13. März 2025
Da die USA ihre Sicherheitsausgaben für Europa kürzen werden, träumen von der Leyen und Co. davon, die EU zu einer militärischen Supermacht hochzurüsten. Das ist nicht nur unrealistisch, sondern politisch fatal.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will die 800 Milliarden mobilisieren und Europa wiederaufzurüsten.
Laut einem fälschlicherweise Wladimir Lenin zugeschriebenen Spruch gibt es »Jahrzehnte, in denen nichts geschieht, und es gibt Wochen, in denen sich Jahrzehnte abspielen«. Letzteres scheint auf die zwei Wochen zwischen J. D. Vances Frontalangriff auf Europa bei der Münchener Sicherheitskonferenz sowie Vances und Donald Trumps scharfes Zurechtstutzen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office zuzutreffen.
Washington droht, das westliche Bündnissystem der Nachkriegszeit zu zerstören. Selten hat ein Imperium sich mit solcher Freude daran gemacht, die Strukturen, die seine Macht stützen, in Brand zu setzen.
Dabei muss jedoch festgehalten werden: Trumps theatralische Zerstörungswut ist eher ein Symptom als die Ursache eines größeren Problems. Zwar mag sich eine transatlantische Kluft auftun, doch es gibt mehr Ähnlichkeiten und Kontinuitäten zwischen Trump und seinen europäischen Rivalen, als es zunächst den Anschein hat: Viele europäische Staats- und Regierungschefs sehen die Chance, nun endlich aus dem Schatten Washingtons zu treten. Auf dem alten Kontinent träumt man von riesigen Rüstungsausgaben – doch dieses Streben nach Großmachtstatus ist völlig unglaubwürdig.
Die Liberalen beklagen derzeit Trumps Zerstörung eines westlichen Bündnisses, das für Freiheit und Demokratie gestanden habe. Darüber kann man sich problemlos lustig machen. Die von den USA geführte Nachkriegsordnung bedeutete nicht selten eine Schreckensherrschaft: Coups in Lateinamerika, der Völkermord in Indonesien, die Kriege in Korea und Vietnam, Irak und Afghanistan sowie die ökonomischen Misere, die die USA Ländern des Globalen Südens auferlegte.
Die Strategie der Vereinigten Staaten – basierend auf einem eigenen moralischen Anspruch auf universelle Werte, einem militärischen Anspruch auf absolute Macht und einem ökonomischen Anspruch auf die Fähigkeit und den Willen, den globalen Kapitalismus zu sichern – erforderte dabei nicht nur Gewalt, sondern auch Überzeugungsarbeit. Washington konnte so handeln, wie es dies bisher tat, da es den Verbündeten Sicherheit bieten, als »Kreditgeber letzter Instanz« einspringen, Hilfe und Unterstützung leisten, internationale Institutionen aufrechterhalten und eine alternative Vision verkaufen konnte – zunächst gegen eine kommunistische Weltordnung und später gegen eine Hobbes’sche Welt des Jeder-gegen-Jeden.
Trump vollzieht mit großer Geschwindigkeit eine Abkehr von dieser Weltanschauung. Als die radikale Rechte vor einem Jahrzehnt begann, die Wut über sozioökonomische Ungerechtigkeiten für sich zu nutzen, wurde unter anderem auch Barack Obamas Verrat an seinem Versprechen, diverse Kriege zu beenden, ausgeschlachtet. Unter Trump wurden mehrere, politisch durchaus unterschiedliche Anliegen – Kritik an den Versäumnissen in der US-Außenpolitik, Übergriffe der heimischen Sicherheitsdienste, industrieller Niedergang, Immigration und Gleichstellungsgesetze – in eine Kritik an einer »globalistischen« oder »woken« liberalen Agenda zusammengefasst.
Genau in diese Kerbe schlägt J.D. Vance. Er geriert sich als eine rebellische Stimme, die scharf kritisiert, dass das bisherige US-Imperium die Fantasien hochbezahlter Elite-Thinktanks genährt haben mag, dabei aber wenig für die verarmten Hillbillies in den Appalachen in petto hatte.
