jedoch nicht vollkommen, und der Kampf um Land und für die Befreiung der werktätigen Klassen, sowie die sozialistische Inspiration der Bewegung (die später durch eine kommunistische ergänzt wurde) sollten in Sizilien noch eine lange, wenn auch oft vergessene, Geschichte haben. In der Tat war es der »langen Welle« dieser Bewegung zu verdanken, dass die Kommunistische Partei Italiens (PCI) am Ende des Zweiten Weltkriegs Unterstützung auf der Insel aufbauen und zu einer Massenpartei werden konnte.
Bei den Regionalwahlen am 20. April 1947 erhielt der von Kommunisten und Sozialisten geführte Volksblock 29,13 Prozent der Stimmen, die Christdemokraten hingegen nur 20,52 Prozent. Breite Gesellschaftsschichten organisierten sich, kämpften und stimmten gegen den Machtblock, zu dem auch die Mafia gehörte.
In diesem Konflikt waren die Aktivisten jedoch tödlichen Repressionen ausgesetzt. Bereits in den ersten Monaten des Jahres 1947, noch vor der Wahl, hatte die Mafia Nunzio Sansone i ermordet – den Gründer und Sekretär der camera del lavoro (Arbeiterkammer). Auch Leonardo Savia, der ähnlich wie Sansone als Kommunist an vorderster Front des Kampfes für die Landreform stand und Accursio Miraglia und Pietro Macchiarella wurden von Mafiosi getötet.
Mit ihrer Stimmabgabe an der Wahlurne hatte sizilianische Bevölkerung gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen würde. Die Mafia reagiert darauf mit einem regelrechten Massaker, das sie 1947 am Maifeiertag in Portella della Ginestra verübten. Bei der Kundgebung zur Feier des Internationalen Tages der Arbeit tötete ein Kugelhagel aus Maschinengewehren elf Menschen und verletzte fast einhundert.
Dies war ein entscheidender Moment in der italienischen Geschichte, denn er zeigte, welche Kräfte hinter dem Regierungsblock standen, der sich in den Nachkriegsjahren bildete. Hand in Hand mit einer Allianz aus Industriebourgeoisie im Norden und Großgrundbesitzern im Süden regierten die Christdemokraten gemeinsam mit konsverative Parteien. An diesem Pakt hatte die Mafia, welche ihr Kapital in den vorangegangenen Jahrzehnten aufgebaut hatte, nun einen entscheidenden Anteil.
In deren Augen waren oppositionelle Kommunisten und Sozialisten Staatsfeind Nummer Eins. Außerdem war Mario Scelba der Innenminister im Jahr 1947 ein gewisser Mario Scelba, ein Antikommunist par excellence, der die Arbeiterbewegung sowohl in den unmittelbaren Nachkriegsjahren als auch in den 60er Jahren blutig unterdrückte.
Die antikommunistische Haltung der italienischen und sizilianischen Behörden stieß bei einem anderen wichtigen Verbündeten auf Resonanz: die katholische Kirche. Wie wir in Umberto Santinos Beschreibungen des Kampfes gegen die Mafia erfahren, teilte der damalige Kardinal von Palermo, Ernesto Ruffini, nach dem Massaker in Portella della Ginestra und einem weiteren im Juni desselben Jahres Papst Pius XII. mit, was geschehen war:
»Es ist eine Tatsache, dass die Reaktion auf den Linksextremismus beeindruckende Ausmaße annimmt. In der Tat hätten wir diesen Widerstand und diese Rebellion gegen die arroganten Heucheleien, die Verleumdungen, die Illoyalität und die anti-italienischen und anti-christlichen Theorien der Kommunisten als unvermeidlich voraussagen können. Wir haben immer noch zu viel Angst vor diesen verblendeten, und von gottlosen Männern manipulierten Massen.«
Ruffini war es auch, der bei der christdemokratischen Regierung von Alcide de Gasperi für ein Verbot der Kommunisten warb, nachdem er in der Kirche selbst bereits deren Exkommunikation erreicht hatte.
