20. Mai 2024
Toussaint Louverture, der an diesem Tag im Jahr 1743 geboren wurde, führte den Schwarzen Aufstand an, der in der Haitianischen Revolution gipfelte. Damit versetzte er dem System von Kolonialismus und Sklaverei einen entscheidenden ersten Schlag.
Nahaufnahme einer Zeichnung von Toussaint Louverture zu Pferd, 1802.
Sowohl in den Annalen der Geschichte als auch in der Studie, die der Schriftsteller Aimé Césaire ihm 1960 gewidmet hat, tritt Toussaint Louverture erstmals zwei Jahre nach dem Sturm auf die Bastille zu Beginn der Französischen Revolution auf. Im August 1791, im Alter von fast fünfzig Jahren, besteigt er die Bühne der Geschichte als Anführer des Sklavenaufstands in Saint-Domingue.
Der am 20. Mai 1743 als Sklave geborene antikoloniale Anführer war zunächst als Toussaint Bréda bekannt, nach einer Plantage in der Nähe von Haut de Cap, auf der er lebte. Dort wurde er zum Zünder für die revolutionären Ideen aus Paris, die nach ihrem Weg über den Atlantik zu einer der wichtigsten politischen Umwälzungen der letzten Jahrhunderte führten.
Dieses karibische Territorium war ein Dreh- und Angelpunkt der imperialen Ordnung des 18. Jahrhunderts und eine der reichsten Kolonien der damaligen Welt. Doch in dem Land, in dem Sklavinnen und Sklaven fast 90 Prozent der Bevölkerung ausmachten, revoltierten die Unterdrückten gegen das koloniale Monster – und besiegten es.
In Césaires Worten zeigten die Rebellinnen und Rebellen nicht nur, wie »die Rechte des Menschen oft auf die Rechte des europäischen Menschen allein reduziert worden waren«, sondern sie leiteten auch die »Abschaffung des Kolonialzeitalters in der amerikanischen Hemisphäre« ein. Das imperialistische und kolonialistische Europa hatte die ganze Welt in die Knie gezwungen; nun war seine Unbesiegbarkeit endlich gebrochen.
Toussaint Louverture war eine viel diskutierte, schwer fassbare und in der Tat umstrittene Figur und wurde schon während dieser Ereignisse weltweit bekannt. In den letzten Jahrzehnten hat er vor allem dank C. L. R. James’ Klassiker Die schwarzen Jakobiner von 1938, einem der einflussreichsten historischen Werke des 20. Jahrhunderts, wieder an Bekanntheit gewonnen. Auch in jüngster Zeit mangelt es nicht an Studien, die die Komplexität der Revolution in Saint-Domingue und die besondere Rolle von Louvertures Führung, seinem Pragmatismus, seinem militärischen Geschick und seiner machiavellistischen Diplomatie beleuchten.
Doch Césaires Buch bleibt aufgrund seiner aufschlussreichen Darstellung der »drei Momente«, die für die Reifung des revolutionären Prozesses erforderlich sind, ein Meilenstein. Als langjähriger Politiker – aber auch Dichter, Geschichtenerzähler und Essayist – blickte Césaire tief in die Widersprüchlichkeit des allmählichen Umsturzes der »weißen« Macht in der Karibik. Die dortigen Ereignisse markierten den ersten wirklichen Schritt in einem langen Entkolonialisierungsprozess, der 1960 seinen Höhepunkt erreichte. Nicht zufällig erschien im selben Jahr die erste Auflage seines Buches Toussaint Louverture.
Wie James bereits dargelegt hatte, brachte die haitianische Sklavenrevolution einen eklatanten Widerspruch zwischen Prinzipien und materiellen Interessen zum Vorschein. Wenn, »der Sklavenhandel und die Sklaverei die wirtschaftliche Grundlage der Französischen Revolution waren« und »ein großes Reich und ehrliche Köpfe schlecht zusammenpassen«, wie James sagt, so war es bei der Entwicklung von Privilegien, die um die Hautfarbe herum aufgebaut wurden, »der Streit zwischen Weißen und Mulatten, der die schlafenden Sklaven aufweckte«.
In Frankreich wurde dieser Streit am 2. März 1790 mit der »ersten großen Kolonialdebatte in der französischen Parlamentsgeschichte« entfacht. Wie Césaire erklärt, geschah dies unter dem Druck der »Mulatten«, die, den Forderungen der Kolonisten folgend, auch für sich selbst gleiche Rechte forderten. Als sie ignoriert wurden, sahen sie ihren einzigen Ausweg in der Rebellion.
