20. August 2022
Pakistans Militärs präsentieren sich als fortschrittliche Modernisierer mit Herz für Frauen und Minderheiten und als einzig verlässliche politische Kraft im Land. Doch seit dem Sturz des pseudopopulistischen Premierministers Imran Khan wird die Korruption der Armee immer offensichtlicher.
General Qamar Javed Bajwa spielt Schach mit einer Schülerin.
Pakistan steckt in einer tiefen politischen und ökonomischen Krise. Der Regierungswechsel im April, als Imran Khan den Posten des Premierministers räumen musste, konnte das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung nicht wieder herstellen. Die Situation, in der sich das Land befindet, ist zwar etwas besser als die Sri Lankas, aber nicht wesentlich. Die Eliten beider Länder haben sich eines ähnlich verantwortungslosen und kurzsichtigen Verhaltens schuldig gemacht.
Khans unfreiwilliger Abgang ist nur die letzte Episode in einer langen Geschichte politischer Interventionen des pakistanischen Militärs. Neu an der gegenwärtigen Lage ist, dass die Streitkräfte selbst gespalten sind, was ihre Einstellung gegenüber dem Ex-Premier angeht. Dies könnte zur weiteren Destabilisierung des Landes beitragen.
Seit Khans Rücktritt haben seine Anhänger das Land ins Chaos gestürzt. Den politischen Turbulenzen können sich weder die Militärführung noch die neue Koalitionsregierung entziehen. Im Juli gewann Khans Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) die Wahlen in Punjab, der einwohnerstärksten Provinz des Landes, in der mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt, deutlich.
Den Wahlsieg der PTI begünstigten zunehmende Inflation, ein anwachsendes Handelsbilanzdefizit, und die Schwierigkeiten der Regierung, einen Deal mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auszuhandeln, bevor Mitte Juli endlich ein Abkommen zustande kam. Der IWF zwang die Regierung in Islamabad dazu, Subventionen zu kürzen sowie Öl- und Energiepreise anzuheben, was zu einer beschleunigten Inflation und zu neuen finanziellen Belastungen für die Menschen führte. Den Unmut darüber nutzte die PTI bei der Wahl in Punjab geschickt aus.
Die Teuerungsrate für Lebensmittel beträgt aktuell über 15 Prozent. Angesichts der Notlage ist schnell vergessen, dass sich bereits während der vierjährigen Regierungszeit der PTI die Versorgungslage deutlich verschlechtert hatte. Das Land musste über diesen gesamten Zeitraum Weizen, Zucker und Baumwolle einführen – das Resultat von Missmanagement und zunehmendem Schmuggel statt schlechter Ernteerträge.
Die brutale Hitzewelle, unter der die Region leidet, hat das Problem von Stromausfällen aufgrund von Pakistans Verschuldung bei seinen internationalen Energielieferanten noch verschärft. Diese Zustände haben dafür gesorgt, dass wenig Enthusiasmus für die neue Regierung aus der Pakistan Muslim League – Nawaz (PMLN) und der Pakistanischen Volkspartei (PPP) übriggeblieben ist, die Khan abgelöst hatte. Obwohl sie eine Misstrauensabstimmung im Parlament gegen ihn gewinnen konnte, ist es ihr nicht gelungen, viel politisches Kapital daraus zu schlagen.
Khan ist in der Öffentlichkeit weiterhin sehr präsent; ein populistisches Narrativ stellt ihn als Saubermann dar, der gegen die korrupte politische Elite vorgeht. Doch nach und nach tauchen immer mehr Berichte über mutmaßliche eigene korrupte Machenschaften des PTI-Vorsitzenden auf. Seine Anhänger ziehen ihn aber weiterhin der Gegenseite vor. Das liegt auch daran, dass er gerne von einer internationalen Verschwörung, geführt von den USA, schwadroniert, die seine Regierung gestürzt habe.
