22. März 2024
Schon in den 1960ern spielten Künstler mit dem Gedanken, dass die sozialistische Kunst der Zukunft mit – oder gar von – Computern gemacht werden könnte.
»Random War« von Charles Csuri, 1967.
Im Jahr 1968, als die Rebellion des Computers HAL 9000 in Stanley Kubricks Klassiker 2001: Odyssee im Weltraum erstmals im Kino zu sehen war, veranstaltete das Insitute of Contemporary Arts (ICA) in London eine Ausstellung unter dem Titel Cybernetic Serendipity (Kybernetische Glückseligkeit). Die Ausstellung wurde von Jasia Reichardt kuratiert und war experimenteller Natur – mit dem Fokus auf der Beziehung zwischen Kunst und neuen Technologien.
Besucherinnen und Besucher des ICA wurden eingeladen, verschiedene Facetten der »Computerkunst« zu entdecken. Anthropomorphe Roboter und automatisierte Mechanismen standen neben geometrischen Skulpturen und technischen Zeichnungen. Es muss zuweilen schwer gewesen sein zu verstehen, was man gerade betrachtete. Die Ausstellung war eine komplexe Ansammlung künstlerischer Techniken und elektronischer Maschinerie, wie die lange Liste der Danksagungen bezeugt: Reichardt dankte den Vertreterinnen und Vertretern von IBM, verschiedener Kunstschulen, dem Imperial College, dem Klassik-Musikverlag Boosey and Hawkes, Bell Telephone Laboratories, dem National Physical Laboratory und dem linken Labour-Politiker Tony Benn, der damals Technologieminister war und bei der Eröffnung eine Rede hielt.
Die Ausstellung wurde in der ersten Ausgabe des Bit International besprochen, einem Magazin aus Zagreb, das an der Schnittstelle von Ästhetik und Informationstheorie angesiedelt war. Darin erklärt der Kritiker Radoslav Putar: »Einige Enthusiasten haben, nachdem sie ein finanzielles Skylla und Charybdis überwunden hatten, eine Ausstellung vorgestellt, die sich mit jenem Tätigkeitsbereich befasst, in dem sich Künstler in der Wissenschaft und Wissenschaftler in der Kunst widerspiegeln.« Obwohl er das radikale Potenzial des Projekts würdigt, beklagt Putar das Fehlen einer stringenten Struktur und einer klaren Botschaft. Cybernetic Serendipity habe es nicht geschafft, das Potenzial des Computerwesens aufzuzeigen.
Auf den Seiten von Bit International findet sich direkt im Anschluss an Putars Besprechung die Ankündigung eines »internationalen Kooperationsprojekts auf dem Feld der visuellen Forschung mithilfe von Computern«. Diese Initiative entstand aus einer größeren Bewegung, die seit 1961 aktiv war: Nove Tendencije. Dabei handelte es sich um eine Reihe von Gruppenausstellungen in Kroatiens Hauptstadt, die ein breites Spektrum neo-avantgardistischer Kunst präsentierten. Die Bewegung war von Anfang an internationalistisch und versammelte Personen aus verschiedenen europäischen Ländern. Die Ausstellungen entwickelten sich von einfachen Darstellungen abstrakter Geometrie in zwei und drei Dimensionen hin zu komplexeren interaktiven Umgebungen – begleitet von theoretischen Manifesten über Kunst und Informationstechnologie.
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Marta Zboralska ist Kunsthistorikerin an der Universität Oxford.