02. Oktober 2024
Seit den 1960er Jahren pflanzt Israel Bäume in der Negevwüste und im Westjordanland. Die Aufforstung ist letztlich Greenwashing für die Vertreibung der Menschen vor Ort.
Der Yatirwald im heutigen Israel ist ein komplett aufgeforstetes Waldgebiet in der Wüstenregion, die die Palästinenser Naqab und die Israelis Negev nennen. Die vier Millionen Bäume, aus denen der Wald besteht, wurden seit den 1960er Jahren vom Jüdischen Nationalfonds (JNF) im Rahmen einer langjährigen Kampagne gepflanzt. Dabei wird das Bäumepflanzen in Israel gegenüber jüdischen Spenderinnen und Spendern aus den USA und anderswo als ein wohltätiger Umweltschutzakt dargestellt – und als eine Möglichkeit, geliebten Menschen zu gedenken.
In Wirklichkeit wurden die Forstarbeiter des JNF jedoch von israelischen Polizeikräften begleitet, die mit Gummigeschossen und Tränengas bewaffnet waren. Schließlich mussten für die Pflanzaktionen beduinische arabische Stämme vertrieben werden. Wo heute Bäume stehen, hatten diese zuvor gelebt.
Seit der Staatsgründung 1948 nutzt die israelische Regierung Aufforstungsaktionen, um palästinensische Siedlungen wie die im Gebiet Atir (wie der Yatirwald früher hieß) zu beseitigen, das Wachstum anderer gewaltsam einzuschränken sowie Beweise für bereits zerstörte Siedlungen wortwörtlich überwuchern zu lassen. Organisationen wie der JNF helfen dabei, diese Aktionen zu finanzieren und sie gegenüber den meist ahnungslosen Spenderinnen und Spendern reinzuwaschen.
»Seit der Nakba wird Aufforstung als ein Mittel eingesetzt, um die Vertreibung zu erleichtern und palästinensisches Land zu enteignen«, betont Myssana Morany, Anwältin bei Adalah, einer Organisation, die sich für die Rechte der arabischen Minderheit in Israel einsetzt. Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Zuge israelischer Aufforstung kennt viele Formen: Unmittelbar nach der Nakba wurden offenbar Bäume gepflanzt, um die Ruinen der zerstörten palästinensischen Siedlungen zu kaschieren und die Vertriebenen von der Rückkehr abzuhalten.
Du hast ein Abo, aber hast dich noch nicht registriert oder dein Passwort vergessen?
Klicke hier!
Arvind Dilawar ist Journalist und Redakteur. Seine Artikel erschienen unter anderem bei Newsweek, The Guardian und Al Jazeera.