12. Juli 2023
Die belgische Partei der Arbeit ist anders: Sie stellt die Alltagsprobleme der Menschen ins Zentrum. Wie man entgegen der elitären politischen Kultur ein Gefühl für das echte Leben behält, erklärt der Europaabgeordnete Marc Botenga im JACOBIN-Interview.
»Man muss die Sprache der Leute sprechen. Man muss in den Betrieben präsent sein, man muss in den Arbeitervierteln sein.«
Die belgische Partei der Arbeit (PTB) ist eine der erfolgreichsten linken Parteien Europas. In den letzten Jahren ist sie zur drittstärksten politischen Kraft in Belgien aufgestiegen und entwickelt sich zu einer echten Massenpartei: Zählte sie noch vor fünfzehn Jahren nur rund 800 Mitglieder, so sind es heute über 25.000.
Ein Erneuerungskongress im Jahr 2008 brachte die Wende: Die PTB verabschiedete sich von ihrem Dogmatismus, hielt aber an ihren marxistischen Grundprinzipien fest. Sie stellte die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter ins Zentrum und machte es sich zur Hauptaufgabe, ganz konkret das alltägliche Leben der Menschen zu verbessern.
Marc Botenga ist der erste Abgeordnete der PTB im Europaparlament und Mitglied des Ausschusses für Industrie und Energie. Mit JACOBIN sprach er darüber, wie die europäischen Institutionen die Politik von den Menschen entfremdet und erklärt, wie eine sozialistische Partei die Stimme der Arbeiterklasse wieder in die Parlamente bringen kann.
Du bist Europa-Abgeordneter einer Arbeiterpartei. Nun kann man ja kaum weiter weg sein von der Basis als im Europaparlament. Wie stellst Du da sicher, dass Du nicht abhebst und das Gespür für die Bedürfnisse der Menschen verlierst?
Das ist für uns als Europa-Abgeordnete genauso eine Aufgabe wie für Abgeordnete in unserem nationalen Parlament. Für unsere Partei ist es extrem wichtig, dass wir eine enge Verbindung zur Arbeiterklasse haben. Und wenn man Abgeordneter wird, dann kommt es darauf an, diese Verbindung nicht zu verlieren.
Die ganze institutionelle Struktur des Europaparlaments ist nämlich darauf ausgerichtet, die Abgeordneten so weit wie möglich von der Lebenswirklichkeit und dem Alltag der Leute zu entfernen. Schon Friedrich Engels hat geschrieben, dass in einer bürgerlichen Republik hohe Abgeordnetengehälter genau diese Funktion haben. Ein Europa-Abgeordneter kann bis zu 14.000 Euro im Monat verdienen. Und obendrauf kommen noch eine Bürokosten-Pauschale von 4.778 Euro monatlich. So landest du in dem, was man die Euro-Bubble nennt, in der du überhaupt keine Ahnung mehr hast, was draußen passiert.
»In die Politik zu gehen, ist ein Dienst an den Menschen. Wer sich bereichern will, der soll in den Privatsektor.«
Das hat man in der Energiekrise gesehen. Denn es hat ein Jahr gedauert, bis die europäischen Institutionen endlich einen richtigen Vorschlag und eine Entscheidung für einen Energiepreis-Deckel vorweisen konnten. Ein Jahr. Denn für viele der Leute in der Kommission und im Parlament war das einfach keine Priorität. 50 Euro mehr, 100 Euro mehr, 200 Euro mehr auf der Stromrechnung – das spürten sie selbst überhaupt nicht.
Dass Abgeordnete nur so viel verdienen sollen wie Arbeiter, das war schon ein Prinzip der Pariser Kommune, und es ist auch ein Prinzip unserer Partei.
Das heißt? Wie viel verdienst Du?
Offiziell verdiene ich natürlich dasselbe wie alle anderen. Aber wir haben bei der PTB das Prinzip, dass wir von unseren Gehältern nur den Medianlohn eines belgischen Arbeiters behalten. Das sind 2.200–2.400 Euro, wie viel genau, das hängt auch von persönlichen Umständen ab. Der ganze Rest geht an gute Zwecke oder an unseren Parteifonds für soziale Aktionen.
