02. Oktober 2024
Rassismus ist ein Grund, aus dem Arbeiter in den USA Donald Trump wählen. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Eine neue Studie zeigt, wie er in seinen Reden an ihre ökonomischen Probleme und persönlichen Schicksale anknüpft.
Bei der letzten Republican National Convention (RNC), dem Parteitag der US-Republikaner im Juli, sorgte der Gewerkschafter Sean O’Brien mit seinem Auftritt für Aufsehen. Linksliberale Beobachter zeigten sich geschockt: da war dieser Arbeitervertreter, der offen aussprach, dass Donald Trump bei US-amerikanischen Arbeiterinnen und Arbeitern durchaus beliebt ist. In The Atlantic kritisierte David Graham Trumps Avancen an die Arbeiterklasse als »den verlogensten Populismus aller Zeiten«. Für den Rolling Stone war die RNC ein Versuch, »die Arbeiterschaft mit inhaltsleerer, populistischer Rhetorik« abzuholen.
Natürlich sind diese Einschätzungen nicht gänzlich falsch. Trump kann zwar auf einige wenige Fälle verweisen, in denen er als Präsident tatsächlich dazu beigetragen hat, Arbeitsplätze zu sichern oder US-amerikanische Arbeiterinnen und Arbeiter zu unterstützen – beispielsweise sein Teilerfolg bei der Rettung von Arbeitsplätzen in einem Werk der Firma Carrier in Indiana oder seine Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens, das nun einen stärkeren Arbeitsschutz vorsieht. Insgesamt ist seine Bilanz aus Arbeitersicht aber alles andere als vertrauenserweckend.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Trump hat die Arbeitsrechtbehörde National Labor Relations Board mit gewerkschaftsfeindlichen Unternehmensanwälten besetzt. Er hat sein Versprechen, Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie in Rustbelt-Staaten wie Pennsylvania, Michigan und Ohio zurückzubringen, nicht eingehalten. Er drohte, sein Veto gegen den gewerkschaftsfreundlichen PRO Act einzulegen (für den übrigens kein einziger der MAGA-Republikaner im Senat gestimmt hat, auch nicht der Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance). Außerdem setzte er regressive Steuersenkungen durch, die die Reichen massiv begünstigten und den einfachen Bürgerinnen und Bürgern keinerlei wirtschaftlichen Vorteil bescherten.
Zwar hat Trump die Importzölle mit dem Ziel erhöht, Arbeitsplätze in der Industrie zurückzugewinnen. Allerdings gibt es keinerlei Belege dafür, dass diese Politik wirklich einen netto-positiven Effekt auf US-amerikanische Arbeitsplätze hatte.
»Nun, mein Vater hat Häuser gebaut, und ich habe auch in diesen Häusern gearbeitet und die Elektriker kennengelernt. Ich habe all diese Leute kennengelernt. Ich habe die Klempner kennengelernt, die Schlosser – ich habe sie alle kennengelernt. Und ich mochte sie viel lieber als die reichen Leute, die ich kenne.«
Ist also Trumps Popularität bei Menschen aus der Arbeiterklasse (insbesondere, aber bei weitem nicht ausschließlich, bei den weißen Arbeitern) schlicht eine Folge seiner Fähigkeit, Wählerinnen und Wähler dazu zu bringen, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu vergessen, indem er ihre tiefliegenden xenophoben, sexistischen und rassistischen Tendenzen gezielt anspricht? Viele linksliberale Journalisten sind sich absolut sicher, dass dies der Fall ist. German Lopez schrieb in Vox kurz nach Trumps Wahlsieg 2016, dieser habe »vor allem aufgrund von rassistischen Ressentiments gewonnen«. Ähnlich behauptete Rich Barlow beim Radiosender NPR, »rassistische Ressentiments, nicht Wirtschaftsthemen« seien für Trumps Wahlsieg ausschlaggebend gewesen.
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Jared Abbott ist Forscher am Center for Working-Class Politics.