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03. November 2025

Mamdani, AOC und Bernie führen die Opposition gegen Trump an

Das Establishment der Demokraten hat sich als unfähig erwiesen, der Trump-Regierung Widerstand zu leisten. Während die nominellen Parteiführer sich totstellen, sind Linke wie Zohran Mamdani die einzigen, die eine greifbare Alternative anbieten.

Bernie Sanders, Zohran Mamdani und Alexandria Ocasio-Cortez auf der Bühne während der Kundgebung »New York Is Not for Sale«, 26. Oktober 2025.

Bernie Sanders, Zohran Mamdani und Alexandria Ocasio-Cortez auf der Bühne während der Kundgebung »New York Is Not for Sale«, 26. Oktober 2025.

IMAGO / Pacific Press Agency

Wer sind die Führungsfiguren in der Opposition gegen Donald Trumps autoritäre Politik? Derzeit scheint es auf jeden Fall nicht das Establishment der Demokratischen Partei zu sein. Und wenn man Zohran Mamdanis Wahlkampf für das Amt des Bürgermeisters von New York City beobachtet, entsteht zunehmend der Eindruck, dass die Parteilinke den Widerstand anführt.

Am 25. Oktober hielt Mamdani im New Yorker Forest Hills Stadium eine Kundgebung mit rund 13.000 Anhängern ab, an der auch Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders teilnahmen. In ihren Reden betonten Ocasio-Cortez, Sanders und Mamdani, das Gegenmittel zu Trumps Autoritarismus sei eine entschlossene Verteidigung der bürgerlichen Freiheiten sowie ein aggressiver Wirtschaftspopulismus.

Zwei Wochen zuvor hatte Mamdani eine weitere Massenkundgebung im Viertel Washington Heights in Manhattan abgehalten. Dort sprach auch die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James. Es war ihr erster öffentlicher Auftritt seit einer von Trump angeordneten Anklage gegen sie, die eindeutig eine Vergeltungsmaßnahme für ihre früheren Ermittlungen gegen den Präsidenten ist.

Es sind national bekannte Politiker, die an der Spitze der Opposition gegen den Präsidenten stehen – oder im Falle von Letitia James der Fokus von Testläufen sind, bei denen Trump auslotet, wie weit er mit der Instrumentalisierung staatlicher Macht gehen kann. Diese bekannten Persönlichkeiten hängen sich nicht an die etablierten Granden der Demokratischen Partei, um mit ihnen eine Oppositionsfront zu bilden. Sie stellen sich lieber an die Seite Mamdanis.

»Die prominenten demokratischen Sozialisten in den USA formulieren ihrerseits eine kraftvolle Widerstandsbotschaft und eine positive Vision, wie man es mit den Milliardären aufnehmen und die Lebenshaltungskostenkrise bewältigen kann.«

Mamdani erläuterte vergangene Woche einmal mehr, warum Trump erneut die Präsidentschaft gewinnen und sogar in vielen Bezirken von New York City einen gewissen Rechtsruck bewirken konnte. Er verwies auf die Trump-Wählerinnen und -Wähler, mit denen er im Rahmen seines Wahlkampfs gesprochen hatte:

»Sie sagten uns, dass sie Donald Trump unterstützten, weil sie sich von dieser Demokratischen Partei entfremdet fühlen, die sich mit ihrer Mittelmäßigkeit abgefunden hat und ihre Zeit nur denen widmet, die Millionen spenden. Sie sagten uns, dass sie sich von einer Partei im Stich gelassen fühlen, die sich nur den Unternehmen verpflichtet sieht. Sie sagten uns, dass sie um ihre Stimmen gebeten wurden, nachdem ihnen aber lediglich erklärt worden war, wogegen [die Partei] ist, anstatt eine Vision davon zu präsentieren, wofür sie stehen will.

Sie sagten uns, dass sie nicht mehr an ein System glauben, das nicht einmal vorgibt, Lösungen für das wichtigste Problem in ihren Leben anzubieten, nämlich die Lebenshaltungskostenkrise. Die Mieten sind zu hoch. Ebenso die Lebensmittelpreise. Ebenso die Kinderbetreuung. Ebenso das Busfahren. Selbst wenn man zwei oder drei Jobs hat: Es reicht einfach nicht mehr.