Es ist ja niemand dazu verpflichtet, Politik zu machen. Überhaupt sollte Politik keine Karriere sein. In die Politik zu gehen, ist ein Dienst an den Menschen. Wer sich bereichern will, der soll in den Privatsektor.
Die Gehälter sind die eine Sache. Die andere ist, wie man im Parlament spricht. Ich weiß nicht, ob Ihr schonmal versucht habt, einer Plenarsitzung des Europaparlaments zu folgen. Das ist ziemlich schwierig. Nicht nur, weil die Sprache kompliziert ist. Es ist auch einfach langweilig. Auch so entfernt man die Politik von den Menschen. Der Politikersprech ist strategisch, er soll entpolitisieren und signalisieren: Das ist nichts für dich.
Bei der PTB haben wir etwas, das wir »Straße–Parlament–Straße« nennen. Das bedeutet, dass wir mit Arbeiterinnen und Arbeitern und mit Gewerkschaften sprechen, dann die Probleme und die Fragen, die sie haben, im Parlament einbringen und danach auch wieder mit ihnen sprechen und ihnen berichten, was passiert ist. So bekommen wir direktes Feedback.
Was im Europaparlament viel passiert, ist, dass sich alle gegenseitig auf die Schulter klopfen: Das haben wir gut gemacht, gute Zusammenarbeit und so weiter. Wenn du mit einer Arbeiterin sprichst, fragt sie aber: Wie hilft mir das in meinem Alltag? Dann verstehst du, wie weit die Realität des Parlaments von der Realität der Leute entfernt ist.
Wie ist Dein Verhältnis zu den Abgeordneten aus anderen Parteien, die in dieser Euro-Bubble drin sind?
Das kommt darauf an: Wir haben glücklicherweise auch im Europaparlament noch einige Sozialdemokraten, die zum Beispiel aus den Gewerkschaften kommen. Mit denen können wir uns bei bestimmten Themen zumindest verstehen.
Mit den Grünen ist das auf europäischer Ebene immer schwieriger geworden, weil sie einen immer wirtschaftsliberaleren Kurs vertreten. Dieser Wandel hat sich auch physisch gezeigt: Die Grünen saßen im Europaparlament historisch immer zwischen der Sozialdemokratie und der Linken. Aber am Anfang dieser Legislaturperiode haben sie sich umplatziert und sitzen jetzt zwischen Sozialdemokraten und Liberalen.
Mit den liberalen, konservativen und rechten Fraktionen gibt es überhaupt keine Zusammenarbeit. Manchmal, bei ethischen Themen zum Beispiel, kann es vorkommen, dass die Liberalen und wir gleich abstimmen. Aber gegenüber den Rechten und Rechtsextremen haben wir einen Cordon sanitaire.
Dabei ist uns klar, und versuchen wir auch immer klar zu machen, dass diese anderen Parteien nicht einfach nur andere Ideen haben, sondern vor allem andere Interessen vertreten. Und zwar sind das die Interessen der Großkonzerne – seien es europäische Großkonzerne oder nationale Großkonzerne.
Wie tut Ihr das zum Beispiel?
Zum Beispiel bei der Frage einer neuen europäischen Steuer. Da verläuft die Debatte so: Entweder du bist pro-europäisch und für eine europäische Steuer, oder du bist anti-europäisch und gegen eine europäische Steuer. Dann sagen wir: Wir möchten einmal wissen, wer diese Steuer denn zahlen soll – ihr verliert kein Wort über eine Millionärssteuer oder eine Übergewinnsteuer. Wir versuchen also deutlich zu machen, dass das nicht einfach technokratische Vorschläge sind, sondern Klasseninteressen vertreten werden.
Alles, was im Europaparlament passiert, passiert im Rahmen der Prinzipien Wirtschaftsliberalismus, Marktdogmatismus und Wettbewerbsfähigkeit. Alle Initiativen – vom Green Deal bis zur Pharma-Strategie – haben immer diese Prinzipien zum Ausgangspunkt. Dabei sollte man sagen: Nein, die Klimapolitik müsste vom Klima ausgehen und so weiter.
