09. April 2024
Christian Lindner will die Ein-Euro-Jobs wieder aus der Agenda-Mottenkiste hervorholen, sie seien eine Brücke in den regulären Arbeitsmarkt. In Wahrheit sind sie einfach nur reinste Ausbeutung und Erniedrigung.
Bundesfinanzminister Christian Lindner bei einer Sitzung des Bundeskabinetts, Aufnahme vom 20. März 2024.
Nach unten treten, auf Arbeitslose und Geflüchtete einprügeln – das ist ein beliebter politischer Move, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken. CDU, FDP, AfD, sie alle lieben das, und machen es tagtäglich. Aber einer hat dem ganzen jetzt die Krone aufgesetzt, nämlich der FDP-Parteichef und Bundesfinanzminister in Personalunion, Christian Lindner.
Lindner fordert nicht nur ein dreijähriges Moratorium für den Sozialstaat – bloß keine neuen Ausgaben für Soziales – sondern hat sich kopfüber in die Mottenkiste gewühlt und die schlimmsten Maßnahmen der Agenda 2010 hervorgekramt: die Ein-Euro-Jobs.
Im Interview mit der Rheinischen Post beklagt Lindner, dass die Zahl der Ein-Euro-Jobber doch viel zu stark zurückgegangen sei. Denn ein Ein-Euro-Job, das sei doch eine Brücke zurück in den regulären Arbeitsmarkt, meint er.
Nein, Ein-Euro-Jobs sind reinste Ausbeutung – Ausbeutung derer, die ohnehin schon kaum etwas haben. Den einen Euro, den man pro Stunde verdient, darf man noch nicht mal »Gehalt« nennen, das ist nur eine »Aufwandsentschädigung«.
Ein Ein-Euro-Job ist zum Beispiel, in Seniorenheimen den Keller irgendwie auszumisten und zu putzen. Das bringt einem auf dem regulären Arbeitsmarkt gar nichts. Und der Witz ist: Wenn Leute Ein-Euro-Jobs nicht annehmen, so war sehr häufig die Erfahrung, dann wird ihnen das Bürgergeld beziehungsweise früher das Hartz IV gekürzt.
Die Wahrheit ist also: Christian Lindner will mit seinen Ein-Euro-Jobs die Leute, die in der Perspektivlosigkeit stecken, weiter erniedrigen. Und mal ehrlich, dass Christian Lindner sich nicht selber dafür schämt: Von morgens bis abends tröten »Arbeit muss ich wieder lohnen«, und dann die Ein-Euro-Jobs aus der Mottenkiste kramen.
Maurice Höfgen ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag und Autor des Buches »Mythos Geldknappheit«. Zudem betreibt er den YouTube-Kanal »Geld für die Welt«.