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18. August 2025

»In der Politik sollte es darum gehen, Menschen zu ermächtigen«

Ex-Labour-Chef Jeremy Corbyn hat eine Partei gegründet. Sie will sich mit den Reichen anlegen und die Menschen dazu befähigen, die Politik mitzugestalten. Was seine Partei sonst noch anders machen will, erzählt er im Gespräch.

Corbyns Ankündigung, eine Partei zu gründen, wurde enthusiastisch empfangen: 650.000 Menschen haben sich bereits registriert.

Corbyns Ankündigung, eine Partei zu gründen, wurde enthusiastisch empfangen: 650.000 Menschen haben sich bereits registriert.

IMAGO / ZUMA Press Wire

In den vergangenen Wochen hat die Ankündigung der ehemaligen Labour-Abgeordneten Zarah Sultana, eine neue Partei links von Labour zu gründen, bei Millionen Menschen in Großbritannien für Begeisterung gesorgt. Die Leute scheinen auf der Suche nach einer politischen Kraft, die sich gegen die Politik von Keir Starmer sowie seine Unterstützung für Völkermord und Austerität stellt.

Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels haben sich bereits über 650.000 Menschen registriert, um potenziell Mitglied der Partei zu werden. Jenseits der recht nüchternen Medienberichterstattung hat die Ankündigung eine lebhafte Diskussion innerhalb der britischen Linken ausgelöst, die sich nur allzu bewusst ist, dass sie seit 2022 aus der »Mainstream-Politik« verdrängt wurde.

Marcus Barnett hat sich mit dem ehemaligen Labour-Chef Jeremy Corbyn getroffen, der eine wichtige Rolle beim Aufbau der neuen Partei spielt. Die beiden sprachen unter anderem über die Ausgrenzung breiter Massen der Bevölkerung von der Politik bis hin zu Fragen, wie breit eine Bewegung sein darf, ob man mit den britischen Grünen kooperieren kann und ob/wie es möglich ist, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden.

Der geplante Aufbau einer neuen linken Partei hat bei vielen Menschen im Vereinigten Königreich für Euphorie gesorgt. Sie wollen neue Hoffnung schöpfen, dass ihr Land und die Welt zu einem besseren Ort gemacht werden können. Was meinst Du: Was sagt uns das große Interesse und die Masse an Anmeldungen über das derzeitige politische Machtlosigkeitsgefühl?

Wenn rund 650.000 Menschen sich für ein neues Projekt interessieren und sich anmelden, machen sie das nicht ohne Grund: Sie melden sich an, weil sie es satthaben. Sie haben es satt, immer ärmer zu werden, während die Reichen immer reicher werden. Sie haben es satt, dass die Gebühren für die Wasserversorgung steigen, obwohl die Rohre platzen und Abwasser in unsere Meere fließt. Sie haben es satt, eigentlich selbstverständliche Forderungen stellen zu müssen – wie zum Beispiel, dass Menschen mit Behinderung ausreichend Unterstützung erhalten, um ein Leben in Würde führen zu können – und trotzdem ignoriert zu werden. Sie haben es satt, von Entscheidungen, die ihr alltägliches Leben betreffen, ausgeschlossen zu werden.

Sehen wir uns doch die Probleme unserer heutigen Gesellschaft an: Tafeln sind für tausende Menschen ein essenzieller Bestandteil ihres Lebens. Mieter geben weit über die Hälfte ihres Nettoeinkommens für die Wohnungsmiete aus. Menschen aller Altersgruppen stehen unter enormem Stress. Wenn Regierungen mit dem Versprechen antreten, dass sich etwas ändern wird, und dann nichts geschieht, führt das zu Reaktionen. Diese Energie hat sich schon seit einiger Zeit aufgebaut. Schließlich sind all diese Probleme nichts Neues. Mehrere aufeinanderfolgende Regierungen haben sich geweigert, etwas dagegen zu unternehmen. Das hat Konsequenzen; [diese Politiker] ernten jetzt, was sie gesät haben.

