27. November 2020
Mit der SURE-Initiative stellt die EU einen Plan für ein europäisches Kurzarbeitergeld vor. Die Maßnahmen werden als Sozialprogramm für die Beschäftigten verkauft. Doch Hauptprofiteure sind wieder einmal die Unternehmen.
Lohneinbußen aufgrund der Pandemie treffen viele Beschäftigte schwer.
Als die Europäische Kommission erkannte, dass das Coronavirus eine ernste Bedrohung darstellt, startete sie unter anderem eine Initiative zur finanziellen Unterstützung von Kurzarbeitsregelungen in den Mitgliedstaaten. 100 Milliarden Euro Kredite will die EU dafür mobilisieren. Viele Wirtschaftsinstitute fanden von Anfang an, dass diese Initiative angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen durch den Corona-Lockdown nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei.
Regelungen zum Kurzarbeitergeld sollen dazu beitragen, dass Massenentlassungen in der Krise möglichst verhindert werden. Das kommt aber im Wesentlichen den Unternehmen zugute: Sie werden durch das staatliche Kurzarbeitergeld um bis zu 100 Prozent von den Lohnkosten und Sozialbeiträgen entlastet, während die Arbeiterklasse und zum Teil auch die lohnabhängige Mittelklasse Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.
Vorbild dafür war Deutschland. In Reaktion auf die Finanzkrise 2007–2009 wurde damals ein massives Kurzarbeitergeld-Programm aufgelegt – und erneut im ersten Corona-Lockdown im März und darüber hinaus. Ähnliche Maßnahmen wurden in der Corona-Krise auch in manchen anderen EU-Ländern auf nationaler Ebene eingeführt, um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie einzudämmen.
Am 2. April startete die Europäische Union das Programm Support to mitigate Unemployment Risks in an Emergency (SURE). Die Idee war, dass die Mitgliedstaaten billige Kredite aufnehmen könnten, um befristete Kurzarbeitsregelungen zu finanzieren. Schließlich ist die Kapazitätsauslastung vieler Unternehmen drastisch eingebrochen. In einigen Sektoren haben sie sogar bis zu 80 Prozent ihrer Einnahmen eingebüßt. Ohne staatliche Unterstützung, so heißt es, müssten sie viele Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit entlassen.
Manche sagen: Die Aufnahme von Krediten zieht eine höhere Staatsverschuldung nach sich, was sich rächen wird. Außerdem könnten EU-Staaten wie Deutschland, die Niederlande und Skandinavien – die vorher gut gewirtschaftet hätten – schließlich für sich selber sorgen.
Tatsache ist jedoch, dass die EU-Kommission Kredite billiger aufnehmen kann als viele der ärmeren Mitgliedsstaaten. Seit der Finanzkrise wissen wir, dass dies sogar innerhalb der Eurozone gilt, wo etwa Griechenland für seine Staatsanleihen viel höhere Zinsen bezahlen muss als Deutschland. Im Finanzjargon spricht man in diesem Fall von einem »Spread«, also etwa der Differenz zwischen den deutschen und den griechischen oder italienischen Risikoaufschlägen für Staatsanleihen.
Anders wäre es, wenn diese Mitgliedstaaten direkt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Kredite aufnehmen könnten – mit einem Zinssatz, der für alle Länder gleich niedrig wäre. Aber die EU-Verträge verbieten so etwas ausdrücklich. Die Regierungen müssen daher Kredite bei privaten Banken und Finanzinstitutionen aufnehmen, die eine »Risikoprämie« verlangen. Diese ist umso höher, je desolater die wirtschaftliche Lage eines Landes ist.
Die Europäische Kommission präsentiert nun ihre SURE-Initiative – und andere ähnliche Kredite im Rahmen ihres Corona-Rettungsprogramms – als leuchtendes Beispiel europäischer »Solidarität«. Doch tatsächlich handelt es sich in diesen Fällen nur um eine sehr moderate Korrektur einer grundsätzlich unsolidarischen und auf Marktdisziplin basierenden Konstruktion.