»Du hast als Abgeordneter die Wahl: Wenn du eine Rede hältst im Parlament, sprichst du dann zu den anderen Abgeordneten, oder sprichst du zu den Leuten da draußen, auf der Straße, im Betrieb, in der Kneipe?«
Das wird natürlich deshalb so gehandhabt, weil es bestimmte Lösungen ausschließt, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen schwächen könnten, wie zum Beispiel bindende Vorgaben zur Emissionsreduktion. Da sagt man dann: Nein, das geht nicht, die Wettbewerbsfähigkeit ist uns heilig. Aber hinter der Wettbewerbsfähigkeit verstecken sich natürlich die Dividenden für die Aktionäre.
Man verhandelt das alles in einer Sprache, die für die Leute unverständlich gemacht wurde. Das muss aber nicht so sein, sondern es ist eine Entscheidung. Du hast als Abgeordneter die Wahl: Wenn du eine Rede hältst im Parlament, sprichst du dann zu den anderen Abgeordneten, oder sprichst du zu den Leuten da draußen, auf der Straße, im Betrieb, in der Kneipe? Und für uns ist die Entscheidung ganz klar die zweite.
Wie würdest Du die Grundprinzipien beschreiben, die Eure Partei bei der Arbeit anleiten?
Das Grundprinzip ist der Marxismus. Die Idee, dass wir eine andere Gesellschaft brauchen, eine Gesellschaft, die nicht mehr auf diesem Konkurrenzkapitalismus basiert, sondern einen Sozialismus oder einen Sozialismus 2.0, wenn man so will. Und dass wir dafür die Kräfteverhältnisse verschieben müssen, indem wir eine starke Arbeiterbewegung aufbauen.
Denn die wirklichen Machtstrukturen sind draußen, das sind die größten Konzerne, die Banken und so weiter. Man sagt, das Europaparlament sei der Sitz der europäischen Demokratie. Nun ja, es ist vielleicht die demokratischste Institution der Europäischen Union, aber die Macht liegt jedenfalls nicht bei ihm.
Deswegen ist es für unsere Partei das Wichtigste, auch außerhalb eine Gegenmacht aufzubauen – durch eine starke Partei, die nicht nur im Parlament, sondern auch bei den Menschen ist, und auch durch starke Gewerkschaften. Wenn wir das schaffen wollen, müssen wir eine Politik machen, die von den Menschen ausgeht.
Unsere Wahlplakate waren früher marxistische Manifeste, sehr belehrend. Jetzt wissen wir: Man muss die Sprache der Leute sprechen. Man muss in den Betrieben präsent sein, man muss in den Arbeitervierteln sein. Mit den Mitgliedern reden und zuhören. Einfach zuhören. Die traditionellen Parteien machen das nicht mehr. Sie machen Kommunikationspolitik mit Werbeagenturen, aber Politik mit den Leuten machen sie nicht.
Wir haben in Belgien eine besondere Situation, denn bei uns besteht eine Wahlpflicht. Aber in vielen Ländern, wo das nicht so ist, gehen die Leute einfach nicht zur Wahl, weil sie einfach keinen Grund dafür sehen. In Frankreich und in Deutschland sind die Nichtwähler bei Wahlen die stärkste Kraft. Bei der Europawahl ist das noch klarer.
Wir haben eine Demokratie von niederer Intensität. Was wir wollen, ist eine aktive Demokratie, in der auch die Arbeiter mitmachen.
Und Ihr seid ziemlich erfolgreich damit, zumindest wenn man das am Maßstab der Mitgliederentwicklung festmacht. Wie schafft Ihr es, so stark zu wachsen und dabei trotzdem eine Arbeiterpartei zu bleiben?
Das ist eine permanente Aufgabe und Herausforderung. Wir haben zum Beispiel eine Arbeiterquote, sodass in unserem Parteivorstand Arbeiterinnen und Arbeiter vertreten sind. Und wir setzen Kandidatinnen und Kandidaten aus der Arbeiterklasse an die Spitze unserer Wahllisten. In unserer Fraktion im belgischen Parlament haben wir jetzt zwölf Abgeordnete. Vier davon sind ehemalige Arbeiterinnen und Arbeiter: Eine putzte Flugzeuge bei unserer ehemaligen nationalen Fluggesellschaft Sabena, einer kam vom Maschinenbauer Caterpillar, einer kam vom Autohersteller Ford und die vierte war Kassiererin in einem Supermarkt.
