01. März 2025
Libertäre wie Elon Musk oder Javier Milei sprechen von Freiheit. Was sie wirklich fordern, ist eine Diktatur der Unternehmer.
Elon Musk und der argentinische Präsident Javier Milei auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) in National Maryland, USA, 20. Februar 2025.
Als Alice Weidel in ihrem Gespräch mit Elon Musk behauptete, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei und Elon Musk ihr zustimmte, war die Häme groß. Wie dumm kann man sein, war die einhellige Meinung der meisten linksliberalen Medien. Dass man in Deutschland Hitler als Kommunist bezeichnen kann, nur weil sich im Kürzel der NSDAP das Wort »sozialistisch« versteckt hat, liegt zum Teil am vollkommen verqueren Geschichtsbild in diesem Land sowie an einem aggressiven Antikommunismus, der zur Staatsraison der BRD gehört.
Dass es sich bei der Einschätzung von Musk und Weidel allerdings nicht um eine geschichtsrevisionistische Verdrehung der Vergangenheit handelt, sondern eine Konsequenz ihres ideologischen Weltbilds und dass sie damit nicht alleine sind, soll Inhalt dieses Artikels sein. Musk und Weidel sind beide Anhänger einer Denkschule, für die staatliche Eingriffe per se illegitim sind und jegliche Form von staatlicher Einmischung so etwas wie Kommunismus. Deren Kritik fängt vielleicht bei Hitler und Stalin an, richtet sich aber genauso gegen Keynes und Roosevelt. Es handelt sich dabei um eine Fortführung der sogenannten Wiener Schule der Ökonomie, kurz österreichische Schule, einer Denkrichtung, die man in ihrer radikalisierten Form auch als Anarcho-Kapitalismus beschreiben kann und die in ihrer autoritären Ausprägung in Form von Rechtslibertären wie Javier Milei, Trump, Elon Musk, Giorgia Meloni, Alice Weidel und Beatrix von Storch gerade ihren Einzug in die internationale Politik hält.
Gegründet wurde die Wiener Schule der Nationalökonomie Ende des 19. Jahrhunderts von Carl Menger, maßgeblich weiter entwickelt allerdings erst Mitte des 20. Jahrhunderts von der dritten und vierten Generation unter dem US-amerikanischen/österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises und seinem britisch-österreichischen Kollegen Friedrich August von Hayek. Diese verstanden sich nicht nur als Gegenpol zum Marxismus, sondern setzten sich auch in scharfen Gegensatz zum britischen Modell des Keynesianismus.
Hayek gründete 1947 die Mont Pelerin Society, einen Zusammenschluss von Akademikern, Geschäftsleuten und Journalisten, der bis heute als Knotenpunkt neoliberaler Netzwerke fungiert. Ziel der Vereinigung ist es, zukünftige Generationen von neoliberalen Ideen zu überzeugen.
»Betrachtet man den internationalen Siegeszug der Marktradikalen mit etwas Distanz, so kann man in dieser Entwicklung unschwer ein Elitenprojekt erkennen, das die restlose Unterdrückung der Arbeiterklasse zum Ziel hat.«
Als radikale Marktbefürworter forderten die Vertreter der österreichischen Schule einen Minimalstaat, der sich auf die allernotwendigsten Aufgaben konzentriert. Als glühender Antikommunist wehrte sich insbesondere Hayek gegen jegliche staatliche Intervention, in der er die Keimzelle der Unfreiheit zu erkennen glaubte. So warnte er in seinem Buch Der Weg zur Knechtschaft 1944, dass staatliche Planwirtschaft und zentralisierte Wirtschaftssteuerung zwangsläufig zu Totalitarismus und individuellem Freiheitsverlust führen würden. Als warnende Beispiele führte er demzufolge die Entwicklung von nationalsozialistischen und kommunistischen Regimen an, wogegen er die freie Marktwirtschaft setzte, als das einzige System, das Wohlstand und individuelle Freiheit garantieren könne.