Da die EU zum ersten Mal in großem Umfang Kredite aufnimmt, müssen nun umständliche und zeitraubende Manöver vollführt werden, um sie an die EU-Staaten weiterzuleiten. Die EZB hingegen könnte den Banken im Handumdrehen Milliardenbeträge zur Verfügung stellen, wie sie es auch in ihrer expansiven Geldpolitik der Quantitativen Lockerung getan hat und weiterhin tut.
Die bereits am 2. April offiziell gestartete SURE-Initiative brauchte dagegen bis Ende Oktober, also mehr als ein halbes Jahr, um die ersten »solidarischen« Kredite an Italien (10 Milliarden Euro), Spanien (6 Milliarden Euro), Irland (2,5 Milliarden Euro) und Polen (1 Milliarde Euro) weiterzuleiten. Die »Unterstützung im Notfall« kommt also ziemlich spät.
Wie kommt das? Um diese Kredite aufnehmen zu können, musste die EU-Kommission zunächst Garantien von den Mitgliedstaaten einholen. Alle 27 Mitgliedstaaten mussten im Verhältnis ihres Landes am Bruttonationaleinkommen der EU rechtlich verbindliche Beiträge zusichern, um einen Gesamtbetrag von 25 Milliarden Euro zu garantieren. Erst am 22. September konnte die Kommission berichten, dass diese Operation abgeschlossen war. Und das, obwohl nur noch die Mittelbindungen, nicht aber die Zahlungen vorgenommen werden mussten. Erst mit dieser EU-Garantie in der Tasche, war die Kommission dann in der Lage, einen viermal höheren Betrag an den Finanzmärkten aufzunehmen.
Durch die EU-Garantie wird den Anlegerinnen und Anlegern ein Großteil des Ausfallrisikos abgenommen, wenn sie Anleihen der Kommission zeichnen. Dadurch erzielt die EU-Kommission eine sogenannte Hebelwirkung: Mit 25 Milliarden Euro Garantien kann sie locker 100 Milliarden Euro für SURE einsammeln. Zu diesem Zweck musste ein Bankenkonsortium zur Ausgabe von Anleihen herangezogen werden – eine Operation, die über Barclays, BNP Paribas, Deutsche Bank, Nomura und UniCredit abgewickelt wurde. Es ist zu erwarten, dass noch in diesem Jahr eine weitere Kreditlinie aufgenommen wird und eine nächste im kommenden Jahr. Und in all diesen Fällen wird das gleiche Verfahren erneut durchlaufen werden müssen.
In gewisser Weise war das Zusammentragen der Verpflichtungen der 27 Mitgliedsstaaten – für EU-Standards – ein Erfolg. Denn in Ländern, in denen das Wüten gegen die »Schuldenunion« inzwischen zur Identität einiger rechter und konservativer Parteien gehört, hätte eine solche Forderung durchaus politische Unruhen provozieren können. Dies wurde bislang vermieden. Am 22. September ließ die Kommission freudig verlautbaren, dass »die freiwillige Zusage von Garantien ein wichtiger Ausdruck der Solidarität angesichts einer beispiellosen Krise ist«. Ein Bankenkonsortium verkaufte diese »sozialen Anleihen« nur einen Monat später gegen eine unbekannte Gebühr und mit dem ungestümen Enthusiasmus der Finanzinvestoren im Rücken. Frohlockende Erklärungen der Kommission kamen prompt: Diese Begeisterung spiegele das große Vertrauen wider, das die Märkte in die Kreditwürdigkeit der EU setzen, hieß es.
In der Zwischenzeit veröffentlichte die Kommission eine Übersicht über die Kreditbeträge, die möglicherweise von verschiedenen Ländern beantragt werden könnten. Zum Beispiel könnte Spanien 21,3 Milliarden Euro, Italien 27,4 Milliarden Euro, Polen 11,2 Milliarden Euro, Portugal 5,9 Milliarden Euro und Griechenland 2,7 Milliarden Euro beantragen.