Die anschließende »Schwarze Revolution« wurde durch die beiden zuvor gescheiterten Versuche erst möglich. Der erste war jener der »weißen« Siedler, die sich um den Zugang zu den Rechten bemühten, die die Nationalversammlung theoretisch für »alle Menschen« proklamierte, während sie bei den außerhalb des französischen Festlandes Geborenen zögerten und jeden ausschlossen, der eine dunklere Hautfarbe hatte als sie selbst: die »Farbigen«, in der Regel »Mulatten«, die aus Beziehungen zwischen Siedlern und Sklaven oder ehemaligen Sklaven hervorgingen.
Gerade die versuchte Rebellion der »Mulatten«, der »freien Farbigen«, die sich im Allgemeinen überhaupt nicht um die Rechte scherten, die der großen Masse der Sklaven vorenthalten wurden, verschaffte diesen ihre große Chance. Diese drei Phasen bilden, kurz gesagt, die drei Bücher von Césaires umfangreicher Studie über die Zeit von 1789 bis 1804 auf beiden Seiten des Atlantiks: »Der Dissens unter den reichen Weißen«, »Der Mulattenaufstand« und die »Schwarze Revolution«.
»Im August 1791 betrat Toussaint Bréda – der drei Jahre später beschloss, den Namen Toussaint Louverture anzunehmen – die Bühne der Geschichte. Eine Bühne, auf der er Zeit seines Lebens bleiben sollte.«
Im Mittelpunkt der letztgenannten standen die Tage Ende August 1791, als die »Mulatten« vergeblich versuchten, die Gelegenheit einer »Schwarzen Revolte« zu ergreifen, als »zahllose Horden, mit Wut im Herzen und Messern in den Händen, die nördlichen Ebenen« von Saint-Domingue überrannten. Sie versuchten, den Aufstand auszunutzen – und ihn auch rechtzeitig zu stoppen. Sie waren es, die im März und April 1793 die Orte der weißen Macht stürmten und diese vorübergehend überwältigten. Césaire bemerkte dazu: »Tatsache ist, dass es den Schwarzen in kurzer Zeit gelungen war, eine kleine, verachtete Kaste, eine an der Leine gehaltene soziale Gruppe – und die Revolution ist die Lokomotive der Geschichte – in eine Klasse zu verwandeln, die sich gegen die anderen durchgesetzt hatte und ohne die es unmöglich war zu herrschen«.
Aber abgesehen von einigen vereinzelten Stimmen hatten sowohl die »Mulattenführer« als auch die Revolutionäre in Frankreich das Problem nicht hinreichend klar verstanden, auch nicht in brutalen quantitativen Begriffen: das »schreckliche Negerproblem«. Von Paris war nichts zu erwarten, fasst Césaire noch einmal zusammen: »Die französischen Versammlungen haben viel über die Neger geredet, aber sehr wenig für sie getan.« In jenen Tagen Ende August 1791, als zweihundert Zuckermühlen und sechshundert Kaffeeplantagen zerstört und Hunderte Weiße getötet wurden, tauchte ein Anführer für die Revolte auf, »als sie durch ihre Beharrlichkeit den Moment erreicht hatte, in dem sie in einen Aufstand übergehen konnte«.
Im August 1791 betrat Toussaint Bréda – der drei Jahre später beschloss, den Namen Toussaint Louverture anzunehmen – die Bühne der Geschichte. Eine Bühne, auf der er Zeit seines Lebens bleiben sollte. In Césaires Werk wird er in epischer Breite vorgestellt, mit einem Eifer, der sich durch das gesamte Werk des Négritude-Dichters zieht:
»Er war der Kutscher eines Landwirts, Bayon de Libertas, rechtmäßiger Verwalter der Bréda-Siedlung, die dem Grafen Noé gehörte – daher der Name, den Toussaint eine Zeit lang erhielt: Toussaint Bréda, bekannt als Louverture. Der 48-jährige Mann konnte lesen und schreiben und genoss aufgrund seiner Entschlossenheit und intellektuellen Überlegenheit ein gewisses Ansehen unter seinesgleichen. Er war ein wertvoller Rekrut für die Rebellion. So wertvoll, dass es unmöglich war, seine Bedeutung zu schätzen. Indem die Rebellion den »alten Toussaint« in ihre Reihen aufnahm, glaubte sie, eine Art Nestor willkommen zu heißen. Er war in der Tat ein Anführer, das heißt ein Anführer, den die Rebellion sich selbst gab… Toussaint war ein Mann mit Taktgefühl. Er verstand es, sich in die Szene zu begeben und von ihr Besitz zu ergreifen, ohne jemanden zu beunruhigen.«
»Als Toussaint Louverture ankam«, schreibt Césaire abschließend, »kam er, um die Erklärung der Menschenrechte wörtlich zu nehmen«. Indem er das »unmoralische Farbvorurteil« skizziert, das die Französische Revolution vor sich hertrug – in der Tat hatte eine Debatte nach der anderen in den Jahren 1790/91 die Institutionalisierung der Sklaverei nur bestätigt –, stellt der martinikanische Dichter fest, dass weder Weiße noch mitschuldige »Mulatten« die Revolution hätten auslösen können. Es bedurfte eines »politischen Geistes«, der davon überzeugt war, dass die Eroberung der »allgemeinen Freiheit« eine »langfristige Aufgabe« sein würde, und außerdem das Werk »der Schwarzen, die diese Idee in ihren eigenen Köpfen reifen lassen mussten, und nicht in den Köpfen der Kolonisten«. Und so war es auch.