Das Buch ist bis heute ein zentraler Text für Wirtschaftsliberale und Libertäre und beeinflusst wahrscheinlich nicht nur Vertreterinnen und Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung sondern hatte auch erheblichen Einfluss auf die Politik von Margaret Thatcher und Ronald Reagan.
Doch während diese frühe Generation von Libertären noch nach Möglichkeiten suchten, durch internationale Abkommen und internationale Organisationen wie die Welthandelsorganisation oder den Internationalen-Währungs-Fond eine internationale Wirtschaftsordnung aufzubauen, radikalisierte sich dieses Denken durch die US-amerikanischen Ableger der österreichischen Schule, die sogenannten Neo-Austrians.
Vor allem der Wirtschaftswissenschaftler Murray Rothbard lehnte jegliche regulierende Institutionen kategorisch ab und verknüpfte den Glauben an die Überlegenheit des Marktes mit einem essentiellen Naturalismus, in dem er den Kapitalismus als naturgegebene Ordnung verstand, in dem die »naturgewollten« Unternehmer-Eliten herrschen sollten.
Diese Ideologie hat inzwischen eine internationale Karriere hingelegt. Mit Milei, Meloni, Trump und Musk hat sie nun schon mehrere Staaten gekapert und mit Weidel, von Storch sowie anderen marktradikalen Anhängern wie Lindner und Poschardt steht sie auch hierzulande in den Startlöchern. Zumindest haben sich die beiden letzteren bereits bewundernd über die Maßnahmen von Javier Milei geäußert.
Was sie alle miteinander verbindet, ist ein tiefsitzender Anti-Kommunismus, die Betonung der individuellen Freiheit, ein Ultra-Wirtschaftsliberalismus, die Ablehnung von Gewerkschaften und dem Sozialstaat, ein ultra-kapitalistischer Marktradikalismus, der Umverteilung und Steuern für Diebstahl hält, und die Idee, dass alle gesellschaftlichen Bereiche von der Schule über die Polizei bis hin zum Gesundheitswesen privatisiert werden sollten.
Hinzu kommt noch eine Prise Demokratieskepsis, die auch schon bei den Urvätern der österreichischen Schule wie Mises und Hayek vorhanden war, sich bei Murray Rothbard dann aber in eine echte Demokratie-Feindschaft wandelte. Hans-Hermann Hoppe, einer seiner rührigsten Nachfolger und Verehrer aus Deutschland, lehnt Demokratie dann auch vollständig ab und fordert eine Art Unternehmer-Monarchie.
»Von Storch selbst distanzierte sich von einigen Aussagen Hoppes, teilt aber offensichtlich dessen ökonomische Grundannahmen, was sich in ihrer Forderung nach einem Minimalstaat, ihrer Haltung gegenüber Gewerkschaften und ihrer Demokratieskepsis äußert.«
Dieser in rechtslibertären Kreisen gefeierte Ökonom hat das internationale Netzwerk Property and Freedom Society (PFS) gegründet und bezeichnete sich im Gespräch mit der Jungen Freiheit selbst als »einen Feind des demokratischen Staates«.
Hoppe fungiert mit seinem Netzwerk als eine Art Scharnier zwischen der libertären und rechtsradikalen Szene. Während Alice Weidel und Beatrix von Storch bis 2022 Mitglieder der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft – dem deutschen Ableger der Mont Pelerin Society – waren, bevor diese sich von den Positionen der AfD distanzierte, unterhielt von Storch auch engen Kontakt zur Organisation von Hoppe. Mindestens zweimal war sie auf den jährlichen Treffen der PFS zugegen, auf denen sie auch Vorträge hielt.
Hoppes Theorie ist eine krude Mischung aus radikalem Marktkapitalismus und dem, was er »natürlich Ordnung« nennt. Innerhalb dieser Ordnung sortiert er verschiedene Religionen gemäß ihrer kapitalistischen Verwertbarkeit, wobei er dem Hinduismus, Buddhismus und Islam kritisch gegenüber steht, da sie zu wenig Wert auf irdische Güter legten und somit keinen Wohlstand akkumulieren könnten. Selbst das Judentum sei erst in der Lage gewesen, kapitalistisch mitzuspielen, als sich Vertreter des Judentums, wie eben Murray Rothbard oder Ludwig von Mises, von ihrem Glauben losgesagt hätten.