Trump hat ihnen, bei allen seinen Makeln, versprochen, dass er ihnen mehr Geld in die Taschen bringen und die Lebenshaltungskosten senken wird. Donald Trump hat gelogen. Es liegt an uns, für die arbeitenden Menschen zu sorgen, die er im Stich gelassen hat. Während der acht Monate des Primarie-Wahlkampfs haben wir den Menschen von New York erklärt, wie genau wir diese Kostenkrise angehen wollen.«

Im Gegensatz zum Establishment der Demokraten bietet Mamdani eine klare Analyse der Probleme der Partei und stellt ein Modell vor, wie man Wählerinnen und Wähler aus der Arbeiterklasse von den Rechten zurückgewinnen kann.

Hinlegen und totstellen

Mittlerweile sind sowohl die Trump-Regierung als auch die Republikanische Partei in der breiten Öffentlichkeit überaus unbeliebt. Kaum verwunderlich: Sie haben in mehreren Städten Truppen der Nationalgarde eingesetzt und maskierte ICE-Beamte angewiesen, die amerikanische Bevölkerung zu terrorisieren und ihre Rechte ungestraft zu verletzen; sie haben ein irrationales, sich ständig änderndes Zollregime eingeführt, das die ohnehin schon harsche Lebenshaltungskostenkrise noch weiter verschärft; und sie geben Milliarden für Steuersenkungen für die Reichsten des Landes aus, während sie gleichzeitig das soziale Sicherheitsnetz zerstören.

Doch trotz alledem wirkt die Demokratische Partei völlig unfähig, sich wie eine echte Oppositionspartei zu verhalten. Sie scheint größtenteils den Ratschlag des Politikberaters James Carville zu befolgen, man solle sich »hinlegen und totstellen«. Dass sie es unter dem Druck der Basis geschafft hat, den Shutdown der Regierung durchzusetzen, ist in dieser Hinsicht eine willkommene Abwechslung – wobei die Parteispitze nicht sonderlich gut darin ist, zu erklären, warum sie eigentlich die Regierung lahmlegt.

Über die Gründe für die Passivität der demokratischen Parteiführung angesichts des Trumpschen Autoritarismus kann nur spekuliert werden. Womöglich spielt die Schwierigkeit eine Rolle, eine Botschaft und ein Programm zu entwickeln, die die Mehrheit der amerikanischen Arbeiterklasse ansprechen, während die Partei weiterhin von wohlhabenden Großspendern und Wirtschaftsinteressen dominiert wird.

Wie dem auch sei: Die prominenten demokratischen Sozialisten in den USA formulieren ihrerseits eine kraftvolle Widerstandsbotschaft und eine positive Vision, wie man es mit den Milliardären aufnehmen und die Lebenshaltungskostenkrise bewältigen kann. Das stößt auf breite Resonanz.

»Aktuell ist klar, dass das Establishment der Demokratischen Partei sich der Aufgabe, Trump entschlossen entgegenzutreten, nicht stellt. Die Linke hingegen schon.«

Mamdanis auf Bezahlbarkeit fokussierte Wahlkampagne für das Bürgermeisteramt hat bei den New Yorkern aus der Arbeiterklasse großen Anklang gefunden. Zeitgleich touren Sanders und AOC durch das Land und präsentieren den Widerstand gegen Trump als Teil eines größeren Kampfes gegen die Bedrohung der Demokratie durch eine Oligarchie – sie zeigen die Verbindungen zwischen den drängenden finanziellen Sorgen der einfachen Amerikanerinnen und Amerikaner mit dem Autoritarismus und der Korruption von Trump und seinen ultrareichen Unterstützern auf.

Während Mamdani in der breiteren Öffentlichkeit noch relativ unbekannt ist, gehören AOC und insbesondere Sanders zu den beliebtesten Politikern des Landes. Studien zeigen immer wieder, dass die wirtschaftspopulistischen Botschaften und Strategien, für die Sanders, AOC und Mamdani stehen, großen Widerhall finden.