Eine ganze Reihe von Ländern wie etwa Deutschland, Niederlande, Österreich, Dänemark oder Finnland fehlen in der Auflistung. Dafür gibt es auch einen guten Grund: Sie können sich Kredite auf den Finanzmärkten deutlich billiger leihen. Nach Angaben der Financial Times hat die Kommission einen Kreditzins von etwa minus 0,24 Prozent gewährt. Eine negative Zinsrate bedeutet, dass die Finanzmärkte bereit sind, eine Prämie zu zahlen, nur um sichere Anleihen in ihren Besitz zu bekommen.
Wenn wir das SURE-Programm insgesamt betrachten, gibt es wenig Grund, von einem Erfolg der europäischen Solidarität zu sprechen. In erster Linie handelt es sich um Kredite, die von den Nationalstaaten und damit weitgehend von der arbeitenden Bevölkerung getragen werden. Zweitens wird lediglich eine leichte Korrektur des selbst auferlegten Verbots von Direktkrediten der EZB an die Mitgliedsstaaten vorgenommen. Hinzu kommt, dass wohl kaum von einer »Notintervention« die Rede sein kann, wenn es mehr als sechs Monate dauert, um in einer Situation des Notstands eine vergleichsweise begrenzte Initiative zu ergreifen – die EU reagiert da stets im Schneckentempo.
Dürftig ist die Initiative allemal: 100 Milliarden Euro – weniger als 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU. Davon die ersten rund 31 Milliarden Euro ausgezahlt, während Europa schon längst mit einer zweiten Coronawelle zu kämpfen hat.
Es bleibt abzuwarten, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert. Vielleicht sind die derzeitigen Regierungen Italiens, Spaniens und Portugals, um nur einige zu nennen, wegen des zweiten Corona-Lockdowns verzweifelter geworden – und daher nun bereit, die SURE-Darlehen aufzunehmen. Die Situation in Italien ist in der Tat sehr prekär. Die Europäische Zentralbank überlegt schon, ein Gegengewicht zu diesen »leichten keynesianischen Ausgaben« zu setzen. Ihre Analyse lautet wie folgt: Mit ihrer lockeren Geldpolitik und dem indirekten Ankauf von Staatsanleihen habe sie manche EU-Staaten wie Spanien und Italien zu sehr entlastet, weshalb diese auf die von der EU vorgeschlagenen Kreditprogramme (750 Milliarden Euro Corona-Rettungsprogramm mit Auflagen) nur zögerlich reagierten.
Wenn die EU aufgrund der Unterstützung der Finanzmärkte für das SURE-Kreditprogramm von einem Erfolg spricht, dann stimmt das. Es wurden nur Anleihen in der Höhe von 17 Milliarden Euro angeboten, aber die überwältigende Nachfrage belief sich auf satte 233 Milliarden Euro. Die Nachfrage wurde damit um das 13-fache übertroffen – und das bei einem negativen Zinssatz.
Hier zeigt sich einer der tiefsten Widersprüche des neoliberalen Kapitalismus, insbesondere im Kontext der EU – ein Widerspruch, der seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor 12 Jahren nie überwunden worden ist. Investitionen hinken hinterher, während Unternehmen und Finanzinstitutionen auf einem phänomenalen Geldberg sitzen. Letztere sehen zu geringe Gewinnchancen und eine ungewisse Zukunft. Die EZB hat versucht, etwas dagegen zu unternehmen, indem sie Tausende von Milliarden von Geldern in das System gepumpt hat. Das ist keineswegs eine Übertreibung. Ende 2018 etwa konnte die EZB durch die Quantitative Lockerung billiges Geld in Höhe von 2600 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, und mit weiteren Programmen, wie dem Pandemic Emergency Purchase Programm (PEPP) nochmal weitere 1350 Milliarden Euro.