Lediglich die Christen seien »gute« Kapitalisten, wobei auch diese nach Konfessionen getrennt zu betrachten seien. Hoppe lobt den hierarchischen Charakter des Katholizismus, was seiner Auffassung von der »natürlichen Ordnung« entgegenkommt, hält aber das protestantische Christentum für produktiver und glaubt, dass dieses für die Akkumulation von Humankapital am besten geeignet sei.
In einem Interview mit der Zeitschrift Eigentümlich Frei erklärt er wiederum, dass Privateigentümer durchaus ein »Recht auf Ausschluss, Exklusivität, Diskriminierung und Verbannung« haben müssten. Hoppe argumentiert, dass zum Beispiel eine Privatarmee selbstverständlich »Frauen und bekennende Homosexuelle diskriminieren« würde, da »die Gegenwart von Frauen und offen Homosexuellen in Kampfverbänden« kontraproduktiv sei. Kein Militär-Unternehmer würde solche Kampfverbände anbieten, »weil er keine Käufer finden würde«. Hoppe vertritt die Meinung, dass in einer »natürlichen Ordnung« die Variationsbreite nachgefragter und angebotener Organisationen oder Gemeinschaften weit größer sei als in der aktuellen Gesellschaftsordnung, da sich Gleichgesinnte ja ihre Wunschgemeinden zusammenkaufen könnten.
Von Storch selbst distanzierte sich von einigen Aussagen Hoppes, teilt aber offensichtlich dessen ökonomische Grundannahmen, was sich in ihrer Forderung nach einem Minimalstaat, ihrer Haltung gegenüber Gewerkschaften und ihrer Demokratieskepsis äußert. Ihre Verbindung zur Property and Freedom Society zeigt darüber hinaus in welchen intellektuellen Gefilden sie sich bewegt und aus welchen libertären Quellen sich ihr Denken speist. Auch beruft sie sich gerne mal auf die Schriftstellerin Ayn Rand, eine weitere Vertreterin des radikalen Libertarismus, die von ihren Anhängern fast kultisch verehrt wird. Zwar hatte sich diese aus persönlichen Gründen mit den Vertretern der Neo-Austrians zerstritten, weißt in ihrer Ablehnung von gewerkschaftlicher und demokratischer Mitbestimmung, ihrem Kommunistenhass und ihrer Überhöhung des unternehmerischen Genies große Überschneidungen mit deren Theorien auf. Ihre Werke The Fountainhead und Atlas shrugged gelten als Standard-Werke der libertären Belletristik.
Murray Rothbards Denken wiederum hatte großen Einfluss auf das Silicon Valley, wo seine Theorien ebenfalls autoritär weiterentwickelt wurden, sich in den letzten Jahren als neo-reaktionäre Ideologie verbreiteten und mit ihrem direkten und indirekten Einfluss auf das Weiße Haus nun im Zentrum der Macht angekommen zu sein scheinen.
Einer der prominentesten Vertreter der antidemokratischen, antiegalitären und neofeudalen Neoreaktionären Bewegung (NRx), die sich auch als dunkle Aufklärung bezeichnet, ist Curtis Yarvin, der bis 2013 den Blog Unqualified Reservations betrieb und einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Tech-Milliardär und Investor Peter Thiel hat. Thiel wiederum hatte einst eine relativ enge Beziehung zu Elon Musk, mit dem er zusammen das Unternehmen Paypal gründete, und besitzt noch mehr Einfluss auf den frisch gekürten US-Vizepräsidenten J.D. Vance.
