10. September 2025
2026 stehen in Brasilien Präsidentschaftswahlen an. Die extreme Rechte steht ohne ihre Galionsfigur da, weil Jair Bolsonaro nicht kandidieren darf. Doch auch die Linke ist auf der Suche nach einem charismatischen Nachfolger für Lula da Silva.
»Die traditionelle Elite fühlte sich schlicht nicht vertreten von Lula, einem Ex-Fabrikarbeiter aus einer armen Region Brasiliens.«
Die dritte Amtszeit des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva ist bereits mehr als zur Hälfte vorbei – und Südamerikas größtes Land leidet erneut unter einer Führungskrise. Die Zustimmungswerte des einst so beliebten Politikers sind auf den niedrigsten Stand seit seinem Amtsantritt gesunken.
Laut einer Februar-Umfrage von Datafolha, einem der zuverlässigsten Meinungsforschungsinstitute Brasiliens, heißen 24 Prozent die Arbeit der Regierung gut, 41 Prozent lehnen sie ab und 32 Prozent stehen ihr »neutral« gegenüber. Andere Umfragen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Es zeichnet sich damit ein stetiger, aber deutlicher Niedergang eines Titanen der lateinamerikanischen Linken ab.
Nachdem Lula seine ersten Amtswochen zwar ruhig, aber mit relativ wenigen hochkarätigen politischen Erfolgen hinter sich gebracht hatte, sieht er sich nun mit derselben wachsenden Unzufriedenheit konfrontiert, die an jedem brasilianischen Staatsoberhaupt seit Lulas eigenem Ausscheiden aus dem Amt 2010 genagt hat.
Die zunehmende politische Polarisierung zwischen der Linken und der radikalen Rechten, ein mächtiger und konservativer Kongress und die Unfähigkeit, die jüngere Arbeiter-Generation anzusprechen, sind nur einige der Gründe, warum viele Brasilianerinnen und Brasilianer Lula und seine Arbeiterpartei (PT) als angeschlagen wahrnehmen.
Wichtiger noch: Lula und (in noch stärkerem Maße) die PT müssen ihr jüngstes Versagen nun verarbeiten und einen Nachfolger für ihn aufbauen. Denn die Wahlen 2026 rücken näher und der Wunsch der Bevölkerung nach Veränderung scheint stetig zu wachsen. Die Chancen auf die erneute Wahl eines linken Präsidenten sind derzeit gering.
Als die letzten drei brasilianischen Präsidenten ihr Amt verließen, hatten sie allesamt miserable Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Ansonsten hatten die Sozialdemokratin Dilma Rousseff, der Neoliberale Michel Temer und der Rechtsradikale Jair Bolsonaro nur sehr wenig gemeinsam, und es gab viele spezifische Faktoren, die für das Scheitern ihrer jeweiligen Präsidentschaften ausschlaggebend waren. Insgesamt jedoch stehen ihre Amtszeiten symbolisch für die brasilianische Instabilität der 2010er Jahre. Diese Turbulenzen folgten auf eine ruhigere politische Phase mit den ersten beiden Amtszeiten Lulas.
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Olavo Passos de Souza ist Historiker und promoviert an der Universität Stanford.