26. September 2023
Neues entsteht, wenn die Linke zusammensteht. Wie 1923.
»Arbeiterregierungen ergriffen 1923 weitreichende Maßnahmen, um Arbeitslosigkeit und Hyperinflation in den Griff zu kriegen, das Bildungswesen und die Polizei zu demokratisieren und die alte Elite politisch und wirtschaftlich zu entmachten.«
Illustration: Piotr DudekDas Jahr 1933 ist für immer ins öffentliche Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Es markiert den Anfang der dunkelsten Periode der deutschen Geschichte, die aus gutem Grund im Mittelpunkt jedes Erinnerns an das 20. Jahrhundert steht.
Was aber, wenn die Geschichte einen anderen Abzweig genommen hätte, bevor die Nazis Deutschland – mit begeisterter Unterstützung großer Teile der Bevölkerung – in die Barbarei zerrten? Einen anderen Weg aus dem Elend der Nachkriegsjahre, der nicht in einen zweiten Weltkrieg geführt hätte, sondern in den Umbau des Deutschen Reiches hin zu einer sozialen Republik, in der die alten Eliten entmachtet, die Institutionen des Staates und der Bildung für die Massen geöffnet und die Wirtschaft im Interesse der Millionen, die unter den Jahren des Krieges und der Wirtschaftskrise gelitten hatten, verwaltet würden?
Im Oktober 1923, zehn Jahre vor der nationalsozialistischen Machtergreifung, wurde ein solcher Weg erprobt, kamen die großen Arbeiterparteien jener Zeit zusammen und bildeten Regierungen in Sachsen und Thüringen, um, wie die sozialdemokratische Zeitung Tribüne aus Erfurt am 17. Oktober erklärte, eine »proletarische Lösung« für die Wirtschaftskrise zu finden und die junge Republik zu verteidigen – gegen die ultrarechten Kräfte, die in Bayern bereits seit 1920 regierten und drohten, auch weitere Länder zu übernehmen. Diese sozialistischen Regierungen, so fuhr die Tribüne fort, könnten entweder bloß »eine geschichtliche Episode sein«, oder aber »ein Anfang, eine nie wieder auszulöschende geschichtliche Tat«. Die Hoffnungen damals waren immens.
»Was, wenn die Geschichte einen anderen Abzweig genommen hätte, nicht in die Barbarei, sondern in den Umbau des Deutschen Reiches hin zu einer sozialen Republik?«
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Loren Balhorn ist Editor-in-Chief von JACOBIN.