14. Dezember 2023
Südkorea zeigt der Welt, wie man politische Horrorfilme macht.
»Die Zombies wüten im Reich der koreanischen Joseon-Dynastie.«
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben das südkoreanische Fernsehen und Kino weltweiten Erfolg bei Kritik und Publikum erzielt. Diese Filme und Serien mögen zwar hochglänzend und stylisch daherkommen, sie zeigen mit ihrer Gesellschaftskritik aber oftmals auch die dunklen Seiten Koreas.
Die südkoreanische Filmindustrie hat darüber hinaus zahlreiche Thriller sowie Horror- und Zombiefilme produziert. Auch hier haben große Regietalente das Genre genutzt, um sich mit sozialen Themen auseinanderzusetzen. Das bekannteste Beispiel ist Bong Joon Hos Oscar-prämierter Film Parasite, der zwar kein ausgewiesener Horrorfilm ist, aber doch Spannungselemente mit Sozialkritik vermischt. Mit seiner Darstellung der südkoreanischen Klassenpolarisierung stellt er dem Publikum die Frage, wer in Wahrheit die Parasiten sind.
In seinem Film The Host von 2006 hatte der Regisseur bereits Monster gezeigt, um Erinnerungen an den antifaschistischen Aktivismus in den 1980er Jahren wachzurufen. Es sind Erinnerungen, die um die Jahrtausendwende unter dem neoliberalen gesellschaftlichen Konsens weitgehend unterdrückt wurden. Die Inspiration für The Host stammt von einem realen Vorfall, bei dem US-amerikanische Armeeoffiziere einem koreanischen Leichenbestatter befahlen, Formaldehyd in den Han-Fluss zu kippen. Es gibt somit vorsichtige Anspielungen auf antiamerikanische Stimmungen in Teilen der koreanischen Gesellschaft.
Im Jahr 2021 landete Netflix mit Squid Game einen weltweiten Hit, der inzwischen für eine zweite Staffel verlängert wurde. Die Serie lehnt sich an den japanischen Film Battle Royale aus dem Jahr 2000 an, in dem Teenager gezwungen werden, sich gegenseitig zu ermorden. In der südkoreanischen Serie bringen sich die Benachteiligten des Kapitalismus gegenseitig um, um ihre unüberwindbaren Schulden zu begleichen. Squid Game ist damit nicht nur ein blutiges Spektakel, sondern auch eine scharfe Kritik an der Seelenlosigkeit des »Wirtschaftswunders« im Tigerstaat Südkorea.
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Michael G. Vann ist Professor für Geschichte an der Sacramento State University und Co-Autor des Buches The Great Hanoi Rat Hunt: Empire, Disease, and Modernity in French Colonial Vietnam.