23. Januar 2025
Donald Trumps zweite Amtszeit wird düster: Er wird außen neue Konflikte schüren und innen autoritäre Härte zeigen. Doch seine zur Schau gestellte Stärke ist eine Fassade. Denn in Wahrheit ist er ein Präsident ohne Popularität.
Inszeniert sich als Mann der Stärke: Donald Trump beim Amtsantritt in Washington, 20. Januar 2023.
Donald Trumps zweite Amtszeit hat begonnen – und er wird nicht derselbe Präsident sein, der er während seiner ersten Amtszeit gewesen ist. Denn die Bedingungen, unter denen Trump heute agiert, haben sich zugunsten seiner politischen Ziele und der hinter ihm stehenden Kräfte verschoben. Wohin die Reise gehen soll, zeigte sich bereits daran, wer zu seiner Amtseinführung eingeladen wurde: Nicht Macron, Scholz oder Merz, sondern Meloni und Weidel weilten an seiner Seite und dazwischen, aufgereiht wie die Hühner auf der Stange, die Silicon-Valley-Milliardäre Mark Zuckerberg, Elon Musk und Jeff Bezos. Trump sieht sich – das ist das Signal – nicht als Vertreter einer internationalen oder »westlichen« Staatengemeinschaft, sondern als Vertreter der extremen Rechten.
Auch hat er seine Forderungen in Bezug auf Panama und Grönland – er will den Panamakanal wieder unter US-Kontrolle wissen und Grönland den USA anschließen – erneuert und den Notstand an der Grenze zu Mexiko verhängt. Darüber hinaus zelebrierte er sein Bekenntnis zur Zentralisierung von Entscheidungsbefugnissen, indem er einen riesigen Stapel an Dekreten unterzeichnete.
Die westlichen Staats- und Regierungschefs, einschließlich der (links-)liberalen Kräfte, die Trump als Faschisten bezeichnet haben, sind in vielerlei Hinsicht selbst Trumpisten. Trump ist nicht die eigentliche Ursache, sondern eher ein Symptom grundlegender Entwicklungen des westlichen Kapitalismus und Imperialismus, der seit 2007 in einer tiefgreifenden Krise steckt. Letzten Endes ist Trump ein amerikanischer Präsident, der die Dilemmata des amerikanischen Imperiums erbt und sich ihnen stellt – und davon gibt es viele.
Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer High-Tech-Rivalität mit China. Dies ist der weltgeschichtliche Konflikt des 21. Jahrhunderts, und die Vereinigten Staaten scheinen ihn zu verlieren, trotz der erheblichen Machtressourcen des US-Staats. Chinas Exit-Strategie aus der globalen Finanzkrise, die einen massiven staatlichen Interventionismus beinhaltete, um nationale Champions in Zukunftstechnologien im Allgemeinen und in grünen Technologien im Besonderen zu schaffen, war der westlichen Strategie der »inneren Abwertung« von Kosten und Löhnen überlegen.
Das Ergebnis ist, dass sich China bei vielen Zukunftstechnologien – von der Mobilfunkkommunikation bis hin zur Künstlichen Intelligenz und Big-Data-Technologien wie etwa Gesichts- und Spracherkennungstechnologien – zum ebenbürtigen Konkurrenten entwickelt hat. Darüber hinaus hat Chinas unumkehrbare E-Revolution das Land zum Weltmarktführer für grüne Technologien gemacht – von Windturbinen und Solarzellen bis hin zu Elektroautos und Hochgeschwindigkeitszügen.
»In einer Welt, deren wirtschaftliches Zentrum sich nach Osten und Süden verlagert, zielt diese Politik darauf ab, den Globus in eine neue Blockkonfrontation zu zwingen.«
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklärten die USA, dass sie keinen Konkurrenten um ihre Vormachtstellung dulden würden. Gelungen ist das nicht. Bushs Versuch, die Kontrolle über die Ölressourcen des Nahen Ostens gegen alle potenziellen Rivalen, einschließlich der EU, zu verteidigen, scheiterte ebenso wie die Seewegsblockade des chinesischen Handels durch Obamas »Pivot to Asia« und die Militarisierung des West-Pazifik (»Forward Positioning«).
