20. Januar 2025
Donald Trump und Elon Musk inszenieren sich als Verfechter der Meinungsfreiheit. Tatsächlich wollen sie sie weiter einschränken, um ihre Interessen durchzusetzen. Worauf wir uns gefasst machen müssen und warum das auch die politische Meinungsbildung in Deutschland betrifft.
Der reichste Mann der Welt beim Händeschütteln mit dem Präsidenten der USA: Elon Musk und Donald Trump in Washington, 19. Januar 2025.
Heute wird Donald Trump zum zweiten Mal das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten übernehmen. Vor vier Jahren rief er noch zum Sturm auf das Weiße Haus auf, mehrere Menschen starben. Nun betritt er ganz offiziell den Amts- und Regierungssitz der USA, und die ganze Welt schaut zu. Denn was in den USA passiert, beeinflusst Länder und Regierungen weltweit.
Auch innerhalb der Medien zeigt sich der transatlantische Einfluss. Unabhängig von der Frage, inwieweit journalistische Inhalte hierzulande von der US-Regierung mitfinanziert werden, konsumieren und zirkulieren Journalistinnen und Journalisten in Deutschland und Europa Informationen von Trump, seiner Regierung und deren Umfeld. Sie tun das beispielsweise auf X (ehemals Twitter), dessen Besitzer Elon Musk die Plattform und seine über 200 Millionen Follower für den Wahlkampf nutzte und der nun Mitglied der Trump-Regierung wird.
Gleichzeitig sitzen große Technologiekonzerne wie Meta (Facebook) und Alphabet (Google) in den USA, beherrschen aber auch die Märkte in Europa. In Deutschland finanzieren sie große Verlagshäuser, Journalismusprojekte wie Neue Deutsche Medienmacher und Forschungseinrichtungen, etwa an der Technischen Universität München. Auf nationaler und europäischer Ebene bekämpfen sie Versuche, Technologie- und Digitalkonzerne stärker zu regulieren. Mit Musk hat Big Tech nun einen Vertreter ihrer Interessen in der US-Regierung.
Indes schürt Trump weiter Hass gegen alle, die ihn kritisieren – dazu gehören vor allem auch Journalistinnen und Journalisten, die er als »Feinde des Volkes« bezeichnet. Laut der britischen Zeitung Guardian drohte Trumps Kandidat für das Amt des FBI-Direktors Kash Patel: »Wir werden uns die Leute in den Medien vorknöpfen.« Das wirft die Frage auf, ob die Präsidentschaft Trumps auch Einfluss auf die Medien und Medienregulierung in Deutschland und Europa nehmen wird.
Bereits in seiner ersten Amtszeit attackierte Donald Trump US-amerikanische Mainstream-Medien, stellte deren Kritik mit Lüge gleich und untergrub so wiederholt die Glaubwürdigkeit von Journalistinnen und Journalisten. Für die Verbreitung seiner Ideen nutzte Trump vor allem die Plattform Twitter, die ihn aufgrund von Aufrufen zu Hass und Gewalt letztlich sperrte. Dennoch verschärfte Trumps Agieren die Debatten um Faktizität, Wahrheit und Konsens, beispielsweise zu Corona, der Klimakrise und seinen Straftaten.
Mittlerweile gleichen diese Debatten medialen Informationskriegen – auch in Deutschland. Zudem verschärfte die damalige Trump-Administration die strafrechtliche Verfolgung von Nachrichtenquellen in den USA, mischte sich in die Geschäfte von US-Medienkonzernen ein und schikanierte Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Einreise ins Land. CNN-Mitarbeitenden wie Jim Acosta, die im Weißen Haus zu viele Fragen stellten, wurden Presserechte entzogen.
Das war zu Trumps erster Amtszeit. Damals war die Administration schlecht vorbereitet und stellte sich teilweise aktiv gegen Trumps Pläne. Diesmal ist es anders. Das Konzept Project 2025 – entworfen von rund 400 konservativen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung der Heritage Foundation – beschreibt auf knapp 900 Seiten die Prioritäten und Ziele für Trumps zweite Amtszeit.
