11. März 2024
Bei den Gemeinderatswahlen in Salzburg legten Österreichs Kommunisten um fast 20 Prozent zu. Damit zeigen sie, dass eine linke Partei, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung glaubwürdig vertritt, überall erfolgreich sein kann.
Die Kandidatinnen und Kandidaten der KPÖ PLUS zur Salzburger Gemeinderatswahl am 10. März 2024.
Am Sonntag schaute ganz Österreich gespannt nach Salzburg, wo das »Superwahljahr 2024« mit Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen eröffnet wurde. Auf nationaler Ebene führt die rechtsextreme FPÖ seit inzwischen anderthalb Jahren fast ununterbrochen alle Umfragen an. Viele erwarten 2024 einen erheblichen Rechtsruck und vielleicht sogar einem FPÖ-Kanzler. Doch die Partei, die nach der ersten Runde des Superwahljahres am meisten zu feiern hat, ist eindeutig nicht die FPÖ.
Mit 23,1 Prozent der Stimmen bei der Salzburger Gemeinderatswahl gelang es der KPÖ PLUS, ihr Ergebnis von 3,7 Prozent aus dem Jahr 2019 zu versechsfachen. Damit wurde sie zur zweitstärksten Kraft bei der Gemeinderatswahl – vor der konservativen ÖVP (20,8 Prozent), den linksliberalen Grünen (12,7 Prozent), der FPÖ (10,8 Prozent) und mehreren Kleinparteien. Nur die SPÖ schaffte es, mit 25,6 Prozent vor den Kommunisten zu landen. Dieser Sieg wird allerdings dadurch geschmälert, dass die Sozialdemokraten gegenüber 2019 leicht verloren haben.
In Salzburg wird der Bürgermeister nicht vom Gemeinderat, sondern am selben Tag der Gemeinderatswahl direkt von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt gewählt. Auch bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag belegt die KPÖ den zweiten Platz: mit 28 Prozent der Stimmen landet der kommunistische Landtagsabgeordnete Kay-Michael Dankl knapp hinter dem sozialdemokratischen Vizebürgermeister Bernhard Auinger, der 29,4 Prozent für sich beanspruchen konnte.
Weil keiner der beiden Kandidaten mehr als 50 Prozent gewann, wird es eine Stichwahl am 24. März geben. Hier dürfte Auinger im Vorteil sein, da Wählerinnen und Wähler aus dem konservativen Lager der SPÖ näher stehen als der KPÖ. Man sollte Dankls Chancen allerdings nicht unterschätzen: Er genießt sehr hohe Vertrauenswerte, und die KPÖ hat mehrfach bewiesen, dass sie in der Lage ist, allen anderen Parteien Stimmen abzugewinnen und Nichtwählende zu mobilisieren.
Obwohl die KPÖ sich über ihren enormen Stimmenzuwachs freuen kann, kommt dieser nicht als Überraschung. Denn im Laufe der letzten drei Jahre erlebte die Partei zwei regelrechte Durchbrüche. Im Herbst 2021 wurde sie allen Erwartungen zum Trotz stärkste Kraft bei der Gemeinderatswahl in Graz und regiert seither in einer Koalition mit den Grünen und der SPÖ. In Graz gewinnt die Partei in dieser Funktion weiter an Zuspruch, für das Jahr 2023 wurde ihre Bürgermeisterin Elke Kahr – die einzige kommunistische Bürgermeisterin einer größeren europäischen Stadt – sogar zur »weltbesten Bürgermeisterin« erklärt.
Der zweite Durchbruch erfolgte bei der Landtagswahl in Salzburg im Frühling 2023. Anders als in Graz oder dessen Bundesland Steiermark, wo sie aufgrund jahrzehntelanger Basisarbeit zumindest eine starke Oppositionspartei war, hatte die KPÖ im ganzen Bundesland Salzburg nur einen einzigen politischen Amtsinhaber – einen Gemeinderat der Stadt Salzburg namens Kay-Michael Dankl. Erst 2019 errang der damals dreißigjährige Museumsführer mit 3,7 Prozent ein Mandat im Salzburger Gemeinderat. Sein Ansatz ist dem der Steiermark sehr ähnlich: Er fokussiert sich auf eine Handvoll Themen, die das tägliche Leben der arbeitenden Menschen unmittelbar betreffen. Dazu zählt vor allem die Frage des leistbaren Wohnraums.
»Der Erfolg beweist, dass der gerechtfertigte Unmut großer Teile der Bevölkerung gegenüber der herrschenden Politik nicht zwangsläufig in Ressentiment und Reaktion münden muss.«
Gleichzeitig steht die KPÖ in beiden Bundesländern im direkten Austausch mit ihren Wählerinnen und Wählern, etwa im Rahmen von regelmäßigen Sozialberatungssprechstunden. Dadurch konnte die Partei ihr Stimmergebnis bei der Salzburger Landtagswahl 2023 von 0,4 Prozent auf 11,7 Prozent verbessern. In der Hauptstadt selbst gewannen die Kommunisten sogar 21,5 Prozent und landeten damit nur hinter der ÖVP.
