14. Januar 2025
Durch Budgetkürzungen bei der Feuerwehr und mangelnden Brandschutz war Kalifornien schlecht auf die schweren Brände vorbereitet. Das Ausmaß der Feuerkatastrophe wurde somit auch durch politische Entscheidungen verschärft.
Betroffene der Brände zwischen den Ruinen ihres Hauses im Stadtteil Pacific Palisades von LA, 11. Januar 2024.
Ich habe online nun schon mehrfach das Video eines in Flammen stehenden McDonald’s in Los Angeles gesehen: Brennende Palmen werden von heftigen Windböen umtost; Funken fliegen um die ikonischen goldenen M-Bögen. Die Bilder könnten direkt aus Mike Davis’ Buch Ecology of Fear: Los Angeles and the Imagination of Disaster aus dem Jahr 1998 stammen.
In diesem Buch schreibt Davis über einen Waldbrand fünf Jahre zuvor. Er kritisiert darin, die Menschen in Südkalifornien seien »auf diese Feuerprobe einfach nicht vorbereitet« gewesen und für das Verhalten der lokalen und regionalen Führungsriegen gebe es kaum eine Entschuldigung. »Die Großbrände von 1993 breiteten sich über erschreckend vertraute Bahnen aus« und es habe »keinen Mangel an Vorwarnungen« gegeben.
Mit Blick auf die aktuell noch wütenden Brände in Los Angeles ist es noch zu früh, um die genaue Ursache zu benennen – aber an Vorwarnungen hat es auch dieses Mal nicht gemangelt: Seit Jahrzehnten warnen Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten, dass Südkalifornien mit steigenden globalen Temperaturen immer häufiger und stärker von Waldbränden betroffen sein wird.
»Das LA Fire Department ist seit Längerem unterbesetzt und hat in diesem Haushaltsjahr mehrere Millionen Dollar weniger zur Verfügung, als man dort ursprünglich erwartet hatte.«
Dennoch hat sich wenig bewegt. 2019 war der Begriff »Green New Deal« – ein catchy Oberbegriff für diverse Forderungen an die US-Regierung, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel aufzuhalten, die Energieinfrastruktur der USA rasch umzubauen und dabei Millionen von Arbeitsplätzen zu schaffen – noch in aller Munde. Heute wirkt der Slogan wie ein Relikt aus einer vergangenen Ära.
Die Probleme beginnen auf Bundesebene, wo die Klimapolitik seit Jahren ausgebremst wird, und ziehen sich durch die kalifornische Bundesstaatsregierung bis in die Verwaltungsebenen des Bezirks und der Stadt Los Angeles. Wir wissen noch nicht genau, wie die Brände verursacht wurden, aber wir wissen, dass die kalifornische Landesregierung es versäumt hat, den Energiemonopolisten PG&E zu zwingen, seine Stromleitungen ordnungsgemäß zu sichern. Dadurch wurde der Bundesstaat deutlich anfälliger für derartige Brände.
Wir wissen auch, dass in dieser Stadt, diesem Bezirk und diesem Bundesstaat, die sich alle seit jeher weigern, den beträchtlichen Reichtum vor Ort per progressiver Besteuerung umzuverteilen, die öffentlichen Versorgungseinrichtungen gelitten haben. So gibt es heftige Debatten darüber, welche Zahlen und Statistiken die Budgetveränderungen des Los Angeles Fire Department (LAFD) im Haushaltsjahr 2024-2025 am treffendsten darstellen: Die Anhängerinnen und Anhänger von Bürgermeisterin Karen Bass beharren darauf, dass das (im Vergleich zum Vorjahr deutlich kleinere) Budget im aktuellen Haushaltsjahr nicht als »Kürzung« der Mittel verstanden werden sollte. Schließlich habe das LAFD im Vorjahr eine Budgeterhöhung erhalten. Der Rechnungsprüfer der Stadt Los Angeles, Kenneth Mejia, ist allerdings anderer Meinung. Überhaupt: Wenn zwar mehr Geld beantragt, aber faktisch noch nicht bewilligt wurde, kann man dann von Erhöhungen sprechen? Und was ist mit den Kürzungen bei den Überstundenzuschlägen der LAFD und den Problemen bei der Feuerwehr, leere Stellen zu besetzen und Personal zu finden?
Wie auch immer man das alles betrachten mag, klar ist, dass das LAFD seit Längerem unterbesetzt ist und in diesem Haushaltsjahr mehrere Millionen Dollar weniger zur Verfügung hat, als man bei der Feuerwehr ursprünglich erwartet hatte. Am 4. Dezember warnte die Brandsicherheitsbeauftragte der Stadt, Kristin Crowley, in einem Brief, dass die aktuellen Kürzungen »die Fähigkeit der Abteilung, sich auf große Notfälle, einschließlich Waldbrände, vorzubereiten, dafür zu trainieren und darauf zu reagieren, stark eingeschränkt haben«. Etwas mehr als einen Monat später mussten rund 130.000 Menschen vor den Flammen in Sicherheit gebracht werden.