Das mächtige Militär scheint nicht willens zu sein, mit Khan auf dieselbe Art und Weise fertig zu werden, auf die in der Vergangenheit unliebsame Regierungschefs beseitigt wurden. In den späten 1970er Jahren inhaftierte und erhängte eine Militärregierung etwa den PPP-Vorsitzenden und Premierminister Zulfiqar Ali Bhutto, und auch in jüngerer Vergangenheit drängten die Streitkräfte zwei bekannte politische Figuren, Benazir Bhutto und Nawaz Sharif, ins Exil.
Es gibt kaum Zweifel daran, dass die Armee wesentlich für Khans Sturz verantwortlich ist, auch wenn die neuen Regierungsparteien behaupten, dass sie ihr Misstrauensvotum, später vom obersten Gericht des Landes abgesegnet, auf eigene Initiative einbrachten. Hier stellt sich die Frage: Warum ging das Militär nicht einfach den traditionellen Weg und ließ Khan inhaftieren oder schickte ihn ins Exil?
Der gegenwärtige Oberbefehlshaber der Armee, Qamar Javed Bajwa, der oft als mächtigster Mann des Landes bezeichnet wird, zeigt im Umgang mit dem PTI-Vorsitzenden Schwäche. Doch das liegt nicht daran, dass er größeren Respekt vor der Demokratie hätte als seine Vorgänger. Stattdessen gibt es innerhalb seiner eigenen Clique von aktiven und pensionierten Militärs Differenzen.
Letztere treffen zwar keine tagesaktuellen Entscheidungen innerhalb des Militärapparats mehr, spielen aber eine wichtige Rolle dabei, den Ethos und die Macht der Institution aufrechtzuerhalten. Der pakistanische Staat sendet seine Ex-Offiziere, vor allem ehemalige Generäle, oft als Diplomaten ins Ausland oder beruft sie in wichtige Ämter.
Quellen innerhalb des Militärs, mit denen ich sprach, erwähnten sogar, dass es eine Rebellion, deren genaue Form noch nicht klar ist, gegen den Armeechef geben könnte, sollte er gegen Khan zur Tat schreiten. Eine Reihe ranghoher Offiziere, darunter der ehemalige Chef des Militärgeheimdiensts ISI, Generalleutnant Zaheer-ul-Islam, haben ihre Unterstützung für die PTI öffentlich bekundet. Das bedeutet nicht, dass sich die Offiziere zu einem Coup gegen die Armeeführung verschwören werden. Und doch gibt es so viel Uneinigkeit in ihren Rängen wie nie zuvor.
Zum ersten Mal scheint das komplexe System der Belohnung und Bestrafung, das das Oberkommando einsetzt, um die Disziplin aufrechtzuerhalten, nicht richtig zu funktionieren, vor allem was pensionierte Offiziere betrifft. Kein Armeechef zuvor hat sich mit den gleichen öffentlichen Beschimpfungen durch seine Kollegen abgeben müssen wie Bajwa. Gänzlich neu ist ebenfalls, dass sich ein Oberbefehlshaber kritische Fragen der eigenen Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Armee (ISPR) anhören musste.
Hinzu kommt eine permanente Medienkampagne, die Khans Amtsenthebung als eine Verschwörung der USA beschreibt. Als Teil dieser Erzählung wird der Finger auch immer wieder mehr oder weniger direkt auf Bajwa als angebliches Mitglied des Komplotts gerichtet. Der General scheint Probleme zu haben, seiner Kritiker durch eine Strategie von Zuckerbrot und Peitsche Herr zu werden. Fünf, vermutlich sogar mehr Offizieren wurden bereits die Pensionen und andere Privilegien gestrichen.
Das hat allerdings nicht ausgereicht, um andere Militärangehörige zum Schweigen zu bringen. Auch gibt es Gerüchte über ausgeprägte Unzufriedenheit in den niedrigeren Offiziersrängen. In der Vergangenheit machte sich die Militärführung vor allem um den Einfluss des religiösen Extremismus auf diese Gruppe Gedanken, doch heute steht ihre Loyalität ganz grundsätzlich in Frage. Meine Quellen sprachen davon, dass Ex-Offiziere in den USA bereits Summen von 200 bis 300 Dollar pro Kopf eingesammelt haben, um Militärangehörige in Pakistan, deren Pensionen gestrichen wurden, zu unterstützen.