Trotz all dieser »Anreize« der Zentralbank, bauten Unternehmen und Investoren noch größere Spar- und Schattenbankoperationen auf. Statt zu investieren, trieben sie die Finanzialisierung weiter voran: durch Aktienrückkäufe, Finanzinvestitionen, fette Dividenden an die Aktionärinnen und Aktionäre – und vor allem durch das Horten von Bargeld. Wie der Wirtschaftsjournlist Thomas Fricke feststellt, waren die Geldreserven deutscher Unternehmen noch nie so groß wie heute. Laut Fricke stiegen die »liquiden Mittel der Unternehmen« in Deutschland von rund 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung auf rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2013. Der gleiche Trend ist seit den 1990er Jahren weltweit zu beobachten – in den USA, Japan und zahlreichen weiteren Ländern.
So lässt sich die absurde Situation erklären, dass jetzt Zentralbankgelder und Staatsanleihen zu negativen Zinssätzen verliehen werden und den Unternehmen und Banken tausende Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Letztere zögern jedoch immer, wenn es darum geht, in den dringend notwendigen sozialen und ökologischen Umbau zu investieren. Der vielgelobte »Marktmotor« funktioniert also nicht. Die EZB schafft es bei diesem Investitionsstreik der Unternehmen nicht einmal, ihr Ziel einer Inflationsrate von nahezu 2 Prozent zu erreichen. Stattdessen schrappt die EU-Wirtschaft seit der Finanzkrise sehr nahe an einer Deflation vorbei, mit all ihren negativen Folgen.
SURE wird als Sozialprogramm vorgestellt, das es den Beschäftigten ermöglicht, trotz der Corona-Krise ihren Arbeitsplatz zu behalten. Dass auch vor allem die Großunternehmen davon profitieren, werden einige als Win-Win-Situation betrachten. Tatsächlich retten jedoch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Unternehmen. Denn es ist letztendlich der Staat, der ihnen die Gelder stellt, um die Beschäftigten finanziell irgendwie über Wasser zu halten.
Die Hoffnung ist: Wenn ein Wirtschaftsaufschwung einsetzen sollte, könnten die Unternehmen auf qualifizierte Arbeitskräfte setzen. Diese würden dann dabei helfen, ihre Geschäftsmöglichkeiten wieder zu verbessern. Das mag auch für die Arbeitskräfte von Vorteil sein: Zumindest werden sie nicht sofort arbeitslos, wie es noch in in den 1920er und 30er Jahren der Fall war. Je länger die Krise allerdings anhält, desto zahlreicher werden die Entlassungen. Die Kosten für die Kurzarbeits-Regelungen – angefangen bei den damit einhergehenden Einkommensverlusten – werden den Arbeitskräften auferlegt. Die großen Konzerne erhalten hingegen fast jede von ihnen geforderte staatliche Unterstützung – wie schon in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007-2009. Das ist bürgerliche »Klassenpolitik«.
Das Gesamtbild ist also nicht neu: Wieder springen die nationalen Regierungen in die Bresche, wenn die Gewinnaussichten des privaten Sektors bedroht sind. Da sich die nationalen Staatsschulden und -defizite von der Finanzkrise noch keineswegs erholt haben, wird hier eine jahrzehntelang andauernde Katastrophe verdrängt und verlängert.
Defizite in den Staatsfinanzen werden immer von der Arbeiterklasse bezahlt, sei es durch Lohnzurückhaltung, höhere Steuern oder geringere Sozialleistungen. Und das gilt nicht nur für das SURE-Programm, sondern für alle Corona-Rettungsmaßnahmen, die von den nationalen Regierungen und der EU-Ebene ergriffen werden.
Die monetäre Finanzierung wäre eine bessere Herangehensweise. Die EZB könnte den Mitgliedsstaaten zinslose Darlehen mit einer Laufzeit von beispielsweise 1000 Jahren zur Verfügung stellen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die Staatsschulden nehmen in diesem Fall dann nicht zu. Das ist die Idee hinter dem Konzept der »ewigen Anleihen« oder den sogenannten »Consols«.