Die Repressionen hielten in den folgenden Jahren an und forderten unter sozialistischen und kommunistischen Gewerkschaftern neue Opfer, darunter Placido Rizzotto und Salvatore Carnevale. Diese Repressionen waren auch mit dem Schicksal der Bauernbewegung sowie der ungelösten Südfrage – dem Klassenkampf außerhalb der Fabriken – verknüpft. Während dieser Jahre versuchte die Linke, die Beziehung zwischen Proletariat und Klassenkampf, zwischen Organisation und Klassen-Allianzen zu verstehen, um einen eigenen Weg in die Zukunft zu finden.
Am deutlichsten zeigt sich dies vielleicht in den Texten von Raniero Panzieri. Damals eine führende Figur der Sozialistischen Partei Italiens, war Panzieri später einer der Begründer des Operaismo. Von seiner Partei 1949 nach Sizilien geschickt, äußerte er sich zum dortigen Versagen der Linken sehr kritisch:
»Viele Genossen [...] denken, dass die Bauernbewegung und vor allem die Landbesetzungen ›spontane‹ Bewegungen sind, in anderen Worten rein ökonomisch motiviert. Ich denke, wir müssen klar sagen: Aus politischer Perspektive ist die Bauernbewegung der Versuch einer demokratischen Revolution. Auf dieser Ebene jedoch ist sie weit davon entfernt, eine spontane und ökonomische Bewegung zu sein. Sie verfolgt politische und ideologische Ziele genauso wie ökonomische, zum Beispiel durch [die Forderung nach neuen Formen der] Kommunalverwaltung, eine andere Verwaltungs- und Steuergerechtigkeit, die Anhebung des kulturellen Niveaus, usw.«
In der Tat waren die sozialen Forderungen der Bewegung das Gegenteil der etablierten christdemokratischen und mafiösen Machtstrukturen, die sich auf Erpressung, Spekulation und Privilegien stützten. Im Bestreben, diese Macht zu erhalten, arbeiteten die reaktionären Kräfte daran, Kommunisten und Sozialisten daran zu hindern, leitende Funktionen in Gemeinden und Stadtregierungen zu übernehmen. So wurden sie durch Einschüchterung und Morde wiederholt daran gehindert, Wahllisten vorzulegen. Den Verbrechen fielen diejenigen zum Opfer, die stur blieben und weiter daran arbeiteten, Sizilien und seine verschiedenen Gegenden zu demokratisieren.
Es gab außergewöhnliche Durchbrüche, wie wir in den Beschreibungen von Vera Pegna sehen, einer jungen Frau, die nach Sizilien zog und der PCI in Palermo beitrat. Während es vielleicht so schien, als seien die akuten Anforderungen der täglichen Aktionen die einzigen dringenden Aufgaben gewesen, studierte sie das Kommunistische Manifest und Lenins Schrift »Was tun«. Das Zentrum ihrer Tätigkeit war Caccamo, eine der Städte, in denen die Mafia die Teilnahme der Kommunisten an den Kommunalwahlen verhindert hatte. Pegna forderte die Macht des Mafiabosses Panzesca heraus, und als die Kommunisten bei der Wahl 1962 dann doch antraten, gewannen sie vier Sitze. Dies war allerdings nur ein relativer und seltener Erfolg. Bald darauf verließ Pegna die Insel, erschüttert von den Drohungen der Mafia und dem Gefühl der Isolation.