Vor kurzem behauptete Khan in einem Interview, dass er nie versucht habe, Einfluss auf die Auswahl des nächsten Armeechefs auszuüben. Doch allgemein wird angenommen, er habe den Plan verfolgt, Generalleutnant Faiz Hameed an der Spitze des ISI zu halten, um ihn später zum Oberbefehlshaber zu machen. Khan hatte versucht, eine Versetzung von Hameed vom ISI zum Corps Command Peshawar durch den Personalvorstand der Armee (COAS) zu verhindern, wie er bereits in einem anderen Interview zugegeben hatte.
Seine politischen Gegner verdächtigen Khan, in den COAS-Auswahlprozess eingegriffen zu haben, möglicherweise im Versuch, die nächsten Wahlen zu manipulieren. Frühere Premierminister wie Zulfiqar Ali Bhutto und Nawaz Sharif hatten ähnliche Initiativen ergriffen, doch ihre auserwählten Armeechefs verweigerten ihnen später den Gehorsam. Die Armee scheint ihrerseits kein Problem damit zu haben, in politische Machenschaften verwickelt zu werden. Ihre rote Linie wird lediglich überschritten, sobald die Politik versucht, die institutionelle Autonomie des Militärs zu beschneiden.
Warum ist es also zu internen Streitereien um die Amtsenthebung von Khan gekommen, der nicht unbedingt beliebter war als seinerzeit Zulfiqar Ali Bhutto? Warum gab es darüber in den niedrigen Offiziersrängen so viel Unmut, wo doch der Sturz von Politikern wie Yousaf Raza Gillani von der PPP 2012 oder Nawaz Sharif von der PMLN 2017 auf ihre Zustimmung stieß? Heute scheint mehr auf dem Spiel zu stehen als damals.
Die politische Krise rund um Khans Aufstieg und Fall hat sicherlich dazu beigetragen, dass General Bajwa zu einer kontroversen, unbeliebten Figur wurde. Während die Armee versucht, nach außen ein professionelles Image abzugeben und den Anschein zu erwecken, loyal zu ihrem Chef zu stehen, so machen sich die oberen Ränge doch Sorgen um das Ausmaß der Sympathie für Kahn in ihren eigenen Reihen.
Der Fall der Regierung Khan im April bedeutet nicht, dass es in Pakistan zu einem grundsätzlichen Regimewechsel gekommen wäre. Die neue Regierung ist genau wie die alte darauf bedacht, das Militär zufriedenzustellen und ihm eine größere politische Rolle zuzugestehen.
Der gegenwärtige Premierminister Shehbaz Sharif ließ rasch ein Gesetz beschließen, dass dem ISI erlaubt, den Hintergrund von Beamtinnen und Beamten zu prüfen, bevor diese eingestellt oder befördert werden, die Regierung nahm die Entscheidung später jedoch wieder zurück. Er erlaubte der Armee aber, in Verhandlungen mit der Terrororganisation Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) zu treten, die für viele Gewalttaten im Land verantwortlich ist.
Doch das Oberkommando steht vor folgendem Problem: Über die Jahre hat sich vor allem innerhalb des Militärs, aber auch unter jüngeren Wählerinnen und der urbanen Mittelschicht ein Narrativ etabliert, das Pakistans traditionelle parteipolitische Eliten aus PMLN und PPP als korrupte, unpatriotische Gestalten darstellt. Diese Gruppen sehen die traditionellen Parteien nur ungern zurück an der Macht.
Die Armeeführung mag Khans Behauptung, es habe ein Komplott zwischen den USA und der inländischen Opposition gegeben, um ihn zu stürzen, zurückweisen. Doch diese Verschwörungstheorie ist im heutigen Pakistan beliebt, und die Diskussion um die Verstrickungen Washingtons in den Sturz verschiedener Regierungen auf der Welt befeuern diese Erzählung.
Anhängerinnen dieser Theorie sehen im Zögern von Premierminister Sharif, russisches Öl zu vergünstigten Preisen zu kaufen, ein Zeichen, dass sich Pakistan dem Einfluss der USA unterwerfe. General Bajwa verurteilte Russlands Invasion der Ukraine und bekräftigte, er wolle die Beziehungen zu den USA verbessern, was seinem Pragmatismus geschuldet sein mag, sein Image im eigenen Land aber sicherlich nicht verbessert hat.