Genau wie bei ihrem Wahlkampf letztes Jahr setzte die Salzburger KPÖ diesmal wieder überwiegend auf das Thema Wohnen – mittlerweile ihr politisches Markenzeichen. Als Wahlkampfauftakt organisierte sie am 27. Januar einen Protest gegen den drohenden Abriss der Südtiroler Siedlung im Stadtteil Liefering, einem großen Wohnkomplex günstiger unbefristeter Mietwohnungen.
Während Parteileute mit Bewohnerinnen und Bewohnern eine Menschenkette um ein Gebäude bildeten, hielt Kay-Michael Dankl eine Rede, in der er den Mangel an leistbarem Wohnraum in Salzburg kritisierte: Dieser sei »kein Naturgesetz« sondern Ergebnis von Immobilienspekulation, die durch die investorenfreundliche Politik der etablierten Parteien befördert werde.
Auf diesen Vorwurf hatten weder die regierenden noch die anderen oppositionellen Parteien etwas Inhaltliches zu erwidern. Stattdessen deklarierten sie die KPÖ als »populistisch« (als ob solche Etikettierungen für die Mehrheit der Menschen große Bedeutung hätten) oder versuchten, Angst vor dem Gespenst des Kommunismus zu schüren (als ob man mehr Angst davor als etwa vor den steigenden Lebenshaltungskosten haben sollte).
Ganz im Sinne ihres Erfolgsrezepts der letzten Jahre ließen sich die Dunkelroten aber nicht vom eigentlichen Thema ablenken. Mit einem beeindruckenden Grad an message discipline konzentrierten sie sich weiter auf Forderungen wie etwa die Einführung einer Mietpreisbremse und den Ausbau von gemeinnützigen Wohnungen. Damit bestimmten sie den politischen Diskurs. Mit der bevorstehenden Stichwahl dürfte sich diese Dynamik nun noch zwei Wochen fortsetzen.
Es ist zweifelhaft, ob die Ergebnisse in Salzburg den Höhenflug der FPÖ im Bund dämpfen werden. Doch auch wenn der jüngste Erfolg der KPÖ den Vormarsch der Rechten nicht allein aufhalten kann, so gibt er dennoch Grund zur Hoffnung.
Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und der damit verbundenen Explosion der Lebenshaltungskosten steht die FPÖ bei Umfragen im Bund durchgehend bei etwa 30 Prozent. Dennoch konnte sie ihr Ergebnis in Salzburg Stadt aus dem Jahr 2019 lediglich um etwas mehr als 2 Prozent verbessern. Das ist auf die außergewöhnliche Stärke der KPÖ zurückzuführen, denn mit Ausnahme der Kommunisten stagnierten oder schrumpften die Stimmenanteile aller anderen Parteien.
»Wenn die Freiwilligen nun konsequent in ihren eigenen Gemeinden den Ansatz ihrer Grazer und Salzburger Genossen verfolgen, wird die KPÖ in den kommenden Jahren noch mehr an Boden gewinnen.«
Der Erfolg der KPÖ in Salzburg beweist, dass der gerechtfertigte Unmut großer Teile der Bevölkerung gegenüber der herrschenden Politik nicht zwangsläufig in Ressentiment und Reaktion münden muss. Tatsächlich kann dieser in eine solidarische Richtung gelenkt werden kann, wenn Parteien die Sorgen der Menschen ansprechen und sich dabei als glaubwürdig erweisen.
Im Grunde ist der Aufbau dieser Glaubwürdigkeit ein langfristiger Prozess – in Graz kam die KPÖ erst dreißig Jahre nach der Einführung ihres Basisarbeit-Modells an die Macht. Allerdings zeigen die neueren Zugewinne der Partei im Bundesland Salzburg sowie dessen Hauptstadt, dass das Grazer Modell auch viel schneller Früchte tragen kann.
Die Salzburger KPÖ hat sicher davon profitiert, dass ihre Genossinnen und Genossen in Graz hohe Beliebtheitswerte und Aufmerksamkeit genießen. Der entscheidende Faktor am Sonntag war jedoch das entschlossene Team um Kay-Michael Dankl, das die Gemeindearbeit der Partei organisiert und einen höchst professionellen Wahlkampf geführt hat.
Ein wesentlicher Teil dieses Wahlkampfs war das Einbinden von Parteimitgliedern aus ganz Österreich als freiwillige Helferinnen und Helfer durch sogenannte Aktionswochenenden, wo sie etwa bei Infotischen halfen, Plakate aufstellten und Flyer auf der Straße verteilten. Wenn diese Freiwilligen nun konsequent in ihren eigenen Gemeinden den Ansatz ihrer Grazer und Salzburger Genossinnen und Genossen verfolgen, wird die KPÖ in den kommenden Jahren noch mehr gewinnen – und damit den Rechten das Wasser abgraben.