Wenn sie sprechen, dann sprechen sie aus persönlicher Erfahrung und bringen die Stimme der Arbeitenden direkt ins Parlament. Das ist natürlich ein kompletter Stilbruch in einem Parlament, in dem sonst nur CEOs, Juristen und so weiter sitzen. Und die Arbeiterklasse draußen sieht: Das ist einer von uns. Darauf legen wir großen Wert, aber, nochmal: Die Proletarisierung der Partei ist ein Prozess, nichts Abgeschlossenes.
Wir sind der Überzeugung, dass bei grundsätzlichem gesellschaftlichem Wandel die Arbeiterklasse die zentrale Rolle spielt. Es ist aber eine Sache, das zu sagen. Eine andere ist es, danach zu handeln. Darum haben wir Betriebsgruppen, und darum versuchen wir auch, Arbeiterinnen und Arbeiter ins Parlament zu bringen.
Wie konzipiert Ihr denn Eure Kampagnen? Es ist ja leider oftmals so bei linken politischen Kampagnen, dass sich kluge Leute etwas überlegen, was auch gut und richtig ist. Aber am Ende funktioniert es nicht.
Wir hören dabei sehr auf die Basis. Die erste Frage ist natürlich: Worum geht es? Manchmal ist das ganz klar, zum Beispiel bei den Energiepreisen. Da brauchten wir keine Glaskugel, um herauszufinden, dass wir dazu etwas machen mussten. Aber dann diskutiert man darüber, auch außerhalb der Partei, mit den Gewerkschaften, in den Arbeitervierteln.
Wie sah eure Kampagne zu den Energiepreisen konkret anders aus, dadurch, dass es diese Rücksprache mit der Basis gab?
Uns war von Anfang an klar, dass wir einen Preisdeckel brauchten. Der Unterschied ist, dass wir in dieser Kampagne nicht nur politische Forderungen aufstellten, sondern auch konkrete Solidaritätsarbeit gemacht haben. Denn die Leute sagten: Ja, wir brauchen einen Energiepreisdeckel, ganz klar, aber wir wissen schon gar nicht, wie wir überhaupt die Rechnung für diesen Monat zahlen sollen.
Also haben wir Beratungsstellen eingerichtet, um direkt zu helfen: Vielleicht können wir beim Energiezulieferer anrufen und klären, dass ihr das über sechs Monate bezahlen könnt und nicht alles diesen Monat. Das sind sehr praktische Lösungen.
»Obwohl wir nicht an der Regierung sind, wirken wir auf die Politik. Die Leute sehen, dass wir etwas verändern können, und sie möchten mitmachen.«
Ein anderes Beispiel ist die Vermögenssteuer. Wenn du »Vermögenssteuer« sagst, dann kann es sein, dass ein Arbeiter dir antwortet: Aber ich habe ja auch Vermögen, wollt ihr mir mein Vermögen wegnehmen? Die Rechten nutzen das natürlich aus und behaupten: Die Linken wollen dir dein Haus nehmen und so weiter. Wir haben dieses Feedback aufgenommen und uns gesagt: Also gut, dann sollten wir besser »Millionärssteuer« dazu sagen – das ist eindeutig. Das macht politisch keinen Unterschied, aber es verändert, wie die Kampagne wahrgenommen wird.
Wenn die Kampagne dann einmal steht, dann arbeitet die ganze Partei daran mit. Dann stehen wir auch öffentlich da als die Partei des Energiepreisdeckels, als die Partei der Millionärssteuer und so weiter.
Andere linke Parteien haben sich auch für einen Energiepreisdeckel ausgesprochen. Macht Ihr da etwas grundsätzlich anders?