Folglich verstärkt der US-Staat sein Ringen um globale Vorherrschaft und setzt alle ihm verbliebenen Machtressourcen ein. Das sind zwar immer noch recht viele, aber es wird zunehmend offensichtlich, dass es sich dabei um Zwangsmittel handelt.
Dies zeigt sich zum einen im – von Obama eingeleiteten, von Trump systematisierten und von Joe Biden intensivierten – US-Wirtschaftskrieg gegen China und die auswärtige Konkurrenz: Darunter fällt erstens eine Politisierung von Lieferketten, die soweit geht, dass der US-Staat ausländische Privatunternehmen für ihren Handel mit China oder sogar die Beschäftigung chinesischer Staatsangehöriger sanktioniert. Zweitens wird der US-Binnenmarkt als erpresserisches Druckmittel gegen China, aber auch Europa genutzt, um sich – von Software der Silicon-Valley-Techkonzerne bis hin zu pharmazeutischen Produkten wie Impfstoffen – Monopolrenten zu sichern. Drittens werden massive Zwangseingriffe in den »freien Markt« unternommen. Beispielhaft steht dafür der gescheiterte Versuch, im Interesse der Tech-Milliardäre und im Namen der »nationalen Sicherheit« den chinesischen TikTok-Konzern ByteDance durch einen Zwangsverkauf oder ein rechtswidriges Verbot vom US-Markt zu verdrängen.
Zum anderen zeigen sich die Zwangsmittel in der Geopolitik. Die USA kesseln China durch die Militarisierung des westlichen Pazifiks und eine aggressive Umkehrung des diplomatischen Ein-China-Prinzips ein – Taiwan wird nur von elf Mikrostaaten der Welt völkerrechtlich anerkannt, alle anderen erkennen die Insel als einen autonomen Teil von Festlandchina an – und drängen auf die taiwanesische Unabhängigkeit, die China aber erklärtermaßen niemals akzeptieren würde. In einer Welt, deren wirtschaftliches Zentrum sich nach Osten und Süden verlagert, in der China heute der größte Handelspartner für mehr als 120 Staaten der Welt ist und in der die BRICS-Staaten zunehmend an Attraktivität gewinnen, zielt diese Politik darauf ab, den Globus in eine neue Blockkonfrontation zu zwingen. Große Länder wie Indien oder Südkorea werden dazu gedrängt, ihre Außenpolitik, die darauf angelegt ist, sowohl mit den USA als auch mit China gute Beziehungen zu pflegen, aufzugeben, was sie in einen neuen Kalten Krieg gegen die Volksrepublik treibt.
Der neue Kalte Krieg unterscheidet sich jedoch insofern vom alten Kalten Krieg, als er dessen Parameter umkehrt: Im alten Kalten Krieg waren die USA der Sowjetunion wirtschaftlich überlegen und sowohl nach innen als auch nach außen hegemonial. Sie waren das unangefochtene Empire des kapitalistischen »Westens«. In der neuen Situation verliert die US-Wirtschaft ihre Vormachtstellung, und der Lebensstandard der lohnabhängigen Bevölkerungsmehrheit im Westen verschlechtert sich.
»Der autoritäre Staatsumbau findet in einer geschichtlichen Situation statt, in dem sowohl die Eliten als auch die Massen von der Funktionsweise des liberalen Parlamentarismus immer weniger überzeugt sind.«
Infolgedessen hat der westliche Imperialismus seine Hegemonie eingebüßt: Nach innen führt der Rechtspopulismus, der die Bevölkerung gegen das Establishment und die klientelistische Parteipolitik aufwiegelt, dazu, dass der Staat weitgehend dysfunktional wird. Exitstrategien aus kapitalistischen Krisen erfordern aber grundsätzlich eine geeinte Bourgeoisie mit immensen politischen Ressourcen und Handlungsspielräumen. Das Paradoxe an kapitalistischen Systemkrisen ist, dass sie dazu tendieren, die Bourgeoisie in zahlreiche klientelistische Parteien zu zersplittern, die eher ihrem eigenen Machterhalt verpflichtet sind. Sie sind somit unfähig, die Art von groß angelegter Planung durchzuführen, die notwendig wäre, um China und den immensen Planungskapazitäten der Kommunistischen Partei zu begegnen.