»Es geht nicht um uns als Aktivistinnen und Aktivisten. Es geht um Millionen Menschen, die ein besseres Leben verdienen.«

Die Ankündigung, dass wir eine Website für eine zukünftige Partei launchen, fühlte sich wie ein Dammbruch an. Menschen, denen bisher eine echte Alternative verwehrt worden war, hatten plötzlich etwas, dem sie sich anschließen konnten. Sie haben einen Grund zur Hoffnung bekommen. Wir haben lediglich eine skizzenhafte politische Vision vorgelegt, die auf den Grundprinzipien Gleichheit und Frieden basiert. Wir haben öffentliches Eigentum, Steuern auf hohe Vermögen, Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und auch Unterstützung für Palästina aufgenommen. Wir haben aber keine detailliertere Ausrichtung vorgelegt, nicht zuletzt, weil diese von den Mitgliedern beschlossen werden muss. Aber die Menschen sollten bereits sehen, in welche Richtung wir uns bewegen wollen. Es ist eine Richtung, die diesen Menschen so lange verwehrt wurde; eine Richtung, mit der die Umverteilung von Reichtum und Macht angestrebt wird.

Hast Du einen Überblick darüber, welche Art von Leuten sich anmelden?

Wie zu erwarten war, kommen die meisten Anmeldungen aus den großen Städten wie London, Liverpool, Manchester und Newcastle. Mich hat jedoch überrascht, wie breit gestreut und gleichmäßig verteilt die Unterstützung über alle Regionen und Nationen hinweg ist. Ja, am stärksten ist sie in London, im Nordwesten und in Yorkshire sowie am Humber, aber sie erstreckt sich auch weit darüber hinaus – sogar bis zu den Äußeren Hebriden.

Dies ist ein Beleg dafür, dass die bestehenden Probleme fundamentaler Natur sind und die Menschen im ganzen Land betreffen: Armut, Lohnrückgang, Stress, verfallende öffentliche Einrichtungen, zunehmende soziale Isolation.

Die meisten Menschen, die mit mir sprechen und mir sagen, dass sie sich angemeldet haben, haben offenbar schon eine Weile auf so etwas gewartet. Sie klingen begeistert, fast schon ungeduldig. Vor allem aber klingen sie hoffnungsvoll. Ich wurde auch von Menschen angesprochen, die sich bisher nie wirklich für Politik interessiert haben. Die Reaktionen waren ähnlich wie während unseres Wahlkampfs im vergangenen Jahr. Wir bauen jetzt eine neue Art von Partei auf. Sie soll eine politische Heimat werden für all die Menschen, denen unser verkrustetes Zweiparteiensystem die Mitsprache verweigert.

Seit Du aus der Labour Party ausgeschlossen worden bist, sind die Rufe nach einer neuen politischen Gruppierung unter Deiner Führung und nach Deinen politischen Prinzipien immer lauter geworden. Die Ankündigung fühlt sich nun wie das Ende eines langen Prozesses an, der vor fast einem halben Jahrzehnt mit den Angriffen des rechten Labour-Flügels gegen Dich begonnen hat. Wie ist es letztlich zur Entscheidung für eine Parteineugründung gekommen?

Im Laufe der Jahre haben mich viele gute Freunde angesprochen und gesagt, in diesem Land brauche es eine neue politische Stimme.

Nachdem ich als Mitglied der Labour-Fraktion im Parlament suspendiert wurde, blieb ich Mitglied der Partei und Abgeordneter. Ich wurde von vielen Genossinnen und Genossen vor Ort unterstützt. Keir Starmer hat mir schließlich verboten, als Kandidat für Labour anzutreten. Das war ein skandalöser Angriff auf die lokale Demokratie; meiner Meinung nach sollten die Menschen vor Ort, im Wahlkreis, entscheiden. Daher bin ich bei den Wahlen als unabhängiger Kandidat angetreten.

Meiner Meinung nach wird es sich als wichtig erweisen, dass zuerst der Wahlsieg als Unabhängiger und danach die Gründung einer neuen Partei kam. Ich hatte das Gefühl, dass ein Sieg in Islington North wichtig war, nicht nur für unsere Gemeinde dort, sondern auch für die Menschen anderswo. Eine neue Partei im Vorfeld von Wahlen und somit recht kurzfristig zu gründen, hätte vermutlich bedeutet, dass ich durch das ganze Land touren muss. Das hätte sicherlich erhebliche Auswirkungen auf unsere Wahlkampagne vor Ort in Islington North gehabt.