Auch wenn Trump sich öffentlich vom Project 2025 distanziert hat, sind viele der Autorinnen und Autoren gut in republikanischen Kreisen vernetzt. Sie werden wichtige Positionen in der neuen Administration einnehmen. Das Konzept enthält Empfehlungen zu Fragen der Außen- und Innenpolitik, Bildung und Wirtschaft. In Bezug auf die Medien unterstreicht Project 2025, dass Trump die öffentlichen Medien in den USA reformieren müsse, beispielsweise den öffentlichen Rundfunk, also den Public Broadcasting Service (PBS) und das National Public Radio (NPR). Beiden Institutionen wird vorgeworfen, ein voreingenommenes linksliberales Meinungsumfeld zu schaffen, das konservative Ansichten unterdrücke. Damit seien sie »nicht-bildend«. Ihre Finanzierung solle deshalb gestrichen, der Status als nicht-kommerzielle Bildungssender genommen und die Verpflichtung zu hohen Lizenzgebühren gegeben werden.
»Die finanzielle Aushöhlung des ohnehin schon kaum finanzierten öffentlichen Rundfunks in den USA schaffen einen Präzedenzfall, der Gegnerinnen und Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland politisches Futter gibt.«
Außerdem solle, laut Konzept, das Verhältnis der Regierung zu Nachrichtenmedien generell überdacht werden. Beispielsweise solle untersucht werden, ob Journalistinnen und Journalisten überhaupt Zugang zu den Räumlichkeiten des Weißen Hauses erhalten müssten. Gleichzeitig sieht Project 2025 die leichtere Beschlagnahmung von E-Mails und Telefonaufzeichnungen, also die Überwachung von Journalistinnen und Journalisten, vor. Laut Kelly McBride, Senior Vice President des Poynter Instituts für Journalismus, seien diese Drohungen ernst zu nehmen. Vor allem die Unterwanderung des Quellenschutzes sei ein offenes Einfallstor, um die Pressefreiheit in den USA weiter einzuschränken.
Diese Maßnahmen dürften die deutschen und europäischen Medien direkt und indirekt beeinflussen. Zum einen hätten wohl auch deutsche und europäische Journalistinnen und Journalisten mit größeren Einschränkungen im Weißen Haus zu rechnen und damit einen schlechteren Zugang zu den Entscheidungsprozessen der Exekutive in den USA. Zum anderen schaffen die Rhetorik und die finanzielle Aushöhlung des ohnehin schon kaum finanzierten öffentlichen Rundfunks in den USA einen Präzedenzfall, der Gegnerinnen und Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland politisches Futter gibt. Beispielsweise propagiert die AfD gern die »Entideologisierung des Rundfunks«. Sie will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht reformieren, sondern ihn abschaffen.
Die erste Amtszeit Donald Trumps zeichnete sich durch ambivalente Positionen gegenüber großen Konzernen aus. Trump und seine Regierung äußerten sich wiederholt kritisch zu Big Tech und anderen großen Konglomeraten, doch dies geschah primär, wenn es politisch opportun war. Beispiele dafür reichen von den Versuchen, die Fusion von dem Telekommunikationskonzern AT&T und Time Warner zu blockieren, über die Forderung, Amazon höhere Versandkosten bei der US-amerikanischen Post aufzuerlegen, bis hin zu ersten Gesprächen über ein Verbot der Videoplattform TikTok. Letztlich passierte auf ordnungspolitischer Ebene aber nichts Substantielles während Trumps erster Amtszeit – der Medienwissenschaftler Philip Napoli hat deshalb argumentiert, dass die Technologiepolitik der ersten Trump-Präsidentschaft ein klassischer Fall für symbolische Politikgestaltung war.
Seit seiner ersten Amtszeit hat sich Trumps Haltung zu den großen Technologiekonzernen deutlich verändert. Inzwischen ist er mit den Tech-Konzernen eng verbunden, was sich auch in der Finanzierung seiner Wahlkampagne zeigt: Trump erhielt insgesamt 273,2 Millionen US-Dollar von einigen der einflussreichsten Persönlichkeiten der Technologiebranche. Darunter fallen erhebliche Spenden von Elon Musk (242,6 Millionen US-Dollar), Marc Andreessen (5,5 Millionen US-Dollar) und Jan Koum (5,1 Millionen US-Dollar). Diese Nähe der kommenden US-Regierung zu Big Tech wird sehr wahrscheinlich auch auf ordnungspolitischer Ebene Wirkung zeigen. Bereits während des Wahlkampfs kündigte Elon Musk – der mit Abstand größte individuelle Spender für Donald Trumps Wahlkampf – über seine Plattform X an, dass die Vorsitzende der US-Wettbewerbsbehörde, Lina Khan, sofort entlassen werde, sollte Trump gewinnen. Der von Donald Trump designierte künftige Chef der US-Bundeshandelskommission FCC, Andrew Ferguson, kündigte diesbezüglich an, dass er Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz nicht oder nur geringfügig regulieren werde.