Bei der rechtslastigen New York Post scheute man nicht davor zurück, in einem Artikel einen Zusammenhang zwischen den Kürzungen bei der Feuerwehr und den höheren Ausgaben für die Obdachlosenhilfe zu konstruieren. (Das Timing ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Während die New York Post fordert, L.A. solle weniger großzügig gegenüber seinen Obdachlosen sein, sind zahlreiche weitere Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt aufgrund der Brände obdachlos geworden.) Das linke Blatt Intercept sieht hingegen einen Zusammenhang zwischen den Feuerwehr-Kürzungen und den zusätzlichen Geldern für die Polizei. So strickt sich jede Seite ihre eigene Perspektive auf den städtischen Haushaltsplan. Man könnte sicherlich noch unzählige andere Narrative erzählen, aber letztendlich geht es darum, dass offensichtlich nicht genug Geld für öffentliche Dienste (wie die Feuerwehr) bereitgestellt wird. Dabei gilt aber: Gelder, die nicht in die Brandbekämpfung fließen, gehen nicht unbedingt in einen bestimmten alternativen Haushaltsposten. In einer weniger ungleichen Stadt, einem weniger ungleichen Bundesstaat und einem insgesamt weniger ungleichen und gesünderen Land wäre genug Geld vorhanden, um diverse öffentlichen Dienstleistungen ausreichend finanzieren zu können.
»Einige hundert Gefängnisinsassen wurden zur Unterstützung bei der Brandbekämpfung herangezogen. Dafür erhielten sie eine finanzielle Kompensation, die allerdings weit unter dem Mindestlohn liegt.«
Crowleys Pendant für den Bezirk Los Angeles, der dortige »Fire Chief« Anthony Marrone, bestätigte jüngst auf einer Pressekonferenz, dass weder der Bezirk noch »die 29 Feuerwehren in unserem County auf diese Art von Katastrophe vorbereitet« waren. Sie hätten »ein oder zwei größere Buschbrände« bewältigen können, hätten aber nicht annähernd das Personal, das erforderlich sei, um fünf derartige Brände schnell einzudämmen. Die Kapazitäten der Feuerwehren im County wurden durch jahrelange Sparmaßnahmen und knappe Budgets stark ausgedünnt – obwohl allen klar ist, dass der Klimawandel die Brandgefahr nur noch erhöht.
Derweil löst man das Problem auf eigenwillige Weise: So wurden einige hundert Gefängnisinsassen zur Unterstützung bei der Brandbekämpfung herangezogen. Dafür erhielten sie eine finanzielle Kompensation, die allerdings weit unter dem Mindestlohn liegt. Der Mindestlohn in Kalifornien beträgt 16 Dollar die Stunde; der der Kommune Los Angeles bei 17,28 Dollar. Die Gehälter der Feuerwehrleute der Stadt liegen bei durchschnittlich rund 30 Dollar. Die Aushilfsfeuerwehrleute aus den Strafanstalten erhalten zwischen 5,80 und 10,24 Dollar – pro Tag. Gnädigerweise können sie »zusätzlich 1 Dollar pro Stunde dazu verdienen, wenn sie in Reaktion auf akute Notfalllagen eingesetzt werden«. Man kann sich kaum ein krasseres Symbol für unsere buchstäblich brennende spätkapitalistische Welt vorstellen als einen Ort, der so viel verschwenderischen und protzigen Reichtum beherbergt, während inhaftierte Menschen ihr Leben für weniger Geld pro Tag riskieren, als ihre freien Mitbürgerinnen und Mitbürger in einer Stunde verdienen – wenn die Stadt es denn wenigstens hinbekommen würde, genug Berufsfeuerwehrleute einzustellen, einzusetzen und angemessen zu bezahlen.
Natürlich muss es nicht so laufen, wie wir es aktuell in Los Angeles erleben. Wir hätten 2019 einen Green New Deal einführen können, oder besser noch Jahrzehnte früher, als die Fakten über den menschengemachten Klimawandel bereits ausreichend bekannt waren. Wir könnten privatwirtschaftliche Monopole wie PG&E abschaffen, die aus Profitgründen an allen Ecken und Enden sparen. Wir könnten weitaus besser geplante und bewusstere Entscheidungen über die Siedlungsdichte treffen, um die Gefahren zu minimieren, die von der »tödlichen Kombination von Hausbesitzern und Gestrüpp« ausgehen, wie Mike Davis vor fast dreißig Jahren in Ecology of Fear schrieb.
Ebenso müssen wir Feuerversicherungen nicht in den Händen gewinnorientierter Unternehmen belassen, die ihrerseits von der Regierung verlangen, dass die Prämien immer weiter angehoben werden, da ja die Gefahr von Waldbränden zunimmt – und die, als sie nicht bekamen, was sie wollten, einfach 1.600 Versicherte in Pacific Palisades im Stich ließen. Jede Gemeinde, die so anfällig für Waldbrände ist wie Los Angeles in den 2020er Jahren, müsste eine angemessene Finanzierung des Brandschutzes zur obersten Priorität machen.
Waldbrände gab es natürlich schon vor dem Klimawandel und vor der Austeritätspolitik. Doch beide verschlimmern das Risiko für verheerende Feuer erheblich. Es wäre daher ein Fehler, die derzeitige Situation in Los Angeles ausschließlich als »Naturkatastrophe« zu verstehen.
Eine der Kernfunktionen einer organisierten Gesellschaft besteht darin, Gefahren der Natur zu minimieren, denen die Mitglieder der Gesellschaft ausgesetzt sein könnten. Aus sozialer und ökologischer Sicht hat die US-Gesellschaft in diesem Sinne spektakulär versagt.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der Puffin Foundation.
Ben Burgis lehrt Philosophie und ist der Autor des Buches »Give Them an Argument: Logic for the Left« (Zero Books, 2019) sowie Host des Podcasts Give Them an Argument.