Während des Wahlkampfs wurde aber immer deutlicher, warum es in naher Zukunft eine neue politische Stimme geben muss. Ich war überrascht, wie viele Leute aus dem ganzen Land, die ich noch nie gesehen hatte und von denen viele noch nie in der Politik aktiv waren, plötzlich Teil unseres Wahlkampfteams sein wollten. Das hat mir gezeigt, wie groß die Unterstützung für eine echte politische Alternative ist.

Seit der Wahl wurden die Rufe nach einer neuen Partei immer lauter und verbreiteten sich immer mehr. Ich habe mit vielen Menschen diskutiert. Dabei wurde mir immer klarer, warum eine neue Partei nicht nur möglich, sondern absolut notwendig ist.

Man muss es so deutlich sagen: Labour hat völlig versagt, die versprochenen Veränderungen durchzusetzen – sei es, die Begrenzung des Kindergeldes auf zwei Kinder aufzuheben, die Streichung von Behindertenleistungen, der Verrat an den Frauen von WASPI, die Kürzungen der Heizkostenzuschüsse oder die Mitschuld an der Ermordung von palästinensischen Menschen.

»Wenn ich mir die Labour Party heute anschaue, scheint es, als hätten die Abgeordneten Angst vor den Menschen, die sie vertreten sollen.«

Im Moment sind wir in einer Situation, in der Labour den Weg für eine zukünftige Regierung unter [der rechten Partei] Reform UK ebnet. Wir sind an einem kritischen Punkt in der britischen Politik. Deshalb haben wir uns entschieden, eine neue Partei zu gründen. Wir müssen für eine Alternative eintreten, wenn wir in einer Gesellschaft leben wollen, die von Gleichheit, Inklusion und Frieden geprägt ist und nicht von Ungleichheit, Spaltung und Krieg.

Ihr habt bewusst entschieden, eine gänzlich neue Parteistruktur aufzubauen. Warum? Hat das mit Problemen zu tun, die Du bei einer klassischen Top-Down-Partei siehst? Basiert es vielleicht auch auf Deinen eigenen Erfahrungen in der Labour Party?

In den vergangenen vierzig Jahren im Parlament habe ich aus erster Hand miterlebt, warum unser politisches System völlig kaputt ist.

Ein Grund ist die Struktur unserer politischen Parteien. Sie sind von oben nach unten organisiert, zentralisiert und bürokratisch. Als ich Vorsitzender von Labour war, wollte ich sogenannte Community Organising Units (COUs) einrichten. Der Grundgedanke dabei war, lokalen Communities die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu organisieren, da sie die Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, am besten kennen. Dagegen gab es aber heftigen Widerstand.

Ansätze wie COUs schaffen Vertrauen; die Partei wird in diesen Gemeinden stärker verwurzelt, was zu deutlich besseren Wahlergebnissen führt. 2019 haben wir in den Wahlkreisen, in denen COUs existierten, höhere Stimmanteile erhalten. Ohne die bürokratischen Hindernisse, die ihre Einführung verzögerten, hätten COUs eine noch viel größere Wirkung haben können.

Wenn ich mir die Labour Party heute anschaue, scheint es, als hätten die Abgeordneten Angst vor den Menschen, die sie vertreten sollen. Wenn Parteien stark zentralisiert sind, kommt es zu schlechter Politik und schlechten Entscheidungen – von der Privatisierung öffentlicher Dienste über den Einmarsch im Irak bis hin zu Austeritätsmaßnahmen.

Deshalb wollen wir versuchen, etwas anders zu machen. In der Politik sollte es darum gehen, Menschen zu stärken, sie zu ermächtigen. Genau das will ich mit dieser Partei erreichen: eine Partei, die offen, inklusiv, basisdemokratisch ist. Viele Leute in unseren Medien hatten ihre Probleme damit, dass normale Leute die Zukunft unserer Partei mitbestimmen sollen. Für die 650.000 Menschen, die sich angemeldet haben, war das offensichtlich nicht so schwer zu verstehen.