Unsere Kampagnen sind nicht einfach Medienkampagnen, sondern Kampagnen, die darauf zielen, zu gewinnen. Wenn wir eine Mindestrente fordern, dann wollen wir die auch bekommen. Wir kommen dann zum Beispiel mit einer Petition ins Parlament und sagen: 100.000 Leute wollen das. Auf diese Weise können auch die Menschen selbst Politik machen: Gut, ich habe ein Problem mit meiner Energierechnung, also unterschreibe ich diese Petition, aber ich bitte auch meine Familie, zu unterschreiben, dann haben wir zusammen dieses Ziel.
Die Kampagnen sind dazu da, auch wirklich einen Unterschied zu machen. Als linke Partei brauchen wir natürlich Erfolge, müssen wir konkret etwas für die Menschen erkämpfen. Als wir zum Beispiel unseren geforderten Corona-Notfallfonds bekommen haben – das waren am Anfang 400 Millionen Euro und später noch viel mehr –, konnten wir dann sagen: Obwohl wir nicht an der Regierung sind, wirken wir auf die Politik. Die Leute sehen, dass wir etwas verändern können, und sie möchten mitmachen.
»Den Marxismus nicht mehr zu nutzen oder sich von ihm abzuwenden, das wäre, wie ohne einen Kompass unterwegs zu sein.«
Das sind dann keine Kampagnen von einem Monat. Bis man etwas erreicht, kann ein halbes oder ein Jahr vergehen. Ein Beispiel: Bevor es überhaupt einen Corona-Impfstoff gab, sahen wir schon kommen, dass Patente ein Problem werden würden. Zusammen mit anderen linken Kräften in Europa haben wir dann eine Petition lanciert, dass die Patente freigegeben werden müssten. Daraufhin gab es eine europäische Bürgerinitiative, die auch von unserer Initiative inspiriert war. Und das führte wiederum dazu, dass einige Monate später eine Mehrheit des Europäischen Parlaments für die Freigabe der Patente stimmte.
Gut, die Kommission hat das dann nicht respektiert. Aber mit diesem Ergebnis konnten wir immerhin auf die Straße zurückkommen und sagen: Die Europäische Kommission blockiert, das ist sehr antidemokratisch. Das lehrt auch etwas über die demokratische oder undemokratische Natur des europäischen Systems.
Eine weitere Besonderheit der PTB ist, dass Ihr kein Blatt vor den Mund nehmt, sondern sehr offensiv sagt, dass Ihr eine marxistische Partei seid. Warum macht Ihr das so? Und gibt es auch Situationen, in denen das ein Hindernis ist?
Ich glaube, dass die Analyse von Marx heute so relevant ist wie eh und je. Vor einer Weile hat der Spiegel eine Ausgabe gebracht mit dem Titel »Hatte Marx doch Recht?«. Wenn eine bürgerliche, rechtsliberale Zeitschrift sagen kann, dass Marx Recht hatte oder teilweise Recht hatte – natürlich grenzt sie das auf ihre Weise ein, die wir nicht teilen – dann können wir das auch.
Und wir machen absolut kein Geheimnis daraus. Die Klassenanalyse und dass wir überhaupt von der arbeitenden Klasse sprechen, das kommt natürlich vom Marxismus. Genauso wie das Bewusstsein dafür, dass wir eine andere Gesellschaft brauchen.
Ob es Situationen gibt, in denen das ein Hindernis ist? Die Rechten werden da immer eine Karikatur draus machen: Das ist Nordkorea und so weiter. Aber die Leute begreifen natürlich, dass das absurd ist. Sie sehen, dass wir einfach nur gute soziale Opposition machen und für ein solidarisches Gesellschaftsmodell kämpfen.
Es ist wichtig, dass wir selbst bestimmen, was Marxismus bedeutet, und dass wir das nicht unseren Gegnern überlassen. Aber den Marxismus nicht mehr zu nutzen oder sich von ihm abzuwenden, das wäre, wie ohne einen Kompass unterwegs zu sein: Wo kommst du her? Wo gehst du hin? Ich bin mir sicher, die Orientierung auf den Marxismus ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.
Marc Botenga ist Europaabgeordneter der belgischen Partei der Arbeit (PTB).