Toussaint Louverture gelang es, sein Volk militärisch zu führen und gleichzeitig »eine Nation inmitten des Kampfes zu schmieden«. Mitten in den 1790er Jahren wurde in der Karibik »ein Führer für das schwarze Volk von Saint-Domingue« geboren: »ein Revolutionsführer, ein Mann, der mit den Massen verbunden ist, der neue Fähigkeiten offenbart, je nachdem, wie die Ereignisse ihn mit neuen Aufgaben betrauen. Ein Mann des Denkens, ein Mann der Tat, ein Diplomat, ein Verwalter, alles Qualitäten, die je nach Bedarf in den Vordergrund traten. Toussaint Louverture war all dies, und wir können nur erschaudern bei dem Gedanken, dass sein Genie, wenn es von den Menschen übersehen und nicht genutzt worden wäre, sich in der Sklaverei hätte verlieren können.«
»Trotz aller Widersprüche war der Aufstand in Saint-Domingue der erste und einzige Sklavenaufstand, der zu einer Revolution wurde.«
In den Jahren zwischen 1794 und 1801 stellten sich die Truppen der Rebellen von Saint-Domingue unter der Führung von Louverture in den Dienst der französischen Republik. Am 4. Februar 1794, nach fast vier Jahren des Zauderns und Schwankens, brachte diese Republik die Französische Revolution schließlich zur Abschaffung der Sklaverei.
Louverture war ein ehrgeiziger Mann (welcher Anführer ist das nicht?) mit ambivalenten und sogar widersprüchlichen Einstellungen. Er kämpfte immer wieder unter verschiedenen Bannern, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Zunächst war er Monarchist, dann kollaborierte er mit zwei anderen Imperien, dem britischen und dem spanischen, schließlich kämpfte er unter der französischen Trikolore, nur um von Frankreich selbst verraten zu werden. Dennoch entwickelte er feste, unumstößliche und radikale Prinzipien, die er in einem Brief an das Direktorium im Juni 1798 zusammenfasste, in dem er sich bitter über die Verschwörungen äußerte, die er in Saint-Domingue sah.
Er erneuert darin seinen Schwur, sowohl für sich selbst als auch für die Männer und Frauen, die sich von ihren Ketten befreit haben. Sie wollten »lieber unter den Trümmern eines Landes begraben werden, welches von der Freiheit wiedererrichtet wird, als die Rückkehr zur Sklaverei erleiden«. Er erklärte, dass die Wiedereinführung der Sklaverei »dem Versuch des Unmöglichen gleichkäme; wir wussten, wie man allen Gefahren trotzt, um unsere Freiheit zu erlangen, wir werden wissen, wie man dem Tod ins Auge sieht, um sie zu bewahren.«
Toussaint Louverture war sicherlich nicht bereit, seine gewonnene Macht aufzugeben, wie die von Charles Forsdick aufgegriffene Debatte unter Historikern zeigt. Er war auch ein Mann – dies ist eines der Argumente von Césaire –, der die Wirtschaft von Saint-Domingue nicht schnell genug umgestalten konnte, selbst wenn er es gewollt hätte. Sie blieb in der schwierigen und dramatischen Phase des Übergangs zwischen einem System, das auf der Ausbeutung von Sklaven oder Quasi-Sklaven beruhte – ein System, das lange Bestand haben würde, wie das Kaffeeimperium noch heute beweist – und einer neuen Ordnung, die erst noch erfunden werden musste. Er verstand jedoch, dass die Situation sein Opfer verlangte: »Seine Person, die in alle Geschehnisse verwickelt war«, war zu einem Hindernis für die Einheit des Volkes von Saint-Domingue geworden, dessen Territorium wieder unter die Kontrolle des Frankreichs von »Konsul« Bonaparte gekommen war. Louverture unterwarf sich also den Franzosen und trat zurück.