»Das ist die Stärke einer wirklich demokratischen Partei: Sie kann normale Leute dazu befähigen, die Prioritäten mitzugestalten – und nicht nur die Leute, die Lobbyarbeit im Parlament gelernt haben.«

Bis Ende des Jahres wollen wir uns zu einer Gründungskonferenz treffen, um die genauere Ausrichtung unserer Partei und ihre Ziele zu beschließen. Doch diese Konferenz wird keine einmalige Sache sein und nicht aus heiterem Himmel kommen: Sie ist das Ergebnis einer Reihe von Treffen und Debatten im ganzen Land. Diese Treffen werden mehr sein als nur Kundgebungen. Sie sollen eine Gelegenheit für Gemeinschaften, soziale Bewegungen und Gewerkschaften sein, zusammenzukommen und die wichtigsten Fragen zu diskutieren, die die Zukunft unserer Partei und unseres Landes betreffen. Dabei wird heftig debattiert werden, da bin ich mir sicher. Und das ist auch gut so. Dafür ist Demokratie da.

Wie genau würde eine solche demokratische Organisation aussehen? Und wie würde sich die Partei gegenüber breiteren sozialen Bewegungen verhalten, beispielsweise Mieter- oder Antikriegsbewegungen?

Ich habe kürzlich in einem Artikel geschrieben: Einer der größten Fehler, den eine Partei machen kann, besteht darin, zu denken, sie müsse sich zwischen dem Parlament und anderen Formen des politischen Agierens entscheiden. Wir müssen überall organisieren: lokal, im Parlament, an den Arbeitsplätzen, in unseren Gemeinden und Gemeinschaften. Das ist die Stärke einer wirklich demokratischen Partei: Sie kann normale Leute dazu befähigen, die Prioritäten mitzugestalten – und nicht nur die Leute, die Lobbyarbeit im Parlament gelernt haben. Wir wollen Kampagnen in und aus der ganzen Gesellschaft miteinander verknüpfen.

Wenn man auf das vergangene Jahr in der britischen Politik zurückblickt, würden manche sagen, dass es vor allem vom Scheitern der Labour-Regierung geprägt war. Ich würde aber hinzufügen, dass es auch von einem außergewöhnlichen Wachstum an Bewegungen geprägt war: Gewerkschaften, Mietervereinigungen, Aktivistinnen für die Rechte von Menschen mit Behinderung, Antirassisten, Klima- und Friedensaktivistinnen. Diese Gruppen können für sich allein genommen nur begrenzte Erfolge erzielen. Aber stell’ Dir mal vor, was sie gemeinsam erreichen können, wenn sie nur die Möglichkeit dazu bekommen.

Selbst viele Betriebsräte und hochrangige Gewerkschaftsfunktionäre – die traditionell dem linken, teilweise auch dem rechten Flügel von Labour nahestehen – scheinen neugierig auf das neue Projekt.

Ich spreche regelmäßig mit Gewerkschaftsvertretern, -führern und -mitgliedern. Es ist völlig klar, dass es weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem Kurs dieser Regierung gibt. Ich möchte, dass unsere neue Partei mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen im ganzen Land zusammenarbeitet. Ich persönlich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit allen Arten von Gewerkschaften.

Ich möchte auch, dass die Partei Arbeiterinnen und Arbeiter unterstützt, die sich bisher nicht organisieren konnten, insbesondere in der Gig Economy. Anfang des Jahres haben wir ein fantastisches Treffen, ein sogenanntes People’s Forum, in Islington North mit Schwerpunkt auf der Gig Economy veranstaltet. Es herrschte Einigkeit darüber, dass echte Verbesserungen nur durch das gemeinsame Handeln der Arbeiterinnen und Arbeiter erreicht werden können.

Es ist darüber hinaus wichtig, dass wir die Gewerkschaftsbewegung nicht als eine von anderen Teilen und anderen Initiativen, wie zum Beispiel der Friedensbewegung, getrennt sehen. Ich hatte das Vergnügen, Chris Smalls aus den USA kennenzulernen, der dort Amazon-Arbeiter organisiert. Er hat sich kürzlich auch der Freedom Flotilla nach Gaza angeschlossen und ist somit ein Beweis dafür, dass wir uns nicht zwischen dem Kampf für Arbeiter und der Unterstützung für Palästina entscheiden müssen. Wir müssen beides tun!