Trumps erklärte Entscheidung, autoritär zu regieren – einschließlich der Verlagerung der Legislative unter die Kontrolle der Exekutive, groß angelegter Säuberungen gegen »innere Feinde« im Staatsapparat, der Herrschaft durch Exekutivanordnungen und möglicherweise eines permanenten Ausnahmezustands, der durch die unweigerlich gewaltsamen Konflikte um Massenabschiebungen gegebenenfalls aus kaltem Machtkalkül heraus herbeigeführt werden wird – muss in diesem Licht betrachtet werden. Der autoritäre Staatsumbau, den Trump einleiten will, findet in einer geschichtlichen Situation statt, in dem sowohl die Eliten als auch die Massen von der Funktionsweise des liberalen Parlamentarismus immer weniger überzeugt sind – wenngleich auch aus entgegengesetzten Gründen. Entsprechend halbherzig könnte die Kritik des liberalen Bürgertums an dieser Zentralisierung von Machtfunktionen ausfallen. Der Kapitalismus wird postliberal.
Trump, der offen von einem »geeinten Reich« träumt, wird seine neue Macht nutzen, um zu versuchen, Chinas Aufstieg zu blockieren. Seine Position wird dadurch gestärkt, dass die Biden-Administration den Wirtschaftskrieg gegen China fortgesetzt und sogar verschärft hat, indem sie zum Beispiel die Strafzölle gegen chinesische E-Fahrzeuge und Solarpaneele von 25 auf 100 Prozent erhöhte. Darüber hinaus plant die neue Regierung einen 20-prozentigen Basiszoll für alle Einfuhren in die Vereinigten Staaten und einen 60-prozentigen Basiszoll für alle Einfuhren aus China.
Intern streiten sich zwei Fraktionen darüber, ob der Protektionismus, wie unter Reagan und der ersten Trump-Administration, lediglich ein Mittel zum Zweck ist, um bessere Handelsbedingungen durchzusetzen und vom Rest der Welt Tribute für geistige Eigentumsrechte zu fordern, oder ob er ein Selbstzweck ist. Diese Richtungsauseinandersetzung wird zwischen dem designierten Finanzminister Scott Bessent und dem Handelsminister Howard Lutnick ausgetragen, der vom Schattenpräsidenten Elon Musk unterstützt wird. Ob die Trump-Administration den Inflation Reduction Act und den CHIPS and Science Act als Hauptpfeiler des »crowding in«, also des Anlockens von Kapitalinvestitionen aus dem Rest der Welt, aufrechterhalten wird, ist offen.
Als Trump zum ersten Mal Präsident der Vereinigten Staaten wurde, setzte er ein radikalisiertes Programm neoliberaler Politik alter Schule um. Er senkte den Spitzensteuersatz von 39,6 auf 37 Prozent und reduzierte die Unternehmenssteuer von 37 auf 21 Prozent. Er rechtfertigte diese Maßnahmen im Namen der Arbeiterklasse. Gemäß der Trickle-Down-Rhetorik argumentierte er, dass die Steuersenkungen für Unternehmen und Superreiche von heute die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen sein würden. Die Steuersenkungen würden sich also durch massive Wachstumsraten refinanzieren. Und das Wachstum würde dafür sorgen, dass die Reallöhne auch ohne Gewerkschaften und Arbeitskämpfe auf ein Niveau steigen würden, das es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat.
»Trump hat seine Versprechen nie eingelöst. Er hat lediglich die Milliardärsklasse noch reicher gemacht und die öffentliche Neuverschuldung fast verdoppelt.«
»Make America Great Again« ist die Sehnsucht nach einem »verlorenen Paradies« der 1950er Jahre, als Männer ohne Hochschulabschluss noch mit einem einzigen Einkommen eine Familie ernähren, ein Haus bauen, zwei Autos kaufen und ihre Kinder aufs College schicken konnten, während die finanzielle Abhängigkeit ihrer Frauen garantierte, dass diese sich um Kinder und Familienangehörige kümmerten und sich nicht von ihren prügelnden Ehemännern scheiden lassen konnten, selbst wenn sie es wollten. Das ist gemeint, wenn Konservative von »Familienwerten« sprechen. Offensichtlich war und ist in dieser Erinnerung verloren gegangen, dass dieses »Goldene Zeitalter des Kapitalismus«, wie es der marxistische Historiker Eric Hobsbawm nannte, starke Gewerkschaften, hohe Steuern auf Kapital und Superreiche, einen robusten öffentlichen Sektor mit starken Regulierungen und eine auf Vollbeschäftigung ausgerichtete Geldpolitik voraussetzte – genau das Gegenteil von dem, was Trump in seiner ersten Amtszeit verordnete und heute vorschlägt.