Die Demokratische Partei befindet sich imagetechnisch hingegen an einem Tiefpunkt. Laut einer Umfrage von Gallup lag die Beliebtheit der Partei im vergangenen Monat mit 37 Prozent auf einem historischen Tiefstand und damit sogar noch unter den ohnehin schon schlechten 40 Prozent der Republikaner.

In einigen wichtigen Swing States könnte das Problem sogar noch gravierender werden: Jüngste Erhebungen des Center for Working-Class Politics in Pennsylvania, Ohio, Wisconsin und Michigan ergaben, dass ein Kandidat »einen messbaren Stimmenverlust« erleidet, wenn er mit dem Parteilabel der Demokraten markiert wird: »In Staaten wie Michigan, Ohio und Wisconsin liegt dieser Verlust zwischen 10 und 16 Prozentpunkten.«

Hier kommen die Trittbrettfahrer

Diese Unfähigkeit und Unbeliebtheit der Demokraten sowie die zunehmende Begeisterung für Mamdani könnten erklären, warum einige Establishment-Politiker sich inzwischen für den Bürgermeisterkandidaten einsetzen, wenn auch zurückhaltend oder widerwillig. Die Gouverneurin des Bundesstaats New York, Kathy Hochul, ist ein gutes Beispiel: Im September sprach sie ihr offizielles »Endorsement« für Mamdani aus und ließ Anfang Oktober Unterstützung für seine Forderung nach einer allgemeinen Kinderbetreuung folgen. Allerdings hat sie sich immer wieder gegen die von Mamdani zur Finanzierung dieser Maßnahme vorgeschlagene Erhöhung der Steuern für Reiche und Unternehmen ausgesprochen.

Hochuls Unterstützung für Mamdani führte zu einem surrealen Moment bei der Kundgebung vergangene Woche. Zunächst waren mehrere Genossinnen und Genossen Mamdanis aus dem New Yorker Stadtrat und der Staatsversammlung auf die Bühne gekommen, viele von ihnen in einheitlichen roten Sweatshirts mit der Aufschrift »Democratic Socialists of America«. Nach ihnen trat Gouverneurin Hochul zusammen mit den demokratischen Abgeordneten Carl Heastie und Andrea Stewart-Cousins vor die Menge, um ihre Rede zu halten. Das Publikum empfing Hochul alles andere als herzlich. Praktisch sofort begann die Menge, »Tax the Rich« zu skandieren. Hochul antwortete kurz angebunden: »Ja, ich kann euch hören.« Als sie dann auch noch den Namen des Bürgermeisterkandidaten falsch aussprach, brach die Menge in »Mamdani«-Rufe aus.

Irgendwann wurden die Zwischenrufe so zahlreich, dass Mamdani selbst auf die Bühne kam, Hochuls Hand ergriff und sie mit seiner eigenen hob, was einigen Applaus hervorrief, bevor er sie von der Bühne begleitete. Diese Interaktion schien Wirkung zu zeigen: Wenig später äußerte Hochul vorsichtige Offenheit für Steuererhöhungen.

Hochul ist nicht über Nacht zu einer progressiven Politikerin geworden; damit haben die Zwischenrufer zweifellos recht. Doch ihre (halbherzige) Unterstützung für Mamdanis Kandidatur spiegelt vermutlich das Gefühl wider, dass Mamdanis Koalition zumindest in New York die Zukunft der Partei darstellt. Indem sie sich Mamdani öffentlich anschließt – sowohl durch ihr Endorsement für ihn als auch dadurch, dass sie sich zumindest als potenzielle Partnerin für die Verabschiedung einer äußerst populären und einschneidenden Politikmaßnahme wie der universellen Kinderbetreuung präsentiert –, könnte Hochul gegebenenfalls ihre eigenen politischen Karriereaussichten und ihr Image aufbessern. Sie hat erkannt, woher der Wind weht. Und er steht nicht in den Segeln des Partei-Establishments.

