06. Dezember 2024
Vor 500 Jahren wurde dem Reformator Thomas Müntzer der Kopf abgeschlagen. Mit seiner sozialrevolutionären Bibelauslegung hatte er den Aufständischen im deutschen Bauernkrieg eine Stimme gegeben und katholische wie lutheranische Fürsten in Angst und Schrecken versetzt.
»Im Jahr 1525 war die Religion die Hebamme der Revolution.«
Am 27. Mai 1525 kniete vor den Toren von Mühlhausen in Thüringen ein Mann vor einem Richtblock. Wenige Augenblicke später war er tot. Sein Kopf wurde auf einen Pfahl gesteckt und auf einem prominenten Platz in der Stadt ausgestellt. Seinen Leichnam spießte man an der Hinrichtungsstätte auf und überließ ihn der Verwesung.
Dieser Mann war der Reformprediger Thomas Müntzer. Als er starb, war er 35 Jahre alt. An diesem Tag wurden auch etwa fünfzig Anhänger Müntzers hingerichtet. Zwei der damals mächtigsten Männer Deutschlands, Herzog Georg von Sachsen, ein stolzer Katholik, und sein Cousin Herzog Johann, ein überzeugter Anhänger der von Martin Luther geführten Kirchenreformbewegung, verfolgten das grausige Spektakel mit einiger Genugtuung.
Bei den Opfern des Henkers handelte es sich hauptsächlich um einfache Bürger und Bauern aus der Umgebung. Doch der Tod dieser fünfzig Männer in Mühlhausen war nur ein Tropfen in einem Meer von Blutvergießen. Zwölf Tage zuvor waren wenige Kilometer nördlich 6.000 Bauern in einem gnadenlosen Massaker niedergemetzelt worden, das heute als Schlacht bei Frankenhausen bekannt ist.
Ihr Verbrechen bestand darin, dass sie sich gegen die feudale Autorität von Männern wie Herzog Georg und Herzog Johann aufgelehnt hatten. Überall in Deutschland trafen 1525 Heere von Bauern und Städtern auf die militärische Macht der großen Fürsten. Dabei starben Zehntausende von Menschen aus dem einfachen Volk.
Wer war nun dieser Thomas Müntzer? Einzelheiten über sein frühes Leben sind ungewiss. Wir vermuten aber, dass er 1489 in der Stadt Stolberg im Harz geboren wurde. Er studierte an den Universitäten Leipzig und Frankfurt an der Oder und entschied sich dann für eine kirchliche Laufbahn, die Lehre und religiöse Aufgaben miteinander verband. Der Öffentlichkeit wurde er erstmals 1519 in Jüterbog bekannt, als er Mönche und Bischöfe als »Tyrannen« und »Ehebrecher« anprangerte.
Dies geschah mit der vollen Zustimmung Martin Luthers, der zwei Jahre zuvor seinen eigenen Feldzug gegen die römische Kirche begonnen hatte. Später wurde Müntzer zum Prediger in Zwickau ernannt, wo er 1520/21 zusammen mit radikalisierten Webern gegen jene Klöster und Priester vorging, die der römisch-katholischen Kirche treu blieben. Aus Zwickau vertrieben, reiste er nach Prag, wo ein Jahrhundert zuvor die hussitische Reformation stattgefunden hatte.
Nachdem er gezwungen war, auch Böhmen wieder zu verlassen, kehrte er nach Deutschland zurück und fand schließlich eine neue Stelle in der kleinen Stadt Allstedt in Sachsen. Hier setzte er seine eigenen Reformen der Messe durch: Sie wurde nun vollständig in deutscher Sprache abgehalten, wobei Müntzers eigene Bibelübersetzungen verwendet wurden. So kam es vor, dass die Gemeindemitglieder Lieder sangen, die zum Sturz der »gottlosen Tyrannen« aufriefen.
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Andrew Drummond ist ein schottischer Historiker, Übersetzer und Autor unter anderem des Buches The Dreadful History and Judgement of God on Thomas Müntzer: The Life and Times of an Early German Revolutionary (Verso, 2024).