17. Februar 2022
Der Soziologe Wolodymyr Ischtschenko erklärt, warum die Ukraine die Kriegsgefahr geringer einschätzt als der Westen, was seit der Maidan-Revolution 2014 passiert ist und welche Interessen den Friedensprozess blockieren.
Die Euromaidan-Proteste von 2014 wurden nach dem Maidan (Platz der Unabhängigkeit) in Kiew benannt.
Wer sich auf die etablierten Medien verlassen hat, um die Ereignisse der vergangenen acht Jahre in der Ukraine zu verfolgen, hat sehr wahrscheinlich ein verzerrtes Bild von der Situation im Land.
Wolodymyr Ischtschenko, Soziologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin, schreibt seit Jahren über ukrainische Politik, die Euromaidan-Revolution von 2014 und die komplexen Überschneidungen zwischen Protesten, sozialen Bewegungen und nationalistischen Kräften. Im JACOBIN-Interview erklärt er, was man im Westen über die Ukraine und die anhaltende geopolitische Pattsituation wissen muss.
Warum wird das Risiko einer russischen Invasion in der Ukraine so anders bewertet als zum Beispiel in den USA und Großbritannien?
Die russische Zwangsdiplomatie und die militärische Aufrüstung sind nur ein Aspekt dieses Konflikts, denn parallel dazu werden weitere diplomatische Gespräche geführt. Und die mediale Kampagne über eine unmittelbar bevorstehende Invasion ist ein anderer Aspekt, der seine eigene Logik hat, von verschiedenen Interessen geleitet ist und nicht als objektive Widerspiegelung der Handlungen Russlands verstanden werden sollte. Diese Kampagne verhärtet und eskaliert den Konflikt und zielt primär wahrscheinlich nicht einmal auf Russland oder die Ukraine ab, sondern auf Deutschland, das näher an seine NATO-Verbündeten heranrücken soll.
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Wolodymyr Ischtschenko ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin. Er arbeitet zu Protestbewegungen in der Ukraine und hat unter anderem im »Guardian« sowie der »New Left Review« publiziert.