02. November 2021
Angela Merkel setzte auf Sparzwang, Wettbewerbsfähigkeit und ein Exportmodell, das in gefährliche Wasser führt. Die ökonomische Bilanz zeigt: Wir müssen umsteuern.
Merkels wirtschaftspolitischer Kurs hat vor allem langfristige Risiken geschaffen.
Angela Merkel hat aus dem kranken Mann Europas die wirtschaftliche Führungsmacht der Eurozone gemacht – das ist der Tenor der wirtschaftlichen Rückblicke auf die Ära Merkel. Doch der Aufstieg Deutschlands wurde teuer erkauft. Vor allem riskiert er, nicht von Dauer zu sein, denn das wirtschaftliche und soziale Fundament, das die Ära Merkel hinterlässt, ist äußerst brüchig.
Merkel wurde oft politische Visionslosigkeit vorgeworfen. Wirtschafts- und finanzpolitisch ist der Vorwurf haltlos. Der Blick zurück beweist: Die Kanzlerin hat den Umgang mit dem demographischen Wandel und die Herausforderungen der Globalisierung konsequent in das Zentrum ihrer Wirtschafts- und Finanzstrategie gerückt. Merkels Doppelfokus fußte auf drei Statistiken, die sie nicht müde wurde zu wiederholen: Europa habe knapp 7 Prozent der Weltbevölkerung, erbringe knapp 25 Prozent der Weltwirtschaftsleistung (BIP), zahle aber 50 Prozent aller Sozialausgaben weltweit. Würde Europa nicht zu einer der leistungsfähigsten Wirtschaften des 21. Jahrhunderts aufsteigen, dann sei es zum Untergang verdammt.
Auf Grundlage dieser Analyse, gab sie zwei Leitlinien für die Wirtschafts- und Finanzpolitik ihrer vier Regierungsperioden vor: Sparsamkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Diese beiden Grundsätze ziehen sich durch ihre Regierungserklärungen, Reden im Ausland und auf dem Weltwirtschaftsforum, Gipfeln oder Parteitagen. Trotz taktischer Zugeständnisse hielt die Kanzlerin an diesen Leitlinien fest. Beide prägte sie erst Deutschland auf und dann der EU – sechzehn Jahre lang, mit strategischer Konsequenz.
Doch diese Strategie war ein Fehler. Obwohl sie Deutschland, und insbesondere den sogenannten Mittelstand, kurz- und mittelfristig nach vorne brachte, schuf sie eine Vielzahl neuer Langzeitrisiken: für die Wirtschaft, für Europa, für das Klima, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Herausforderungen der Demographie und der Globalisierung hatte Merkel zwar klar erkannt, ihre Antworten darauf waren jedoch fehlgeleitet.
Ein Blick auf die Zahlen liefert dafür erste Anhaltspunkte: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist pro Kopf zwischen 2005 und 2019 um gut 20 Prozent gestiegen – mehr als in Frankreich oder in den USA. In derselben Zeit ist auch die Arbeitslosigkeit von 12 Prozent auf 5 Prozent gesunken. Doch diesen Zahlen stehen stagnierende Investitionen gegenüber, was schwache Produktivitätsgewinne zur Folge hatte. Der öffentliche Investitionsstau war bereits vor Corona so gewaltig, dass sich 2019 Arbeitgeber und Gewerkschaften verbündeten, um 450 Milliarden an zusätzlichen öffentlichen Investitionen zu fordern. Gut die Hälfte des Wirtschaftswachstums basierte schlicht auf einer Steigerung der gesamtgesellschaftlichen Arbeitszeit, welche zwischen 2005 und 2019 um 11 Prozent anstieg.
Auch die Verteilung des Wachstums war ungleich: Bis zur Einführung des Mindestlohns 2015, welche auf Druck der SPD erfolgte, stagnierten die Löhne für das untere Drittel. Gleichzeitig stiegen die Armutsrisikoquote und die Niedriglohnquote leicht an. Erst danach verfestigte sich ein breiteres Lohnwachstum, welches die Einkommens-, allerdings nicht die Vermögensungleichheit reduzierte.
