03. Oktober 2023
In Elon Musks Tesla-Fabrik werden Arbeiterinnen und Arbeiter ausgebeutet und verletzt. Doch die Politik stellt sich schützend vor den reichsten Mann der Welt.
Musk beim Richtfest der neuen Teslafabrik in Berlin-Brandenburg, 3. September 2020
Während Elon Musk online Werbung für den Faschismus macht, verbrennen sich Arbeitende in seiner Giga-Fabrik in Grünheide durch Salzsäure am ganzen Körper, verletzen sich durch herabfallende Maschinen oder amputieren sich Gliedmaßen. Die Zahl der Arbeitsunfälle ist verstörend. Allein im ersten Jahr der Giga-Fabrik fuhren beziehungsweise flogen 247 Mal Rettungswägen und Hubschrauber ein. Hier gibt es fast täglich Unfälle.
Tesla rekrutiert dabei migrantische Arbeitskräfte aus dem Osten, zum Beispiel aus Polen. Damit der Konzern auch tarifbindende Löhne umgehen kann, bezieht er viel Leih- und Zeitarbeit. Die Löhne liegen 15 bis 20 Prozent unter dem Durchschnitt.
Die Giga-Fabrik von Elon Musk ist jetzt schon einer der größten Betriebe im Osten Deutschlands und Musk plant eine weitere Vergrößerung. Die Arbeit in der neuen Tesla-Fabrik richtet sich aber nicht nur gegen die menschlichen Körper sondern auch gegen unsere Umwelt. Ständig treten Stoffe aus, wie zum Beispiel 13 Tonnen Aluminium oder 100 Liter Diesel, sodass die Trinkwasserqualität vor Ort nachhaltig belastet werden könnte. Die Produktion könne außerdem dazu führen, dass nicht genug Grundwasser für die Bevölkerung vor Ort bleibt, da der Betrieb so viel zieht.
»Die Politik fördert eine Produktion, die im Begriff ist, uns die Lebensgrundlage zu entziehen.«
Die Politik scheint nicht nur schon lange Bescheid gewusst zu haben, sondern dezidiert im Interesse Teslas zu handeln. So zeigen Recherchen von FragDenStaat, wie Politiker und deutsche Behörden mit Mails um die Gunst von Elon Musk und seinem Betrieb buhlen, und dabei Tipps geben, wie diese demokratische Grundrichtung umgangen werden kann. So kamen etwa Anweisungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, wie Presse zu umgehen ist. Die Beamtinnen des Ministeriums füllten sogar Anträge Teslas aus, wenn es um Bewerbungen zu Finanzierungshilfen über die EU ging, oder vergaben kurzfristige Visa für chinesische Tesla-Mitarbeiter in der Corona-Zeit.
Nicht nur abstrakt, sondern ganz konkret regiert die Politik hier im Sinne der Wirtschaft und der Profitmaximierung – auf dem Rücken von Arbeitenden, die für ein paar Euro körperlich zerstört werden. Sie fördert eine Produktion, die im Begriff ist, uns die Lebensgrundlage zu entziehen. Kein Wunder also, dass Kapitalisten wie Musk auch online zum Stopp der Finanzierung deutscher Seenotrettung aufrufen können, wenn seine Vertreter in der Politik jederzeit für ihn in die Bresche springen.
Von amputierten Gliedmaßen bis zur Einschränkung der Pressefreiheit: Vom Klassenfeind zu reden, ist keine Abstraktion oder Metapher, sondern bezieht sich ganz konkret auf diese gewaltvolle Gefährdung unserer Leben. Wenn Staat und Kapital sich Hand in Hand gegen uns richten, ist das letzte Mittel, das bleibt die Organisierung der Arbeitenden.
Simin Jawabreh (@siminjawa) arbeitet an der Humboldt-Universität zu Berlin im Lehrbereich Theorie der Politik, in der politischen Bildung und ist Kolumnistin bei JACOBIN.