07. März 2022
Männer werden eher zu Batman, anstatt in Therapie zu gehen.
Das Reboot »The Batman« sollte abgründiger werden. Es ist vor allen Dingen schlecht ausgeleuchtet und langweilig.
Ok, das war dumm. Ich hatte die leise Hoffnung, dass Drehbuchautor und Regisseur Matt Reeves, der mit seinem Reboot von Planet der Affen einige ganz interessante Dinge angestellt hat, auch Batman frisch und durchdacht in Szene setzen würde. Aber ich wurde enttäuscht. Fast drei Stunden lang wurde ich enttäuscht, um es ganz genau zu nehmen.
»Überlang und unterbelichtet«, witzeln führende Kritiker unter vorgehaltener Hand, aber der mitternächtliche Look von The Batman ist eigentlich ganz in Ordnung, wenn auch nicht sonderlich bemerkenswert. Es wurde viel darüber gesprochen, dass er dem Film Noir nachempfunden sei – einem Genre, das die moderne Gesellschaft in düsteren und kontrastreichen Bildern als existenzielle Hölle darstellt, aus der es kein Entkommen gibt. Doch das einzige was in The Batman an Film Noir erinnern lässt, sind regnerische Nachtszenen und verängstigte Posen. Er schwelgt eine Weile in der vermeintlich totalen Verkommenheit Gothams und nimmt sie am Ende doch wieder zurück.
Gotham muss immer böse genug sein, um von Batman beschützt werden zu müssen, aber dieser Film versprach weitaus mehr. Sichtbar wird, dass sämtliche Behörden in Gotham – Regierung, Polizei, Gerichte, alles – seit Jahrzehnten von der Mafia geführt werden und durch und durch korrupt sind. Doch in den ernsten Schlussszenen des Films erklärt die mutige, idealistische Bürgermeisterkandidatin einer begeisterten Menge, dass Gotham gerettet werden kann, wenn die Menschen den gewählten Regierungsbeamten und auch »einander« mehr Vertrauen schenken.
Batman/Bruce Wayne, der von Robert Pattinson als Depressiver mit Entwicklungsstörung gespielt wird, scheint im Laufe des Films zu erkennen, dass die ganze gewalttätige Selbstjustiz am Ende vielleicht weder ihm selbst noch der Gesellschaft wirklich guttut. In der Eröffnungsszene des Films stöhnt Batman: »Ich kann nicht überall sein«, und das in einer Stadt, in der das Böse von der Spitze des Machtgefüges nach unten ausströmt. Dieser Dringlichkeitserklärung lässt er Taten folgen, indem er ein paar jugendliche Kleinkriminelle in Halloween-Kostümen brutal zusammenschlägt.
Dieser Angriff auf die kleinen Fische im Haifischbecken scheint zunächst auf eine kritische Betrachtung des Kreuzritters im schwarzen Umhang hinzudeuten. Wofür zieht Batman eigentlich ins Feld? Doch am Ende des Films blickt ein neuer, mitfühlender Batman auf das halb zerstörte Gotham und beschließt, zu bleiben. Irgendjemand müsse schließlich gegen »die Gesetzlosen und die Plünderer« kämpfen, die in den Ruinen der Stadt ihr Unwesen treiben werden.
Dieser Film ist ideologisch so desorientiert, dass man versucht ist, Regisseur Reeves, der das Drehbuch gemeinsam mit Peter Craig geschrieben hat, in Schutz zu nehmen, weil er wahrscheinlich vorhatte, konsequenter in das dunkle Herz der Batman-Figur und seiner modrigen Stadt zu blicken, aber sich vermutlich in bestimmten Punkten einfach nicht durchsetzen konnte – vor allem hinsichtlich der sehr Hollywood-tauglichen Schlussszenen. Allerdings soll Reeves sehr viel kreative Freiheit gehabt haben. Er bestand außerdem auf einer kompletten Neufassung des Drehbuchs, als er das Projekt von Ben Affleck übernahm.