»US-amerikanische Digitalkonzerne verfügen über eine ohnehin schon große Lobbymacht in der EU. Es ist damit zu rechnen, dass sie ihre enge Beziehung zur US-Regierung nutzen werden, um EU-Regulierungen soweit wie möglich aufzuweichen.«
Gleichzeitig ist die Zukunft der Videoplattform TikTok in den USA hart umkämpft. Während seiner ersten Amtszeit hatte Trump versucht, die Plattform aufgrund nationaler Sicherheitsbedenken zu verbieten. Mittlerweile erklärte er jedoch öffentlich, dies nicht mehr tun zu wollen. Das steht im klaren Gegensatz zur aktuellen US-Gesetzgebung, die darauf abzielt, TikTok zu einer Abspaltung von seiner chinesischen Muttergesellschaft ByteDance zu zwingen. Unklar ist auch, welche wirtschaftlichen Interessen der Trump-Großspender Jeffrey S. Yass verfolgt, dessen Private-Equity-Unternehmen Susquehanna einen 15-prozentigen Anteil an ByteDance hält.
In Europa wird die zweite Trump-Regierung mit großer Wahrscheinlichkeit die Regulierung von Digitalkonzernen erschweren und aktuelle Regulierungen infrage stellen. Biden hatte bereits Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich mit Strafzöllen gedroht, nachdem diese Länder Digitalsteuern eingeführt hatten, die primär für US-amerikanische Großkonzernen fällig wurden. Doch der im Februar 2024 in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union und auch der Digital Markets Act (DMA) sowie der AI-Act werden Konsequenzen für US-amerikanische Plattformen und Suchmaschinen nach sich ziehen. Beispielsweise fallen einige US-amerikanische Digitalkonzerne unter die Regulierung des DSA, der für sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen besonders scharfe Regeln vorsieht.
Es ist damit zu rechnen, dass US-amerikanische Digitalkonzerne, die über eine ohnehin schon große Lobbymacht in der EU verfügen, ihre enge Beziehung zur US-Regierung nutzen werden, um EU-Regulierungen soweit wie möglich aufzuweichen. Die damit weiter zunehmende Schwierigkeit, Digitalkonzerne effektiv zu regulieren, stellt eine ernsthafte Herausforderung für die demokratische Kontrolle über zentrale digitale Infrastrukturen dar. Dies schwächt die Fähigkeit, öffentliche Interessen gegenüber mächtigen transnationalen Akteuren durchzusetzen. Fällt diese notwendige Regulierung weg oder wird sie aufgeweicht, nimmt die ökonomische, politische und kulturelle Macht von Digitalkonzernen in Zukunft weiter zu.
Die besprochenen Auswirkungen der zweiten Trump-Regierung auf Medien und Kommunikation in Deutschland und Europa werden begleitet von einer grundlegenden Oligarchisierung US-amerikanischer Politik. Natürlich hatten reiche Menschen auch schon in vorherigen Regierungen in den USA und weltweit mehr Einfluss auf die Politik als ärmere Menschen. Unter Trumps zweiter Amtszeit werden allerdings einige wenige extrem reiche Menschen, die mit Trump eng verbunden sind, regierungsähnliche Funktionen ausüben, obwohl sie nie gewählt oder für ein offizielles Amt nominiert wurden.
Dies zeichnet sich schon jetzt ab: Mitte November 2024 wurde bekannt, dass Elon Musk, künftiges Regierungsmitglied der Trump-Regierung, den UN-Botschafter des Iran getroffen hat. Es ist also beispielsweise nicht völlig abwegig, dass die künftige US-Regierung ihre weitere NATO-Beteiligung davon abhängig machen wird, ob und wie streng die EU die Plattform X reguliert – so wie JD Vance im Wahlkampf bereit angedroht hatte. Diese Verhandlungen werden dann mit direkter Beteiligung von Elon Musk stattfinden. Ähnliches droht auch im Fall von TikTok, Meta oder Trump Media. An Letzterem hielt Donald Trump selbst noch über 50 Prozent der Anteile, bevor er diese in einen Trust für seinen Sohn Donald Trump Jr. überschrieb.