Als er vor Cap-Français an Bord ging, sagte er zum Kommandanten: »Indem ihr mich gestürzt habt, habt ihr in Saint-Domingue nur den Stamm des Baumes der schwarzen Freiheit gefällt; aber er wird aus seinen Wurzeln nachwachsen, denn sie sind zahlreich und tief.«
Der Kampf, den die Menschen afrikanischer Abstammung in Saint-Domingue etwa zwölf Jahre lang führten – sie besiegten weiße Siedler und französische Soldaten, wehrten eine spanische Invasion, eine britische Expedition und einen letzten französischen Angriff ab –, führte schließlich zu einem bedeutenden Sieg, den der »Schwarze Spartakus«, der erste »Schwarze Superheld« (wie der Historiker Sudhir Hazareesingh ihn nannte), nicht mehr erleben sollte.
Trotz aller Widersprüche war der Aufstand in Saint-Domingue der erste und einzige Sklavenaufstand, der zu einer Revolution wurde und, wie Il-Manifesto-Kolumnist Marco Bascetta betont, »zur Geburt eines unabhängigen Staates führte, wenn auch eines Staates, der ein ausgesprochen unglückliches Leben führen sollte«.
»Dank der Entschlossenheit von Toussaint Louverture und seiner Sklavenarmee lernte die Revolution auch, dass die Freiheit keine Kraft ist, die man einfach aufhalten kann, dass die Unterdrückten nicht die Erlaubnis der Tyrannen brauchen, um ihre Ketten zu sprengen.«
Toussaint Louverture ist noch heute »das Zentrum der haitianischen Geschichte, wahrscheinlich das Zentrum der karibischen Geschichte«, wie Césaire in bewusst hagiografischem Ton und Rhythmus schreibt: »Sie gaben ihm Banden, er machte aus ihnen eine Armee. Sie gaben ihm eine Jacquerie, er machte daraus eine Revolution. Aus einer Bevölkerung hat er ein Volk gemacht. Aus einer Kolonie machte er einen Staat, oder besser eine Nation.«
Toussaint Louverture starb am 7. April 1803 als Gefangener der Franzosen in Fort de Joux. Sein Leben endete wenige Monate vor der Ausrufung der Unabhängigkeit der ersten »Schwarzen Republik« der Menschheitsgeschichte, Haiti, »im Namen der Schwarzen und Farbigen« – zu einem Zeitpunkt, als die Sklaverei in Frankreich gerade wieder eingeführt worden war. Die Sklaverei sollte trotz des Dekrets von 1794 noch vier Jahrzehnte lang in Kraft bleiben.
Wie der revolutionäre Publizist Jacques-René Hébert, der einige Tage später während des Terrors ermordet wurde, damals sagte: »Ich hoffe, dass der Tag kommen wird, an dem alle Völker der Erde, nachdem sie ihre Tyrannen ausgerottet haben, eine Familie von Brüdern bilden werden. Vielleicht werden eines Tages Türken, Russen, Franzosen, Engländer und Deutsche, vereint im selben Senat, einen großen Konvent mit allen Nationen Europas bilden. Das wäre ein schöner Traum, der aber auch in Erfüllung gehen könnte. Ich glaube jedoch nicht, dass wir, wie Anacharsis prophezeit, Don Quijotes machen und einen universellen Kreuzzug unternehmen sollten, um diejenigen zur Freiheit zu bekehren, die es noch nicht wert sind, sie kennenzulernen. Es liegt an der Zeit und an der Vernunft, ein solches Wunder zu vollbringen. Lasst uns selbst beginnen, die Freiheit zu errichten!«
Die Französische Revolution, »konfrontiert mit der kolonialen Frage«, musste sich »mit sich selbst auseinandersetzen« und »mit den Prinzipien, aus denen sie hervorgegangen war«, schreibt Césaire. Sie zögerte, schwankte und verschlang sich schließlich selbst. Doch dank der Entschlossenheit von Toussaint Louverture und seiner Sklavenarmee lernte sie auch, dass die Freiheit keine Kraft ist, die man einfach aufhalten kann, dass die Unterdrückten nicht die Erlaubnis der Tyrannen brauchen, um ihre Ketten zu sprengen: Uneinigkeit kann zu Aufruhr werden und Aufruhr kann zu Revolution werden.
Carlo Greppi ist ein italienischer Historiker und Schriftsteller und Mitglied der Redaktion von Jacobin Italia.