22. März 2024
Die Münchner Sicherheitskonferenz zeigt: Die EU bleibt die EU. Vom Scholz’schen Imperativ ist nicht mehr viel übrig.
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Eröffnung der 59. Münchner Sicherheitskonferenz, 17. Februar 2024.
Zwei Jahre ist es her, dass Bundeskanzler Olaf Scholz in Reaktion auf Russlands Invasion der Ukraine die Zeitenwende ausrief. Seine Rede vor dem Bundestag läutete eine neue Phase der deutschen und europäischen Sicherheits- und Außenpolitik ein, die von Einigkeit und Entschlossenheit geprägt sein würde. Danach klang es zumindest. Die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz (Siko) hätte der Ort sein müssen, wo der gestärkte Kanzler über die Fortschritte und Errungenschaften Bilanz zieht. Doch das Wochenende machte deutlich: Bei der Geschlossenheit hapert es ganz gewaltig.
Der Krieg in der Ukraine steckt im wahrsten Sinne des Wortes in den Schützengräben fest. Die ukrainische Gegenoffensive, die noch vor zwei Jahren den Kontinent zu einen schien, ist von einem Zermürbungskrieg abgelöst worden, dessen Finanzierung viele EU-Staaten zunehmend infrage stellen. Angesichts der von Berlin beschlossenen Milliardenhilfen für die Ukraine äußerte Scholz den Wunsch, »dass ähnliche Entscheidungen in allen EU-Hauptstädten getroffen werden«. Für Frankreich etwa würde das eine Verzehnfachung seiner bisherigen Unterstützung bedeuten. Die französische Delegation war, wie man aus ihren Kreisen hörte, von diesem Seitenhieb »not very amused«.
Donald Trumps jüngste NATO-interne Drohgebärden ließen die »Europäerinnen und Europäer« zwar pünktlich zur Siko wieder etwas zusammenwachsen; denn für ein Szenario mit Trump als Präsident – dazu herrscht Einigkeit – müsste man irgendwie von den USA unabhängiger werden. Dass bei jedem Ein- und Auslauf der US-Delegation das gesamte Konferenz-Publikum in eine ehrfürchtige Schockstarre verfiel, wirft allerdings Zweifel an diesem Anspruch auf. Darüber, wie das Vorhaben im Fall der Fälle umgesetzt (EU-Atombombe oder EU-Verteidigungskommissar) und finanziert werden könnte (mehr Schulden oder mehr Sozialkürzungen), herrschte im Bayrischen Hof vollkommene Planlosigkeit.
Zwei Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs führt sich die EU wieder als genau das vor, was sie schon immer war: ein von Partikularinteressen durchschossenes Staatengebilde, das es – über Reaktionen auf äußere Impulse hinaus – nicht schafft, eine wirklich kohärente europäische Außenpolitik zu formulieren, geschweige denn die angestrebte Rolle einer Weltmacht einzunehmen.
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Pauline Jäckels arbeitet als Politikredakteurin bei nd.