Folglich hat Trump seine Versprechen nie eingelöst. Er hat lediglich die Milliardärsklasse noch reicher gemacht und die öffentliche Neuverschuldung fast verdoppelt. Es ist kein Wunder, dass Trump 2017 nicht nur im Rekordtempo unter die kritische Marke von 40 Prozent Beliebtheitswerten fiel, sondern auch als historisch unpopulärer Präsident aus dem Amt schied.
Heute wiederholt sich die tragische Geschichte als Farce. Die Strategie der Bidenomics scheiterte nicht nur an parteiinternem Widerstand von Senator und Bergbaukapitalist Joe Manchin, sondern auch daran, dass die Biden-Regierung im Gegensatz zum New Deal von Roosevelt darauf verzichtete, für die Finanzierung von Bidens massiven Investitionen die Großvermögen der Milliardärsklasse systematisch abzuschöpfen, und stattdessen auf historisch niedrige Zinssätze setzte. Als die Inflation einsetzte, war Bidenomics zum Scheitern verurteilt.
Die Inflation und der politische Zentrismus des demokratischen Parteiestablishments haben nun Trump an die Macht gebracht, obwohl er immer noch weithin unbeliebt ist und von der Mehrheit der Bevölkerung als »zu extrem« angesehen wird. Auch das Wahlverhalten der diversen amerikanischen Arbeiterklasse zeigt, dass die Klassenfrage für viele wahlentscheidend war.
Dennoch stellt sich die Frage, ob es tatsächlich ein Trump-Projekt gibt, das in der Lage sein wird, die Zustimmung einer Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner zu erhalten – einschließlich der weißen, lateinamerikanischen und asiatisch-amerikanischen Arbeiterinnen und Arbeiter, die für Trump gestimmt haben. Es ist zweifelhaft, ob es ein Trump-Projekt mit solchen hegemonialen Kapazitäten geben kann. Dies gilt umso mehr, als die Nachwahlbefragungen der Präsidentschaftswahlen 2024 eindeutig zeigen, dass Trump weder für seine Pläne der Massenabschiebungen, des Abtreibungsverbots noch der massiven Umverteilung von unten nach oben breiten Rückhalt erfährt.
»Die Ironie der Geschichte ist, dass Trump wegen des allgegenwärtigen Zorns über die Inflation gewählt wurde, aber bald über ein Land mit noch stärkerer Inflation regieren wird.«
Die USA sind ein Land mit einer enorm gefährdeten Arbeiterklasse. Der Prozentsatz derjenigen, die von der Hand in den Mund leben und keinerlei Rücklagen haben, ist auf 60 Prozent gestiegen. Vor der globalen Finanzkrise waren es noch etwa 40 Prozent. Mit anderen Worten, drei von fünf Amerikanern haben keinerlei Ersparnisse, um auf die enormen Unsicherheiten und Risiken des Lebens im Kapitalismus zu reagieren: Inflation, Arbeitsplatzverlust, unfreiwillige Kurzzeitbeschäftigung, physische oder psychische Arbeitsunfähigkeit, Pflege von Angehörigen, die Geburt oder College-Ausbildung von Kindern oder auch Krankheits- und Gesundheitskosten, die in den USA die häufigste Ursache für Privatinsolvenzen darstellen. Die Individualisierung von Risiken bei gleichzeitigem Abbau des sozialen Sicherheitsnetzes sind die materielle Grundlage, aus der eine populistische Grundstimmung erwächst, die dazu führt, dass die Mehrheit der US-Bevölkerung befindet, dass das Land das letzte Mal im Mai 2003 »auf dem richtigen Weg« gewesen ist.