Infolge dieser Oligarchisierung der US-amerikanischen Politik werden künftige EU-Regulierungsbestrebungen wohl nicht nur auf den Widerstand von Digitalkonzernen treffen, sondern auch Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung hervorrufen. Beispiel Meta: Mark Zuckerberg hatte in einem vieldiskutierten Video angekündigt, dass Meta in den USA die Faktencheck-Teams abschafft. Sollten Faktencheck-Teams auch in Europa abgeschafft werden, steht das im Gegensatz zu den neuen EU-Regulierungen im Rahmen des DSA. Es ist denkbar, dass aufgrund Zuckerbergs und Metas Nähe zu Trump, die kommende US-Regierung beispielsweise Strafzölle auf Importe aus Europa ankündigt, wenn die EU Meta zu Faktenchecks verpflichtet.
Die oligarchische Verzahnung wirtschaftlicher und politischer Interessen in der US-amerikanischen Politik wird auch den politischen Meinungsbildungsprozess in Europa und Deutschland verstärkt beeinflussen. Elon Musk nutzt die Plattform X nicht nur zur Bündelung nationaler und transnationaler rechter Kräfte. Ende Dezember 2024 verfasste er auch einen Gastbeitrag in der Welt am Sonntag und machte darin unverhohlen Wahlwerbung für die AfD. Er nannte die Partei »den letzten Funken Hoffnung« und widersprach ihrer rechtsextremen Einstufung. Anfang Januar legte Elon Musk nach und lud AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel zu einem Livegespräch auf X ein. Ein paar Tage später teilte er auch noch den Livestream des AfD-Parteitags auf X und verhalf der Partei damit zu einem Millionenpublikum. Verschiedene Organisationen, wie der Deutsche Journalistenverband (DJV), kritisierten die Welt am Sonntag für den Abdruck von Musks Wahlwerbung stark. Andere Journalistinnen und Journalisten hoben dagegen hervor, dass nicht nur die Welt am Sonntag Musk und der AfD eine Bühne biete. Vielmehr griffen verschiedene deutsche und europäische Medien Musks Thesen auf, streuten sie und gaben ihnen damit eine Plattform.
Dies sind bedenkliche Anzeichen dafür, wie Medien mit der zukünftigen US-Regierung umgehen werden. Denn die Oligarchisierung der US-amerikanischen Politik und der damit einhergehende anti-demokratische Kurs müssen konsequent offengelegt, kritisch hinterfragt, eingeordnet und bekämpft werden. Das bedeutet auch, aufzuzeigen, wie die Kontrolle über soziale Medien und die Gesetzgebung genutzt werden, um die Interessen einer kleinen mächtigen Gruppe durchzusetzen. Die zweite Trump-Regierung wird nicht mehr nur größtenteils durch die Streuung von Mis- und Desinformation punkten. Vielmehr wird diese Informationsstrategie mit einer rigorosen Nutzung aller weiteren zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und kommunikativen Mittel und Wege verknüpft sein – diesmal sogar mit einem akkordierten Plan.
Mandy Tröger ist Walter-Benjamin-Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am Institut für Medienwissenschaft der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Sie promovierte 2018 in kritischer Medien- und Kommunikationswissenschaft am Institute of Communications Research (ICR) der University of Illinois at Urbana-Champaign (UIUC). Ihre Forschungsinteressen sind vergleichende Medien- und Kommunikationsgeschichte und kritische Medientheorie.
Hendrik Theine ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Linz Institute for Transformative Change und am Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft (ICAE) an der Johannes Kepler Universität Linz sowie Postdoctoral Fellow am Media, Inequality & Change Center (MIC) der Annenberg School for Communication, University of Pennsylvania. Er erforscht Mediendiskurse zu Klimakrise, wirtschaftlicher Ungleichheit und sozio-ökologischer Transformation sowie die Macht- und Konzentrationsdynamiken in Medienmärkten und im digitalen Kapitalismus.