Merkels Wirtschaftsstrategie basierte auf folgender Logik: Lohnmoderation und flexible Arbeitsmärkte sollen Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Diese wird flankiert durch einen sparsamen Staat, der niedrige Zinsen, geringe Inflation und ein investitions- und innovationsfreundliches Klima sichern soll. Der Exportfokus der deutschen Wirtschaft ist eine direkte Konsequenz dieser Wirtschaftspolitik: Die Nachfrage muss aus dem Ausland kommen, da sie im Inland durch langsam wachsende Löhne und öffentliche Sparsamkeit gehemmt ist. Dieses Modell hält jedoch nicht ewig, da es internationale Abhängigkeiten und Ungleichgewichte schafft: Es funktioniert nur, solange das Ausland gewillt ist, sich jedes Jahr weiter zu verschulden oder Vermögenswerte zu verkaufen.
Man kann sich das deutsche Wachstumsmodell wie ein besonders erfolgreiches Geschäft vorstellen, bei dem immer mehr Geld aus der Nachbarschaft hängen bleibt. Weil in diesem Geschäft niedrige Löhne gezahlt werden, können die Produkte besonders günstig angeboten werden. Doch die Angestellten kaufen in den benachbarten Läden selbst vergleichsweise wenig, da niedrige Löhne auch niedrige Einkommen sind. Wenn die Besitzerin dann auch noch besonders sparsam ist, werden auch die Profite nicht ausgegeben, die aufgrund des Erfolgs und der vergleichsweise niedrigen Löhne realisiert werden. Eine anderweitige Umverteilung von einem Laden zum nächsten gibt es nicht. So bleibt das Geld hängen, anstatt zurück in den Wirtschaftskreislauf zu fließen. Wenn die Kunden weiter einkaufen wollen, müssen sie Vermögenswerte verkaufen oder sich verschulden.
Die lokale Finanzwirtschaft kann den unterbrochenen Kreislauf zwar zunächst wieder in Schwung bringen und die Profite des Ladens nutzen, um Kredite an die eigene Kundschaft zu finanzieren oder um deren Vermögenswerte anzukaufen. Doch auch das funktioniert nur eine begrenzte Zeit lang. Irgendwann sind die Vermögen verkauft und die Aufnahme weiterer Kredite zu riskant. Spätestens dann bricht die Lokalwirtschaft zusammen.
Die Folgen der deutschen Exportstrategie wurden bereits in der Eurokrise erkennbar. Von 2002 bis 2008 erwirtschaftete Deutschland 702 Milliarden Euro an Leistungsbilanzüberschüssen. Deren Kehrseite waren 702 Milliarden Euro an Kreditvergabe und Kapitalexporte ins Ausland. Deutsche Banken finanzierten damit ausländische Immobilien- und Finanzbooms, Blasen entstanden, die 2007 und 2008 schließlich platzten.
Doch anstatt daraufhin einen strategischen Kurswechsel anzustreben, nutzte Merkel die Krise, um die Wachstumsstrategie der ganzen EU zu verändern. Es war eine historische Handlung ersten Ranges, die sie mit Chuzpe gegen die innere und äußere Opposition durchsetzte. Zwar gab es insbesondere zwischen Finanzminister Schäuble und der Kanzlerin Differenzen, wie dieses Ziel am besten zu erreichen sei. Doch wohin Merkel wollte, blieb immer klar: »Wettbewerbsfähigkeit ist jetzt auch in der Europäischen Union Chefsache.« Um neben der Wettbewerbsorientierung auch die Sparsamkeit fest zu verankern, bestand Merkel darauf, »dass jeder in seine eigene Rechtsordnung Schuldenbremsen einführt«.