Thiel, einer der wichtigsten Unternehmer der Tech-Branche, veröffentlichte bereits im Jahr 2009 den Aufsatz »The Education of a Libertarian«, der sich stark auf die Ideen von Murray Rothbard bezog und in dem er explizit erklärte: »Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit und Demokratie kompatibel sind.« Sein Denken basiert auf einer Mischung aus libertärer Philosophie, Kritik an ineffizienter Bürokratie und der Überzeugung, dass Demokratie die Freiheit des Individuums behindert. Ebenso wie Rothbard sieht er in der Demokratie nur eine Tyrannei der Mehrheit, welche die Freiheit, vor allem die unternehmerische Freiheit des Einzelnen, einschränkt. Außerdem würden Demokratien durch staatliche Eingriffe und Regulierungen Innovationen hemmen, was besonders für Zukunftsindustrien wie Künstliche Intelligenz, Raumfahrt oder Biotechnologie gelte.
In seinem Essay schlug Thiel darum auch drei Fluchtwege vor, um dem »innovationsfeindlichen« System der Demokratie zu entkommen. Dies wäre erstens das Internet als System der Freiheit außerhalb staatlicher Kontrolle mit Blockchain-Technologie und Kryptowährungen, zweitens Seasteading, also souveräne, schwimmende Städte auf dem Meer, die unabhängig von staatlicher Kontrolle und demokratischen Prozessen wie Unternehmen geführt werden und drittens die Eroberung des Weltraums mit Kolonien auf fremden Planeten, wo neue Gesellschaftsformen aufgebaut werden könnten, ohne die Einschränkungen demokratischer Systeme. Spätestens hier dürften die Parallelen zu Elon Musk mit seiner Marsbesiedlung offensichtlich sein.
»Mit ihrem unbegrenzten Einfluss auf die modernen Medien wird eine Ideologie verbreitet, die Ressentiments gegen Migranten, ›Woke‹-Ideologien oder linke Bewegungen schürt, um die Arbeiterklasse zu spalten und von der eigentlichen Ursache ihrer Probleme – der Macht des Kapitals – abzulenken.«
Während der Aufsatz von 2009 noch stark anarchokapitalistische Züge trug, verstärkte sich in der Folgezeit der Einfluss von Curtis Yarvin, der Rothbards Ablehnung der Demokratie dahingehend weiterentwickelt hat, dass sich die Macht stattdessen in einer technokratischen Elite konzentrieren soll.
Yarvin, der mit seinen langen Haaren aussieht wie ein Hippie und unter dem Pseudonym Mencius Moldbug seine philosophischen Traktate veröffentlichte, argumentiert, dass Demokratien korrupt, ineffizient und reformunfähig seien, und schlägt stattdessen, ähnlich wie Hoppe, eine Art CEO-Diktatur vor.
Nun könnte man einwenden: Okay. Irgendein Software-Entwickler, der irgendeinen obskuren politischen Blog betreibt – wer kennt sie nicht, die Hippies, die plötzlich naturalistisch-autoritäre Ansichten vertreten. Alles kein Problem, wenn Yarvin nicht finanziell von Peter Thiel gefördert worden wäre, der wiederum auch J.D. Vance finanziell fördert und unterstützt. Thiel funktioniert hier als Bindeglied zwischen einer autoritären, neoreaktionären, philosophischen Weltanschauung einerseits und der praktischen, politischen Umsetzung dieser Gedanken andererseits. So tauchen Schlüsselkonzepte Yarvins, wie der Begriff der »Kathedrale«, mit dem er ein Netzwerk aus Medien, Universitäten und staatlichen Institutionen meint, auch in den Reden und Schriften von Vance auf.
Thiel spielte dann auch eine zentrale Rolle dabei, Vance als konservativen Kandidaten der Neuen Rechten zu positionieren, unterstützte diesen aktiv auf seinem Weg in den US-Senat und spendete 15 Millionen Dollar an den Super-PAC Protect Ohio Values. Thiel wurde zu einer Art Mentor für Vance, der seine Verbindungen und Ressourcen nutzte, um die politischen Ambitionen von Vance zu fördern. Kritiker werfen diesem deshalb auch vor, ein reines Thiel-Projekt zu sein. Ein Gedanke, der nicht ganz abwegig ist, betrachtet man den Auftritt von Vance bei der KI-Konferenz in Paris. Seine Warnung, eine staatliche Überregulierung der KI-Technologie würde den Tod dieser Branche bedeuten, dürfte seinem Sponsor gefallen haben.
