30. Juni 2023
Die jahrelange Sparpolitik im Bereich Soziales und Jugend befeuert Armut und Kriminalität. Als Reaktion beschließt die Berliner Landesregierung weitere Kürzungen der Sozialausgaben bei gleichzeitiger Erhöhung des Polizeietats – ein Teufelskreis reaktionärer Politik.
Neuköllner Kinderspielplatz
Die Politik zeigt wieder klar, in wessen Interesse sie handelt. Nachdem die Berliner Landesregierung als erste Amtshandlung ihr Gehalt erhöhte sowie unseren Mietendeckel stoppte, sieht der neue Haushaltsplan für Bezirke wie Neukölln insgesamt Einsparungen im sozialen Bereich von über 22 Millionen Euro vor.
Die Tagesreinigung an den Neuköllner Schulen entfällt, die Obdachlosenhilfe wird reduziert, die aufsuchende Suchthilfe wird gestrichen, kaputte Spielplätze werden nicht erneuert, die Müllentsorgung im Park soll halbiert werden, und mehrere Jugendzentren und Familieneinrichtungen sollen geschlossen sowie Jugendreisen für benachteiligte Kinder nicht mehr finanziert werden. Kinder und Familien in Neukölln dürfen also ab jetzt in ihrem Müll ersticken.
»Soziale Brennpunkte werden gemacht.«
Das ist besonders amüsant, weil dieselbe Regierung gerne über die Menschen in Neukölln herzieht oder im Zuge von Silvester von einer Staatsverachtung der hier Ansässigen sprach. Soziale Brennpunkte existieren aber nicht einfach so. Sie werden gemacht. Sie werden gemacht durch genau diese Sparpolitik, die den Menschen das zum Leben notwendige nimmt. Kriminalität wird gemacht, wenn Menschen nicht das zum Überleben notwendige haben. Armut wird gemacht durch die Beschneidung eigener Lebensmöglichkeiten.
Das Geld ist da, das zeigt uns nicht zuletzt der Ausbau der Polizei für diese Gebiete. Das Budget der Berliner Polizei steigt und macht inzwischen allein 5,7 Prozent des Landeshaushalts aus, ein Anstieg von 45 Prozent im Vergleich zu 2010. Dieselben Politikerinnen und Politiker also, die die Menschen in diese Misere stürzen, kriminalisieren sie dann wiederum dafür – ein Kreislauf von Armut und Illegalität, den sie selbst geschaffen haben. Diese Sparpolitiken sind damit nicht weniger als Klassenkampf von oben, der die Ansässigen als untere Klasse klein hält.
Simin Jawabreh (@siminjawa) arbeitet an der Humboldt-Universität zu Berlin im Lehrbereich Theorie der Politik, in der politischen Bildung und ist Kolumnistin bei JACOBIN.