So ambitioniert das Ziel, so dramatisch die Mittel. Insbesondere an Griechenland wurde ein Exempel statuiert, von dem sich das Land bis heute nicht erholt hat. Noch im letzten vollen Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie lag Griechenlands BIP ein Viertel unter dem Wert von 2008. Gleichzeitig war die Schuldenquote um zwei Drittel gestiegen. Die Arbeitslosigkeit lag bei mehr als 15 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 35 Prozent.
All das ist kaum überraschend: Denn die Rettungspakete und die mit ihnen beschlossenen Reformmaßnahmen hatten nicht das Ziel, eine möglichst rasche Erholung oder eine möglichst vollständige Schuldenrückzahlung zu erreichen. Niemand anderes als der IWF hat das wiederholt deutlich gemacht – im offenen Konflikt mit Berlin. Der harte Kurs gegen Griechenland sollte vielmehr den nötigen Druck erzeugen, mit dem sich Wettbewerbsfähigkeit und Sparsamkeit im Rest der Eurozone durchdrücken ließen. Es war »die politische Erfahrung, dass für politische Strukturreformen oft Druck gebraucht wird«, so die Kanzlerin.
Die Konsequenz: Auf Grundlage demokratischer Mehrheiten ließ sich dieser Kurs nicht durchsetzen: »Wahlen ändern nichts«, wie Schäuble es 2015 zuspitzte. Das Vertrauen in die Demokratie wurde ebenso abgewirtschaftet.
Es hätte auch andere Wege gegeben: China ging damals mit einem vergleichbaren Außenhandelsüberschuss und einem ähnlich exportgetriebenen Wachstumsmodell wie Deutschland in die Finanzkrise. Doch China steigerte seine Binnennachfrage so dramatisch, dass sein Leistungsbilanzüberschuss von knapp 10 Prozent des eigenen BIPs (2006-2007) dauerhaft auf circa 2 Prozent (2011-2020) abschmolz. Ein solcher Wandel des Wachstumsmodells wäre auch in Deutschland möglich gewesen.
Wo lag der Fehler? Das Fundament, auf dem Merkels Strategie ruhte, war die Rationalität der privaten Investoren: Für sie müsse der Staat Anreize schaffen. Damit übersah Merkel jedoch, was Keynes schon vor langer Zeit erkannte: Ob und wo Investoren sich engagieren, hängt nicht nur vom Zinssatz und den Gewinnerwartungen ab, sondern vor allem von Nachfrage, Stimmung und Instinkt.
Öffentliche Sparsamkeit mag zwar die Zinsen und die Inflation niedrig halten, aber aus Angst vor einer Auftragsflaute und schlechter Infrastruktur können Investitionen trotzdem gehemmt werden. Niedrigere Löhne mögen kurzfristig die Profite steigern, doch der niedrige Konsum und die so entstandene Nachfragelücke erzeugen neue Probleme, welche der Staat aktiv lösen muss. Was sich im letzten Jahrzehnt in Europa beobachten lässt, ist die Kehrseite von Merkels gescheiterter Strategie: Durch Nachfragemangel wurden Millionen von Menschen arbeitslos, produktive Kapazitäten lagen brach, und ein Gefühl der Verknappung und Ungewissheit breitete sich aus.
Merkels Taktik hinterließ jedoch nicht nur in der Wirtschaft erhebliche Schäden. Zum einen schuf und schafft sie langfristig Risiken in der Außenpolitik. Die Litanei von Beschwerden aus Washington, Brüssel und vom IWF zeigen, dass sich Deutschland mit seinen enormen Leistungsbilanzüberschüssen – in dieser Größe übrigens ein neueres Phänomen – international unbeliebt gemacht hat. Und das ist noch das kleinste außenpolitische Problem.
Leistungsbilanzüberschüsse führen über die Jahre hinweg zum Aufbau großer Auslandsvermögen. Klingt zunächst gut: Schließlich könnten diese sichere Renten finanzieren und so den demographischen Wandel abfedern. Doch auf Ebene der Geopolitik ist dieser Ansatz äußerst fahrlässig. Er würde dazu führen, dass sich eine alternde Bundesrepublik zur Sicherung ihrer Renten auf ausländische Dividendenzahlungen in Milliardenhöhe verließe, ohne selbst dafür aktuelle Gegenleistungen zu erbringen.