Das mag mit den aktuellen EU-Verträgen nicht vereinbar sein. Doch innerhalb des Rahmens der geltenden EU-Verträge ist schlichtweg kein nachhaltiger Lösungsansatz zur monetären Gegensteuerung zu finden. Es gibt noch einen weiteren Einwand. Es stimmt, dass die öffentliche Verschuldung durch Consols nicht steigen würde. Aber wieder einmal würde ein öffentliches Instrument eingesetzt – in diesem Fall die Geldpolitik –, um die Gewinnaussichten des privaten Sektors zu retten, wie es die EZB mit ihrer im internationalen Vergleich recht bescheidenen lockeren Geldpolitik schon tut, während die U.S. Zentralbank alle Register zum Vorteil der Wall Street zieht. Das alles ist verwerflich: nicht nur unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Effizienz.
Denn schließlich gibt es neben mehr Staatsverschuldung und monetärer Finanzierung noch eine dritte Möglichkeit: Über Steuern und öffentliche Investitionslenkung könnte der Staat das Geld nämlich dorthin schleusen, wo es am dringendsten benötigt wird, nämlich in den sozial-ökologischen Umbau der Ökonomie. Das wäre sozial und ökologisch gerechter. Mittlerweile beklagen sogar der Internationale Währungfond (IWF) und die Weltbank die weltweit immer noch wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die es zu bekämpfen gelte.
Thomas Fricke führt das »hehre Geldzurücklegen« der Kapitaleignerinnen und Kapitaleigner unter anderem auf Steuerreformen zurück, die solche Praktiken attraktiver machten. Die logische Konsequenz ist, dass eine hohe Steuer auf das gehortete Geld der Finanz- und Industrieakteure und eine staatliche Investitionslenkung diese Mittel wieder in Umlauf bringen könnte. So ließe sich dafür sorgen, dass investiert werden muss und sich horten nicht mehr lohnt.
Ein Teil der Investitionen kann dabei den Arbeitskräften zugute kommen, beispielsweise durch eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohneinbußen und eine generelle Erhöhung der Löhne, die im Gegensatz zu spekulativen Investitionen in kürzester Zeit wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen. Wenn das gehortete Geld in den »realen Wirtschaftskreislauf« zurückkehrt, also investiert wird, kann das langfristig eine gewisse Inflation verursachen. Die EZB strebt ohnehin an, wieder eine Inflationasrate nahe 2 Prozent zu erreichen. Ein anderer Teil kann eine nachhaltige Entwicklung fördern, zum Beispiel durch Investitionen in fossilfreie Industrien, Infrastruktur, Dienstleistungen und den Schutz der Biodiversität.
Der fiskalische Ansatz hat gegenüber dem monetären auch den Vorteil, dass er auf die radikale Umverteilung von gesellschaftlichem Reichtum zielt. Denn auch Unternehmen sind nicht alle gleich. Viele mittlere und kleine Betriebe können nur schwer überleben und viele Solo-Selbständige haben prekäre Einkommen, wohingegen die großen Konzerne nicht wissen, was sie mit ihrem ganzen gehorteten Geld anfangen sollen. Eine angemessene Steuerpolitik kann hier viel bewirken und würde der neoliberalen Strategie der EU entgegentreten. Das wäre ein erster Schritt, um eine sozial-ökologische Transformation einzuleiten.
Man kann es nicht oft genug sagen: Außergewöhnliche Probleme erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die gesellschaftliche Linke muss sich eine noch weit darüber hinausreichende Strategie auf ihre Fahnen schreiben. Denn es gibt eine Alternative zur marktorientierten Politik der EU: den langwierigen, internationalistischen Kampf für einen Ökosozialismus.
Klaus Dräger war langjähriger Mitarbeiter der Linksfraktion im Europäischen Parlament (GUE/NGL) im Bereich Beschäftigungs- und Sozialpolitik.
Herman Michiel ist Redakteur der niederländisch-flämischen Webseite Ander Europa.
Herman Michiel ist Redakteur der niederländisch-flämischen Website »Ander Europa«.
Klaus Dräger war langjähriger Mitarbeiter der Linksfraktion im Europäischen Parlament (GUE/NGL) im Bereich Beschäftigungs- und Sozialpolitik.