In der Tat hatte die Mafia ihr Feuer gegen Gewerkschafter mit kommunistischem und sozialistischem Hintergrund nie eingestellt. Als die Parteien, die den Volksblock bildeten, bei den Regionalwahlen 1955 zum ersten Mal seit der Zeit vor dem Faschismus wieder auf getrennten Listen antraten, behielten sie während des Wahlkampfes ihre gemeinsame Front gegen die Mafia bei. Immerhin hatte die Mafia in jenem Jahr mehrere Aktivisten ermordet, darunter Salvatore Carnevale, einen Arbeiter in den Schwefelminen, der auch Sekretär der Sektion für Bauarbeiter der Gewerkschaft CGIL war. Während die christdemokratischen Amtsträger (einschließlich des Bürgermeisters) nicht zu seiner Beerdigung erschienen, kamen zahlreiche Minen- und Landarbeiter.
Panzieri, der in der Zwischenzeit der Regionalsekretär der Sozialistischen Partei geworden war, rief zu einer Massendemonstration auf, um diesem ermordeten Kameraden der Arbeiter zu gedenken. Führende politische Persönlichkeiten aus den regionalen und nationalen Ebenen reisten in das Dorf Sciara: Vom damaligen CGIL-Sekretär der Region Pio La Torre über den PCI-Sekretär von Palermo Pompeo Colajanni bis hin zum sozialistischen Abgeordneten Sandro Pertini (später Präsident der Republik), der die Kundgebung mit einem Appell an die Arbeiterklasse abschloss: »Sein Tod möge uns ein Beispiel und eine Inspiration sein. Und das Beispiel, welches er uns hinterlassen hat, ist das der Loyalität zur Arbeiterklasse und zur Partei.«
Und wieder war es Panzieri, der die innige Verbundenheit aller Klassenkämpfe im Widerstand gegen den bürgerlich-mafiösen Block betonte:
»Salvatore Carnevale wurde geboren, um mit seinem Kampf und seinem Leben Zeugnis vom unaufhaltsamen Wiedererwachen der bäuerlichen Kräfte abzulegen, die entschlossen waren, ihre Präsenz, ihre historischen Rechte, ihre Rechte als Menschen in dieser Nation gegen die verkommenen und menschenfeindlichen Kräfte der Gutsbesitzer, Barone, Mafiosi und des Verbrechens zu behaupten.«
Es war schließlich nicht die Mafia, die der Bewegung ein Ende setzte, sondern die Auswanderung: Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik (Istat) verließen zwischen 1946 und 1956 etwa 274.000 Menschen Sizilien (bei einer Bevölkerung von nicht viel mehr als 4 Millionen), um nach Norditalien oder ins Ausland zu gehen . Weitere 352.000 wanderten im folgenden Jahrzehnt ab.
Die meisten wurden Arbeiter und prekär Beschäftigte in den Industrien des Nordens, wo ihr Kampf innerhalb und außerhalb der Fabriken weiterging. Das hinterließ einen Riss in den orthodoxen Theorien, die den Fabrikarbeiter allein als das revolutionäre Subjekt ansahen anstatt die Arbeiterklasse als Ganzes. In jenen Jahrzehnten erlebte Italien den Wirtschaftsboom, der auf den Wiederaufbau nach dem Krieg folgte, mit einer beschleunigten industriellen Entwicklung nicht nur im Norden, sondern auch im Süden. Dort beschränkte sich diese Entwicklung jedoch auf einige wenige Fälle von sehr kapitalintensiver Entwicklung. Außerdem wurden zahlreiche ehemals staatliche Dienstleistungen privatisiert, Flächen für die Landwirtschaft nutzbar gemacht und die regionale Infrastruktur ausgebaut. Dies brachte sowohl den Landbesitzern als auch der städtischen Bourgeoisie, zu denen auch die Mafia selbst gehörte, beträchtliche Gewinne ein. Die industrielle Bourgeoisie des Nordens leistete keinen Widerstand gegen diese Entwicklungen.
Die Cassa per il Mezzogiorno, eine öffentliche Einrichtung, die mit Milliardenbeträgen die Entwicklung des Südens finanzieren sollte, ermöglichte es der Mafia, Gewinne und Kapital anzuhäufen und zu einer Wirtschaftsmacht zu werden, die sich bald auch in die nördlichen Regionen verlagern sollte. Was folgte, waren Jahrzehnte des Blutvergießens, die in den Ermordungen des Carabinieri [Militärpolizei]-Generals Carlo Alberto dalla Chiesa 1982 sowie der Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992 gipfelten. Trotz ihrer eigenen internen Kämpfe wandte sich die Mafia auch gegen die Opposition aufseiten der Kommunisten und des Rechtssystems.