Im Ausland wird man sich damit keine Freunde machen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich im Laufe der Zeit, wenn die ursprünglichen Investitionen längst vergessen sind, politische Mehrheiten dagegen bilden. Sollte es so kommen, dann stünde die Bundesrepublik vor einer heiklen Entscheidung: Entweder müssten die Vermögenswerte abgeschrieben oder einem fremden Land der eigene Willen aufgezwungen werden. Drastisch gesagt: Entweder sind die Renten weg oder das Militär treibt die internationalen Schulden ein. Niemand will vor so einer Entscheidung stehen. Doch genau darauf steuern wir auf lange Sicht mit dem Wirtschaftsmodell der Ära Merkel zu.
Auch der Klimapolitik hat die Strategie der Kanzlerin geschadet. Warum Merkels Klimabilanz so enttäuschend ist, können selbst die besten Merkel-Kenner kaum erklären: Andere Prioritäten setzte sie geschickt durch, teils gegen schwerste Widerstände. Dennoch hinterlässt sie ein Deutschland, in dem die Energiewende ins Stocken geraten ist und der Strukturwandel in der Industrie verschlafenen wurde, dessen Infrastruktur und Verwaltung überaltert sind, und in dem heute ungewiss ist, ob man in der Nähe von Flüssen oder als Förster auch in fünfzig Jahren noch gut und gerne leben wird.
Die Gründe für diese niederschmetternde Bilanz sind vielschichtig. Doch auch hier spielten ihre beiden wirtschaftspolitischen Leitlinien eine Rolle: Wurde zum Beispiel die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie durch schärfere CO2-Normen aus Brüssel bedroht, wurden diese blockiert. 2013 gab Merkel zu Protokoll: »Wir wollen die erneuerbaren Energien ausbauen. Aber das muss so geschehen, dass der Industriestandort Deutschland nicht in Gefahr gerät«.
Auch die Sparsamkeit war keine Hilfe: Die direkten Effekte der Schuldenbremse auf öffentliche Umweltinvestitionen werden zwar meist überschätzt, doch ihre indirekten Effekte wiegen umso schwerer. In flexiblen Arbeitsmärkten mit strukturellem Nachfragemangel sind die Zukunfts- und Karriereaussichten vieler Menschen von Unsicherheit geprägt. So entstanden über die Jahre Wählergruppen, die aus nachvollziehbaren Motiven einen Wandel scheuen. So hat die Sparsamkeit ein Umfeld geschaffen, in dem es immer schwieriger geworden ist, eine konsequente Klimapolitik mehrheitsfähig zu machen.
Wie kann es sein, dass einer strategisch klugen und durchsetzungsstarken Politikerin so grundlegende Weichenstellungen missglückten? Eines ist klar: Merkels Fehler gehen nicht darauf zurück, dass sie eine neoliberale Ideologin war. Nachdem sie in den Tagen des Leipziger Parteitags von 2003 kurz mit dem Neoliberalismus liebäugelte, war sie nach der Bundestagswahl 2005 schnell bereit, diese Ideologie wieder fallen zu lassen. Auch politische Sachzwänge überzeugen nicht. Bei der Rettung des Euros, der Umstellung südeuropäischer Wachstumsmodelle und in der Geflüchtetenfrage demonstrierte Merkel: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.
Ebenso wenig war Merkel völlig blind gegenüber der sozialen Ungleichheit, die sich in und durch ihre Amtszeit verschärfte. »Solidarität mit den Schwachen« war ein weiteres Leitmotiv ihrer Wirtschaftspolitik. Von der SPD geforderte Reformen wie der Kita-Ausbau, der Mindestlohn und die Grundrente hat sie mitgetragen.