Fairerweise muss man sagen, dass es erstmal gar nicht so verkehrt ist, das Publikum in die ausufernde politische Korruption Gothams eintauchen zu lassen. Das ist alles zwar noch ziemlich vertraut, aber vielversprechend – wenn es etwas mutiger ausgearbeitet worden wäre. Es war auch keine schlechte Entscheidung, dass der Riddler in dieser Batman-Verfilmung von Armut und Neid getrieben wird und sich insgeheim nach Reichtum sehnt, obwohl die Elite eigentlich seine Zielscheibe ist. Er ist besessen davon, einen Mitstreiter zu finden, weshalb es dann auch nicht verwundert, wenn er Batman zujubelt: »Wir sind ein Team!«
Dieser Film weiß nicht so recht, was er eigentlich aussagen will, und das macht ihn am Ende auch so langweilig. Vieles wird mit der Ernsthaftigkeit einer Paul-Verhoeven-Satire behandelt, etwa wenn ein erstaunlich schnell geläuterter Batman vorsichtig und fast schon zärtlich eine winzige Gruppe von Menschen vor dem Untergang rettet, während zeitgleich der größte Teil der Stadtbevölkerung vor die Hunde geht. Dabei hält er auch – ganz wie die Freiheitsstatue – noch eine brennende Fackel in die Höhe.
Wie es sich für eine Marvel- und DC-Comic-Verfilmung gehört wurden eine Menge begabter Schauspielerinnen und Schauspieler angeheuert, nur um sie dann in der Gegend herumstehen zu lassen. Sie werden allesamt von der gigantischen Produktion in den Schatten gestellt, aber geben ihr Bestes, um einen Eindruck zu hinterlassen. John Turturro ist als lächelnder Mafiaboss exzellent. Und trotz Prothesen und Makeup ist zu erkennen, dass auch Colin Farrell in seiner Rolle als niederer Gangster, der Pinguin, sichtlich Spaß hat. Paul Dano ist als Edward Nashton alias der Riddler überzeugend gruselig und spielt die Figur als einen sich selbst dokumentierenden Serienmörder. Und Zoë Kravitz ist hinreißend und aalglatt in einer schwach geschriebenen Rolle von Selina Kyle alias Catwoman, die als Kellnerin in einem Nachtclub, Drogendealerin und Diebin arbeitet, bis ihre Freundin von Mafiosi entführt wird, was sie dazu bringt, sich mit Batman zusammenzuschließen. Jeffrey Wright als Lieutenant James Gordon, Batmans Verbündeter bei der Polizei von Gotham, und Andy Serkis als Batmans treuer Butler Alfred runden die Besetzung ab.
So viele Bösewichte bedeuten so viele Handlungsstränge, die es zu entwickeln und abzuschließen gilt, und keiner davon wird konsequent zu Ende geführt. Kein Film hat je so viele Beinahe-Schlussfolgerungen angedeutet. Und diese chaotische Struktur wird nicht einmal durch regelmäßig getaktete Actionszenen gestützt, die im Verhältnis zu der überwältigenden Masse an Dialogen und Erläuterungen überraschend spärlich sind. Tatsächlich sind es die morbiden Foltermorde des Riddlers im Stil von Sieben, die den größten Teil des Films gliedern. Die einzige denkwürdige Actionszene ist Batmans nächtliche Verfolgungsjagd mit dem Pinguin auf einer vollen Autobahn, die durch das empörte Gekreische des Gangsters, der von einem Fahrer verfolgt wird, der noch wahnsinniger ist als er selbst, unterstrichen wird.
Natürlich kann Kritik diesem Film nichts anhaben, weil er sowieso von so ziemlich allen gesehen werden wird. Auch jede folgende Version von Batman, die ebenfalls versuchen wird, den Film düsterer zu gestalten als den vorigen, werden sich alle anschauen. Aber »düster« bedeutet in diesen Filmen in der Regel einfallslose Low-Key-Beleuchtung und halbherziges Schwelgen in städtischem Zerfall und moralischer Zweideutigkeit, die sich stets im üblichen dämlichen Kampf zwischen Gut und Böse aufzulösen scheint.
Eileen Jones ist Filmkritikerin bei JACOBIN, Autorin von »Filmsuck, USA« und Moderatorin des Podcasts Filmsuck.
Eileen Jones ist Filmkritikerin bei JACOBIN, Autorin von »Filmsuck, USA« und Moderatorin des Podcasts »Filmsuck«.