Doch nicht nur Technologiegläubigkeit und Demokratieskepsis schweißen das Duo zusammen. Ebenso wie Thiel verfolgt Vance eine konservative Kulturagenda, die sich vor allem im Kampf gegen die sogenannte »Wokeness« äußert. Dies dürfte die beide wiederum mit Elon Musk verbinden, dessen Einfluss auf das Weiße Haus mit seiner Einsetzung als Leiter der Behörde für Regierungseffizienz noch etwas unmittelbarer sein dürfte.
Zwar ist die Beziehung von Thiel und Musk nicht ohne Komplikationen, genauso wenig wie jene zwischen Vance und Trump. Dennoch legen alle großen Wert auf technologische Innovation, Marktfreiheit und eine minimalistische Rolle des Staates. Alle hassen Gewerkschaften und den »linken Libertarismus« mit seinen LGBTQ-Rechten, seinem Feminismus und den ungeliebten Diversity-Regelungen. Alle wollen regulierende Institutionen, die den freien Markt einhegen, endlich vollkommen beseitigen.
»Hier kommt der alte Raubtierkapitalismus in neuem Gewand, der mit seiner Rhetorik von Freiheit und Selbstbestimmung alle sozialen Errungenschaften diskreditiert.«
Dies verbindet aber nicht nur Musk mit Thiel und Trump mit Vance, sondern eben auch Mises und Hayek mit Hoppe und Yarvin sowie Trump und Vance mit Milei, Meloni, Weidel und von Storch. Die Verbindung zwischen all diesen Figuren besteht weniger in einer direkten Zusammenarbeit, sondern vielmehr in ideologischen Überschneidungen. Dazu gehört die Kritik an der Demokratie und ihren Institutionen genauso, wie der Kulturkampf gegen die Wokeness oder der sogenannte Kampf für die Freiheit. So sprach der argentinische Präsident Javier Milei am Rand des Weltwirtschaftsgipfels in Davos im Januar 2025 davon, dass er sich in diesem Jahr »weniger allein fühle«. Endlich habe er Mitkämpfer für die Freiheit getroffen: vom wunderbaren Elon Musk über seine Freundin Giorgia Meloni, die er als »Kampfgefährten zur Verteidigung der Ideen der Freiheit« bezeichnete, bis hin zu Viktor Orban, Benjamin Netanjahu und Donald Trump. Nach und nach habe sich »eine internationale Allianz all jener Nationen gebildet, die frei sein wollen und an die Ideen der Freiheit glauben«, strahlte er.
Betrachtet man den internationalen Siegeszug der Marktradikalen mit etwas Distanz, so kann man in dieser Entwicklung unschwer ein Elitenprojekt erkennen, das die restlose Unterdrückung der Arbeiterklasse zum Ziel hat. Unternehmer können ihre Macht frei ausüben und ihren Mitarbeitern ungestraft die 80-Stunden-Arbeitswoche verordnen, wie Elon Musk als er Twitter übernommen hat. Mit ihrem unbegrenzten Einfluss auf die modernen Medien wird eine Ideologie verbreitet, die Ressentiments gegen Migranten, »Woke«-Ideologien oder linke Bewegungen schürt, um die Arbeiterklasse zu spalten und von der eigentlichen Ursache ihrer Probleme – der Macht des Kapitals – abzulenken. Soziale Ungleichheit und der Verteilungskampf der unteren Klassen werden angeheizt, damit Solidarität unmöglich wird. Der Staat mit seinen Schutzrechten wird so weit geschleift, dass nur noch der staatliche Gewaltapparat in Form von Militär und Polizei übrig bleibt.
Hier kommt der alte Raubtierkapitalismus in neuem Gewand, der mit seiner Rhetorik von Freiheit und Selbstbestimmung alle sozialen Errungenschaften diskreditiert. Hier kommt ein neuer Feind, der ideologisch mächtig aufgerüstet hat und dem wir deshalb nicht nur ideologisch entgegentreten müssen.
Marcus Staiger ist ehemaliger Labelbetreiber, politischer Aktivist, Autor und Publizist. Er lebt und arbeitet in Berlin.