Doch einen Knochenbruch heilt man nicht mit Pflastern. Merkels wirtschaftliche Grundsatzentscheidungen haben existenzielle Unsicherheiten ausgelöst und sich durch ihre Krisenpolitik in ganz Europa ausgebreitet. Die Folgen dieser Wirtschaftspolitik, insbesondere die Zukunftsangst, wurden durch die desolate Klimapolitik noch zusätzlich verstärkt. Mit vergünstigten Krediten oder einem Mindestlohn von 8,50 Euro lässt sich das alles nicht auffangen.
All dies, so scheint es, erkannte Merkel selbst gegen Ende ihrer Amtszeit: Ihr Einverständnis zum EU-Wiederaufbaufonds und seiner Finanzierung durch gemeinsame europäische Verschuldung, ihre Treffen mit Greta Thunberg und Luisa Neubauer sowie das Eingeständnis, dass in der Bekämpfung des Klimawandels »nicht ausreichend viel passiert« sei und der Versuch ihres Kanzleramtschefs doch noch die Schuldenbremse zu lockern – all dies zeugt davon. Doch diese Kurskorrekturen kamen zu spät und waren zu zaghaft.
Fraglich bleibt, warum sie diese grundlegenden Fehlentscheidungen überhaupt gefällt hat. Ihr Umfeld könnte dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Die Kanzlerin war umgeben von einem Stab meinungsstarker und treuer Wirtschaftsberater, darunter Jens Weidmann, Uwe Corsepius und Lars-Hendrik Röller. Der Erste wurde nach seiner Ernennung zum Bundesbankpräsidenten als »der letzte Falke« bekannt, der selbst inmitten der Eurokrise noch geldpolitische Zurückhaltung forderte. Der Zweite, »Merkels Euro-Fighter«, schmetterte in der Eurokrise sämtliche Vorschläge ab, die ihrer Gesamtstrategie zuwiderliefen und erwarb damit den Spitznamen »Dr. No«. Der Dritte argumentierte gerne, dass nur harte Strukturreformen zu Wettbewerbsfähigkeit führen, und die sei wiederum der Schlüssel zum Erfolg.
Eine vollständige Erklärung wird erst mit historischem Abstand und geöffneten Archiven möglich sein. Bereits heute ist jedoch erkennbar, dass Merkels Wirtschafts- und Finanzpolitik ihre Gesellschafts-, Klima- und Europapolitik untergruben. Jenseits der urbanen Zentren und außerhalb der wenigen Industrie-Inseln, die noch durch gewerkschaftliche Deiche geschützt werden, hat sich in ganz Europa ökonomische Unsicherheit ausgebreitet.
Von diesem Modell haben vor allem die Eigentümer der Exportindustrie, der sogenannte Mittelstand, sowie in geringerem Maße die Kernbelegschaften der Exportindustrien profitiert. Diese Gruppen beeinflussen die deutsche Politik beträchtlich. Dass Merkel auch nach der Eurokrise und trotz der Klimakrise keinen Richtungswechsel vorgab, könnte in Teilen auch auf deren Macht und Einflussnahme zurückzuführen sein.
Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt schnell umsteuern: weg von einem Wachstumsmodell, das auf fossile Brennstoffe und Marktlösungen setzt, hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, deren Umbau Kinder und Rentner, Arbeiterinnen und Pfleger, Studierende und Eingewanderte, aber auch Firmen und der Staat schnellstmöglich zusammen angehen müssen. Staatliche Haushaltsdefizite und höhere Löhne sollten die Nachfrage ankurbeln, um unter den Beschäftigten und den Kapitalgebern neue Zuversicht zu schaffen. Infrastruktur, Industrie und Wohnraum sollten mittels öffentlicher und privater Investitionen erneuert werden. Und die Dekarbonisierung sollte so zügig vorangebracht werden, dass die heutige und künftige Jugend wieder Hoffnung fassen kann.
Max Krahé ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen sowie Mitgründer und Forschungsdirektor des Dezernat Zukunft. Er hat politische Theorie und politische Ökonomie in Oxford und London studiert und in Yale promoviert.