Die Ironie der Geschichte ist, dass Trump wegen des allgegenwärtigen Zorns über die Inflation gewählt wurde, aber bald über ein Land mit noch stärkerer Inflation regieren wird, wenn seine Politik umgesetzt ist. Als 1979 der Volcker-Schock eintrat, der die Zinssätze der US-Notenbank erhöhte, um die Inflation zu bekämpfen, war die neoliberale Wende vollzogen. Die daraus resultierende Massenarbeitslosigkeit brach der Gewerkschaftsmacht im Westen das Genick, was sich daran zeigt, dass die massiven Streikwellen der 1970er Jahre abebbten, lange bevor Reagan die Fluglotsen entließ oder Thatcher den Streik der Bergarbeiter niederschlagen ließ. Zugleich brach die durch den Volcker-Schock hervorgebrachte, plötzliche Vervielfachung der Dollarschulden in der »Dritten Welt« den größtenteils sozialistisch orientierten nationalen Befreiungsbewegungen das Rückgrat und ermöglichte so die erzwungene Globalisierung durch den Freihandelsimperialismus der Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank. Die dadurch herbeigeführte Mobilität des Kapitals ermöglicht es ihm, die Arbeiterklassen der Welt zu lohnpolitischen Konzessionen und die Staaten der Welt zu Subventionen und Steuersenkungen zu erpressen.
Doch während die Zerschlagung dieser beiden Säulen ihrerseits die Vernichtung der dritten Säule, der Sowjetunion und des realen Sozialismus, erleichterte, hat sie neue Widersprüche geschaffen. Einer davon ist, dass die Arbeiterklassen des Westens immer abhängiger von billigen Konsumgütern geworden sind, die aus dem globalen Süden und insbesondere aus China importiert werden. In vielerlei Hinsicht wurde die Schwächung der Gewerkschaftsmacht im Westen und insbesondere in den USA durch die Globalisierung des Kapitalismus ausgeglichen. Infolgedessen werden die Strafzölle gegen China und den Rest der Welt jedoch die Lebenshaltungskosten erheblich erhöhen und könnten eine stark gefährdete Arbeiterklasse massenhaft in eine Existenzkrise stürzen. Verschiedene Studien gehen davon aus, dass die Inflation auf neue Höchstwerte zwischen 6,3 und 8,9 Prozent ansteigen wird.
Nun gibt es einige »gegenläufige Tendenzen«, um es mit Marx zu sagen, zur relativen und absoluten Verarmung der US-Arbeiterklasse. Dazu gehören die Erhöhungen der Mindestlöhne in einzelnen Staaten, die jüngsten Erfolge der Gewerkschaften sowie einige der bestehenden Trump-Politiken selbst, wie der Plan einer gebührenfreien »American Academy«, die durch Steuern auf die Stiftungen der liberalen Ivy-League-Universitäten finanziert werden soll, die Geburtenprämien nach Vorbild von Viktor Orban und Subventionen für – zumeist christlich-rechte – Eltern, die ihre Kinder zuhause statt in (vermeintlich »linken«) öffentlichen Schulen unterrichten wollen. Dennoch ist unwahrscheinlich, dass diese Maßnahmen verhindern werden, dass die zu erwartende Inflation die Lage der Arbeiterklasse erheblich verschlechtert und Trump schnell wieder zu einem unpopulären Präsidenten wird. Dies dürfte jedoch auch Autoritarismus im Innern und die Forcierung äußerer Konflikte, vor allem gegen China – hier ist Außenminister Marco Rubio ein absoluter Hardliner –, bedeuten. Denn die Identifikation von gemeinsamen Feinden, ist das einzige, was eine ökonomisch und sozial auseinanderbrechende Gesellschaft noch zusammenhalten wird.
Ingar Solty beobachtet und schreibt seit mehr als zwanzig Jahren über die Vereinigten Staaten von Amerika. In den nächsten Tagen erscheint sein Buch Trumps Triumph? Gespaltene Staaten von Amerika, autoritärer Staatsumbau und neue Blockkonfrontation beim VSA-Verlag in Hamburg. Er ist außerdem Autor der Edition Marxismen, die seit diesem Jahr im Brumaire Verlag erscheint.