»Sozialisten und echte Progressive stellen nach wie vor nur eine winzige Minderheit der demokratischen Fraktionen im Kongress und in den bundesstaatlichen Parlamenten.«

Andere prominente Demokraten haben sich für einen anderen Pfad entschieden. Die New Yorker Senatoren Chuck Schumer und Kirsten Gillibrand beispielsweise haben Mamdani keine Endorsements ausgesprochen, obwohl der Wahlkampf seines Hauptkonkurrenten Andrew Cuomo von Trump unterstützt wurde und sich vor allem auf islamophobe Angriffe stützt. Kurz nachdem Mamdani die Vorwahlen der Demokratischen Partei gewonnen hatte, äußerte Gillibrand im Radio die falsche Anschuldigung, Mamdani würde »den globalen Dschihad befürworten«.

Die Ablehnung dieser Demokraten gegenüber Mamdani beruht zum Teil auf ihrer unerschütterlichen Unterstützung Israels: Während Mamdani den Völkermord in Gaza verurteilt und Israel das Recht auf Existenz als Staat, wenn dieser eine rassistisch oder religiös motivierte Hierarchie unter der Bevölkerung festschreibt, abgesprochen hat, stimmten Gillibrand und Schumer dafür, mehr US-Waffen nach Israel zu liefern.

Hinzu kommt ihre Aversion gegenüber der Kernbotschaft von Mamdani: Die Stadtregierung soll seiner Ansicht nach entschlossen handeln, um das Leben für die Arbeiterklasse in New York erschwinglich zu machen, indem sie den öffentlichen Sektor ausbaut und sich gegen die Oligarchie stellt. Dass Konzerne sowie große Parteispender ein solches Programm ablehnen, ist wenig überraschend.

Insgesamt hat die Tatenlosigkeit und Schwäche von Politikern wie Schumer ein Vakuum in der Führung der Demokratischen Partei geschaffen. Persönlichkeiten wie Mamdani, AOC und Sanders sind in die Bresche gesprungen und haben sich de facto zu Anführern der Anti-Trump-Opposition auf nationaler Ebene entwickelt. Da sie immer mehr Unterstützung von demokratischen Wählern sowie von Unabhängigen erhalten, stehen die etablierten Politiker der Demokratischen Partei zunehmend vor schwierigen Entscheidungen, wie sie mit dem sozialistischen oder zumindest sozialismusfreundlichen Flügel der Partei umgehen sollen.

Eine populistische Koalition

Das bedeutet allerdings nicht, dass eine vollständige Übernahme der Partei durch den linken Flügel wahrscheinlich wäre oder gar unmittelbar bevorsteht. Sozialisten und echte Progressive stellen nach wie vor nur eine winzige Minderheit der demokratischen Fraktionen im Kongress und in den bundesstaatlichen Parlamenten. Außerdem bleibt die anhaltende Dominanz von Großspendern und Unternehmen über die Entscheidungen der Partei ein großes Hindernis für eine grundlegende Transformation der Demokratischen Partei. Darüber hinaus werden selbst Schönwetter-»Verbündete« wie Hochul eine Politik im Mamdani-Stil nur dann unterstützen, wenn sie sich ernstzunehmendem Druck der Bevölkerung gegenübersehen und andernfalls Wahlniederlagen drohen.

Sozialistinnen und Sozialisten aus New York wie AOC und Mamdani werden wahrscheinlich eine Koalition mit einer Vielzahl populistischer Kräfte wie Dan Osborn – dem Streikführer und unabhängigen Senatskandidaten aus Nebraska – schmieden müssen, die das Label »Demokrat« vollständig ablehnen und in bestimmten Fragen einen deutlich anderen Ton anschlagen. Eine solche Allianz würde über die gesteckten Grenzen der Demokratischen Partei hinausgehen. Eine solche Ausrichtung hatte der selbst parteilose Sanders schon mehrfach nahegelegt.

In jedem Fall stehen dem linken Parteiflügel und der Linken allgemein große Herausforderungen bevor. Aktuell ist klar, dass das Establishment der Demokratischen Partei sich der Aufgabe, Trump entschlossen entgegenzutreten, nicht stellt. Die Linke hingegen schon.

Nick French ist Associate Editor bei Jacobin.