Exemplarisch dafür steht die Ermordung des Aktivisten Peppino Impastato im Jahr 1978, der selbst Sohn eines Mitglieds des Badalamenti-Clans war. Als junger Kommunist in der außerparlamentarischen Linken der 1960er und 70er Jahre unterstützte er die Kämpfe von Arbeitern, Landarbeitern und Arbeitslosen. Vor allem aber war er eine widerständige Stimme des Protests gegen die Enteignung von Bauernland, auf dem die dritte Startbahn des Flughafens von Palermo errichtet werden sollte. Der Flughafen war die wichtigste Machtbasis des Cinisi-Mafia-Bosses Gaetano Badalamenti, der sich über seine Kontrolle des Flughafens einen erheblichen Strom von Drogen versprach. Peppino berichtete bei Straßenprotesten und in dem von ihm gegründeten Radiosender Radio Aut, offen über diese Umstände.
Peppino wurde schließlich auf Befehl von Badalamenti durch eine Explosion getötet. Um die Rolle der Mafia in dem Mord zu vertuschen, behaupteten die Ermittler und die Presse, Peppino habe sich versehentlich selbst getötet, während er einen terroristischen Anschlag plante. In dieser Zeit war es gängige Praxis, Bomben und Massaker dem politischen Feind im Inneren, den Kommunisten, in die Schuhe zu schieben. Der Mord war jedoch auf Anordnung der lokalen Machthaber verübt worden. Erst in den 1990er Jahren wurde der Fall Impastato wieder aufgerollt, als Anklage gegen Badalamenti und seine rechte Hand Palazzotto erhoben wurde. Palazzotto wurde schließlich 2002 wegen des Mordes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
1982, wenige Monate vor der Ermordung des Polizeichefs Dalla Chiesa, wurde eine andere Schlüsselfigur des Kampfes gegen die Mafia ebenfalls von Mafiosi ermordet: der kommunistische Abgeordnete Pio La Torre, der in den 1950er Jahren Chef der sizilianischen Region der Gewerkschaft CGIL und ein unermüdlicher Kämpfer in der Auseinandersetzung um Land gewesen war. La Torre hatte das organisierte System der Macht- und Kapitalakkumulation der Mafia klar und deutlich aufgezeigt.
Aufgrund seines Vorschlags wurde ein Gesetz erlassen, das die Mafia als kriminelle Organisation, als System, einstuft. Daraufhin wurde sie nicht mehr nur durch die Inhaftierung ihrer Mitglieder bestraft, sondern auch durch die Konfiszierung des von ihr kontrollierten Vermögens, von Immobilien bis hin zu Unternehmen und Ackerland. Für den Kommunisten war der Angriff auf das Herz dieses Geschäftsmodells mit einem Angriff auf dessen Akkumulationsmacht sowie dessen Kontrolle über und Eigentum am Kapital gleichbedeutend.
Mehr als drei Jahrzehnte sind vergangen, seit dieses Gesetz eingeführt wurde, und trotzdem ist die Mafia noch nicht tot. Sie hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, sich zu wandeln und sich in das innere Labyrinth des italienischen Kapitalismus hineinzuarbeiten, und zwar auf Grundlage der enormen wirtschaftlichen Macht, die sie akkumulieren konnter. Die Cosa Nostra setzt ihre Waffen nicht mehr annähernd so häufig ein wie früher. Aber in Abwesenheit der politischen Organisierung und des Glaubens an den Fortschritt, der einst so viele Kommunisten antrieb, die Macht der Mafia zu bekämpfen, behält sie noch immer die Kontrolle.