15. Januar 2024
Arbeitsminister Hubertus Heil plant Kürzungen und härtere Sanktionen beim Bürgergeld. Er sendet damit eine klare Botschaft an die arbeitende Klasse: Ihr seid auf euch allein gestellt.
Hubertus Heil geht mutig voran auf dem Weg zurück zur Agenda-Politik.
Friedrich Merz, Alice Weidel, und all die anderen neoliberalen rechten Schwätzer haben die SPD jetzt dort, wo sie sie haben wollen, nämlich zurück auf dem Gerhard-Schröder-Kurs. Bester Beweis: die Kürzungen beim Bürgergeld.
SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil kürzt 270 Millionen Euro beim Bürgergeld weg, 100 Millionen allein beim Bürgergeld-Bonus. Dieser wurde erst vor einem Jahr eingeführt und sollte eigentlich der Beweis dafür sein, dass man mit dem Bürgergeld jetzt mehr auf »Ermutigung statt Sanktionen« setzt. Mehr Zuckerbrot statt Peitsche. Wer einen Computerkurs oder einen Sprachkurs macht, sollte also einen Anreiz bekommen.
Das wird nun einfach gestrichen, entpuppt sich also als hohles Geschwätz von gestern. Und obendrein gibt es jetzt noch die Total-Sanktionen für sogenannte »Total-Verweigerer«: Wer einen zumutbaren Job ausschlägt, kann demnächst bis zu zwei Monate das Bürgergeld komplett gestrichen bekommen. Allein Wohn- und Heizkosten werden weiter übernommen.
»In Wahrheit soll das Gesetz gar kein echtes Problem lösen. In erster Linie hat man damit nur gekuscht vor den Positionen von Friedrich Merz und Alice Weidel.«
Wie viele Personen davon genau betroffen sein sollen oder was genau diese zumutbaren Jobs sind, dazu schweigen Heil und sein Ministerium natürlich. Das wissen Sie nicht. Man kann jedoch auf alte Zahlen blicken: Die Regierung hat einmal mitgeteilt, dass im Jahr 2023 23.000 Personen von Sanktionen wegen mangelhaften Mitwirkens betroffen waren. Es gibt aber 3,9 Millionen Bürgergeld-Empfänger. Es sind also 0,6 Prozent aller Bürgergeld-Empfänger, die für diese Sanktionen infrage kommen. Wie in Gottes Namen will man damit 170 Millionen Euro einsparen? Und welches Problem soll damit eigentlich gelöst werden? Die Wirtschaft will die Leute nicht, den Fachkräftemangel löst es also nicht.
Die Sozialverbände erklären uns permanent, dass es sich dabei vor allem um Leute mit schweren Schicksalsschlägen oder Suchtkrankheiten handelt. Das sind nicht einfach alles Arno Dübels, die keinen Bock auf Arbeit haben, und sagen: »Ich habe mit dem System abgeschlossen.« Das kann glauben, wer auf RTL-Soaps reinfällt. Und diese Leute, die ohnehin schon vom Leben gestraft sind, kriegt man so auch nicht zurück in den Arbeitsmarkt. Man verschärft allein deren Lebenskrise.
Aber in Wahrheit soll das Gesetz gar kein echtes Problem lösen. In erster Linie hat man damit nur gekuscht vor den Positionen von Friedrich Merz und Alice Weidel. Und zweitens sendet Hubertus Heil mit erhobenem Zeigefinger eine Botschaft an die gesamte Arbeiterschaft. Und die Botschaft lautet: »Schaut besser zu, dass ihr eure noch so mies bezahlten Jobs behaltet, denn in der Arbeitslosigkeit wird es noch schmerzhafter.«
Und dass genau das die Botschaft ist, hat das Arbeitsministerium auch ganz unglücklich auf der Bundespressekonferenz verraten. Als nämlich gefragt wurde, wie sich die Einsparungen denn genau zusammensetzen, lautete die Antwort: »Ja, also wie viele Personen von den Sanktionen betroffen sein werden, das können wir jetzt nicht sagen, da haben wir keine Zahlen, aber wir gehen davon aus, dass die präventive Wirkung des Gesetzes die großen Einsparungen bringt.«
Jetzt kann man sich fragen: präventive Wirkung? Ja, die kommt daher, dass man hofft, dass die Leute nicht gekündigt werden, dass sie alles dafür tun, ihren Job nicht zu verlieren oder nicht selbst kündigen, und dass sie, selbst wenn das passiert, sofort jeden anderen Job annehmen. Das ist die präventive Wirkung. Klingt erstmal neunmalklug im Gesetzentwurf, ist aber, wenn man sich ehrlich macht, nichts anderes als ein ausgestreckter Mittelfinger an die gesamte Arbeiterklasse.
Maurice Höfgen ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag und Autor des Buches »Mythos Geldknappheit«. Zudem betreibt er den YouTube-Kanal »Geld für die Welt«.