Der interne Machtkampf, der sich in der Führungsebene der Armee abspielt, lässt Bajwa von Tag zu Tag schwächer und angeschlagener erscheinen, Khan jedoch gefährlicher und unberechenbarer. Nach seinem jüngsten Wahlsieg in Punjab machte dieser seinen Verbündeten Pervaiz Elahi zum Premier der Provinz.
Bajwas Amtszeit als Armeechef läuft Ende November diesen Jahres ab. Seine derzeitige Lage macht es unwahrscheinlich, dass er sich darüber hinaus auf seinem Posten halten kann, oder einer seiner Günstlinge sein Nachfolger wird. Und doch ist möglich, dass er Erfolg damit haben könnte, indem er Khan durch Pakistans höhere Justiz Einhalt gebieten lässt, die der Armee seit Jahrzehnten nahe steht.
Die PTI ist in letzter Zeit vor allem aufgrund illegaler Parteispenden ausländischer Individuen und Firmen in die Kritik geraten. Laut eines von Pakistans Wahlkommission ECP erstellten Berichts erhielt Khan Gelder aus fragwürdigen Quellen, darunter Arif Naqvi, dem Chef der Abraaj Group, einer Private-Equity-Gesellschaft. Naqvi wurde 2019 von britischen Behörden aufgrund eines US-amerikanischen Haftbefehls festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, Spendengelder, unter anderem von der Bill and Melinda Gates Foundation, veruntreut zu haben. In den USA drohen ihm im Fall einer Verurteilung bis zu 291 Jahre Haft.
Das Offizierskorps betreibt ausgiebig Öffentlichkeitsarbeit, um von seinen wirtschaftlichen Aktivitäten abzulenken und seine räuberischen und kleptokratischen Machenschaften zu verdecken. Seine Propagandamaschine, das Medienkonglomerat ISPR, betreibt eines der größten Radiosender des Landes. Es finanziert die Produktion von Filmen und TV-Serien und unterhält eine große Belegschaft an Social-Media-Akteuren, die Kritikerinnen in den Dreck ziehen und seinen Ruf aufrechterhalten sollen. Ziel dieser Kampagnenarbeit ist die Darstellung der Armee als einziger Institution, die den Willen oder die Kapazität besitzt, Pakistan zu schützen.
Vom ISPR finanzierte Filme und TV-Sendungen fokussieren oft auf interne Feinde und geißeln sie als Verbündete der äußeren Widersacher Pakistans. Politiker werden als Feudalherren dargestellt, rückschrittlich, abstoßend und vulgär, im Gegensatz zum Militär, dass modern, urban und patriotisch auftritt und sich um die Anliegen von Minderheiten und Frauen kümmert. Filme wie Alpha Bravo Charlie (1998), Ehd-e-Wafa (»Das Versprechen der Loyalität«, 2019), und Sinf-e-Aahan (»Stählerne Frauen«, 2021) zeichnen das Bild der Armee als Vehikel der Transformation, welche Zivilistinnen aus ihrem rückständigen Landleben befreit und sie zu Mitgliedern der modernen, englischsprachigen Mittelklasse macht, respektvoll und egalitär im Umgang mit dem Rest der Gesellschaft.
Der ISPR arbeitet mit der Presseabteilung des ISI zusammen, um alternative Sichtweisen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen und Propaganda zu generieren, welche die Armee als unersetzliche Triebkraft hinter dem sozialen und politischen Umbau Pakistans darstellt. Quellen innerhalb der Armee berichteten mir gegenüber, dass dieses ideologische Projekt während der Amtszeit des ehemaligen Oberbefehlshabers Ashfaq Parvez Kayani von 2007 bis 2013 begann. Kayani, dem ein Ruf als Intellektueller anhaftete, schuf das Fundament für die soziopolitische Transformation, die Khan später an die Macht bringen sollte.