Daraus ergibt sich die Frage: Wann wird eine solche Allianz zu groß, zu breit? Oder anders gefragt: Welche möglichen Differenzen siehst Du und wie könnte man sie überwinden?

Ich arbeite sehr gut mit meinen parteiunabhängigen Kolleginnen und Kollegen [im Parlament] zusammen, vor allem, um gemeinsam gegen den Völkermord in Gaza zu kämpfen. Es bringt den Leuten Hoffnung, wenn sie wissen, dass es Abgeordnete im Parlament gibt, die sich ohne Scheu für das palästinensische Volk einsetzen. Wir sind darüber hinaus nicht immer einer Meinung, aber wir haben bei einer Reihe weiterer Themen klar Stellung bezogen: bei der Begrenzung des Kindergeldes auf zwei Kinder, bei den Kürzungen der Heizkostenzuschüsse, bei den Kürzungen der Behindertenbeihilfen und bei den Waffenverkäufen an Israel.

Ich glaube an die einigende Kraft der Demokratie. Ja, in dieser neuen Partei wird es Meinungsverschiedenheiten und Konflikte geben. Wir sollten offen und ehrlich damit umgehen und uns auf demokratische Institutionen verlassen, um sie konstruktiv und produktiv zu lösen. Wir müssen eine Bewegung aufbauen, die die Vielfalt der Meinungen anerkennt, aber dabei stets für die Menschenrechte und die Würde aller eintritt. Wir müssen uns gegen Unterdrückung und Vorurteile in all ihren Formen vereinen. Und genau das werden wir tun.

Angesichts der früheren Erfahrungen von der SLP bis hin zu Respect: Wie kann eine linke Partei die üblichen Probleme überstehen, die durch Personenkult und interne Machtkämpfe drohen?

Ich möchte, dass diese Partei offen, inklusiv und basisdemokratisch ist. Die Struktur muss die breite geografische Basis unserer Unterstützerschaft widerspiegeln und lokale Gemeinschaften empowern, damit sie Veränderungen von unten vorantreiben können. Was ich nicht will, sind endlose Streitereien darüber, wer in welchem nationalen Ausschuss sitzt.

Eine Partei hält man zusammen, indem man sich an grundlegende Themen wie Kinderarmut, Menschenrechte und Frieden hält. Wir sollten nicht vergessen, warum wir das alles tun: um die Gesellschaft zu verändern, um Reichtum und Macht umzuverteilen. Es geht nicht um uns als Aktivistinnen und Aktivisten. Es geht um Millionen Menschen, die ein besseres Leben verdienen. Es geht um Kinder, die in Armut leben. Es geht auch um die Menschen in Palästina. Es geht um sie, nicht um uns.

Wie sieht es mit einer möglichen Zusammenarbeit mit den britischen Grünen aus?

Die neue Partei wird sich stark für Umweltfragen einsetzen, denn wir glauben, dass Klimagerechtigkeit auch soziale Gerechtigkeit bedeutet. Wir werden mit den Grünen zusammenarbeiten, wo es möglich ist – natürlich bei Umweltfragen, aber hoffentlich auch bei Themen wie Frieden und Menschenrechte. Ich bin immer offen für die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten. Gemeinsam sind wir stärker.

Ich kenne viele Mitglieder der Grünen, arbeite gut mit den Grünen-Abgeordneten im Parlament zusammen und wir haben kooperiert, wo es möglich war. Dadurch konnten wir eine Oppositionsallianz gegen diverse Themen bilden, insbesondere gegen die Kürzungen der Behindertenleistungen. Ich habe außerdem mit Zack [Polanski, dem stellvertretenden Grünen-Vorsitzenden] bei vielen Dingen gemeinsam gekämpft, beispielsweise beim Thema Anti-Austerität.

Jeremy Corbyn ist parteiloses Mitglied des britischen Parlaments für den Bezirk Islington North.