Letztlich zielt diese Propagandakampagne darauf ab, dem Militär eine immer umfangreichere politische Rolle und damit mehr Macht einzuräumen. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Stephen P. Cohen fasst sein Selbstverständnis wie folgt zusammen: »Es gibt Armeen, die ihre Aufgabe in der Verteidigung der nationalen Grenzen sehen, andere sorgen sich um die Aufrechterhaltung ihrer Position in der eigenen Gesellschaft und wiederum andere haben sich einer Idee oder einem ideologischen Ziel verschrieben. Auf das pakistanische Militär treffen alle drei Beschreibungen zu.«
Doch in ihrem Bestreben, sich als einzig legitime landesweite Institution zu etablieren, hat das Militär sich auch neue Probleme geschaffen. Die Mittelklasse und seine Unterstützer haben nun die Erwartungshaltung, dass es Politiker, die auf der falschen Seite stehen, aus dem politischen Prozess verdrängt. Die Armee präsentiert sich als Verteidiger der Werte der Mittelschicht, im Gegensatz zum dynastischen Establishment, dass für feudale Werte einsteht.
Dynastische Strukturen und Günstlingswirtschaft sind in der pakistanischen Politik sicherlich tief verankert, jedoch bietet die Armee hierzu keine glaubhafte Alternative. Die Generalität neigt dazu, ihre institutionelle Macht dazu zu nutzen, sich die Ressourcen des Staates anzueignen, um sich selbst aus der Mittelklasse zu erheben und Teil der Elite zu werden. Antikorruptionsrhetorik diente ihr dabei, seit den 1980er Jahren mehrere Regierungen zu stürzen. Doch die Generäle selbst sind, wie nun hoffentlich klar sein dürfte, genauso korrupt wie der Rest des Establishments.
Der Kampf gegen Korruption dient dem Militär dazu, unliebsame politische Akteure zu delegitimieren, statt tatsächlich Missmanagement zu bekämpfen. Die höchsten Ränge der Armee förderten Khan anfangs, weil sie mit den traditionellen Parteien ihre Schwierigkeiten hatten. Nach dem Ende von Musharrafs Regierungszeit gab es den bewussten Plan, das traditionelle Zweiparteiensystem zu schwächen, wie ein ehemaliger Geheimdienstchef bestätigte.
Die politischen Akteure, die sich die Ermächtigung der Mittelklasse und die Schwächung dynastischer Strukturen auf die Fahnen geschrieben haben, nutzen Khans persönliches Charisma dazu, um gegenüber den traditionellen Parteien Land zu gewinnen. Das bedeutet nicht, dass die PTI tatsächlich die Interessen der Mittelschichten vertritt; sie orientiert sich genauso an der Elite wie andere Parteien. Doch deren Verteufelung scheint dem Armeechef nun auf die Füße zu fallen, da ihn einige seiner eigenen Leute als Verräter ansehen, der dem Projekt der PTI den Rücken gekehrt hat.
Die Armee zahlt nun den Preis für ihre Machtspiele. Es ist für das gesamte politische Spektrum akzeptabler geworden, ihre Offiziere der politischen Einflussnahme zu bezichtigen – obwohl die Parteien immer noch nicht willens sind, die Ausbeutung der Ressourcen des Landes durch die Generäle öffentlich zu thematisieren. In der Gesamtschau handelt es sich hier um einen Prozess der Vereinnahmung ziviler und militärischer Institutionen durch eine kleine Elite, die, jedenfalls momentan, zusammenarbeitet.
Zwischen beiden Seiten könnte aber eine echte Konfrontation losbrechen, falls der Kuchen, den die Plünderung des Landes hergibt, immer kleiner wird, wodurch sie ihren Anteil nur auf Kosten der anderen aufrechterhalten könnten. Doch Pakistan hat diesen Punkt noch nicht erreicht. Bis dahin wird das Land wahrscheinlich von einer Krise in die nächste schlittern.
Ayesha Siddiqa ist Forscherin am SOAS South Asia Institute and Autorin von Military Inc.: Inside Pakistan’s Military Economy (2016).
Ayesha Siddiqa ist Forscherin am SOAS South Asia Institute and Autorin von Military Inc.: Inside Pakistan’s Military Economy (2016).