»Eine auf Transaktionen und Deals basierende Weltpolitik hat eine global geltende neoliberale Ordnung abgelöst.«
Die Liberalen trugen ihren Teil zur aktuellen Situation bei. Sie kleideten die amerikanische Kriegsmaschinerie in progressive Sprache: Umfragen im Jahr 2022 ergaben eine dramatische Umkehrung bei den parteipolitischen Einstellungen gegenüber den Sicherheitsdiensten.
Die US-Politik hat sich also verändert. Doch auch dies ist lediglich die Folge einer viel tiefergehenden internationalen Realität. Denn China hat den USA bereits in mehrfacher Hinsicht den Rang abgelaufen. Ein drohendes Ende der Dollar-Dominanz mag manchmal übertrieben dargestellt werden, ist aber in Teilen real. Der Washingtoner Konsens auf Freihandel liegt in Trümmern. Ebenso das Projekt, das postsowjetische Russland in die Knie zu zwingen. Und trotz eines absurd aufgeblähten Militärbudgets haben die Vereinigten Staaten heute Schwierigkeiten, militärische Siege zu erringen oder ihre Macht so durchzusetzen, wie sie es einst taten.
Die Regierung von Joe Biden hatte sich bereits in Richtung eines weniger expansiven Ansatzes bewegt. Sie sprach dabei von einer »Außenpolitik für die [US-amerikanische] Mittelklasse«. So ordnete Biden den Rückzug aus Afghanistan an. Wie Trump schlug er vor, die USA sollten im Gegenzug für militärische Unterstützung Zugang zu wichtigen Rohstoffen der Ukraine erhalten. Er betrieb eine US-Industriepolitik, die europäische Interessen außen vor ließ. Er wandte sich vom neoliberalen Freihandel ab und hin zum »Friendshoring«, um damit China zu schwächen.
Dieser noch relativ vorsichtige Ansatz zur Neuausrichtung wird jetzt von Trump auf extreme Weise fortgeführt. Dabei gibt es in der neuen US-Regierung nach wie vor konkurrierende Fraktionen: Da sind einerseits die scharfen außenpolitischen Kritiker wie Vance und Tulsi Gabbard. Andererseits finden sich aber auch noch die klassischen neokonservativen Falken, wobei diese allerdings im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit deutlich weniger präsent sind. Und dann ist da Elon Musk, dessen Widerstand gegen den amerikanischen Militarismus in dem Wunsch begründet zu sein scheint, die Beziehungen des Staates zu den großen Rüstungsunternehmen zu kappen und diese durch das Silicon Valley zu ersetzen.
Es zeichnet sich in jedem Fall ein Rückzug vom globalen Machtanspruch entlang mehrerer Achsen ab, um sich anstelle dessen auf einige wenige Kernbereiche zu konzentrieren. So bleibt die uneingeschränkte Unterstützung für Israel bestehen, während die Interessen der EU-Verbündeten geopfert werden. Derweil ersetzt Peking Moskau als Hauptgegner Washingtons, wie es Elbridge Colby (Trumps bedeutendster außenpolitischer Vordenker) schon lange angeraten hat.
In der neu entstehenden multipolaren Welt ist eine global geltende neoliberale Ordnung das »Gestern« und eine auf Transaktionen und Deals basierende Weltpolitik das »Morgen«.
»Washington weigert sich, uns zu verteidigen, also müssen wir uns selbst verteidigen«, hört man nun des Öfteren aus Brüssel. Europäische Führungskräfte, inklusive der ehemals pazifistischen Grünen, sprechen von massiven Plänen zur Remilitarisierung. Das Wettrüsten wird immer extremer: Vorschläge, 3 Prozent des BIP für Kriegsausgaben aufzuwenden, werden mit Gegenvorschlägen für 5 Prozent überboten. Von einer EU-Version der CIA bis hin zur gemeinsamen europäischen Atombombe (»Euronuke«), deren Zünder zwischen den EU-Hauptstädten rotiert, scheint gerade keine Idee zu absurd zu sein. Die Europäische Kommission hat ihrerseits einen Plan vorgestellt, mit dem 800 Milliarden Euro an Militärausgaben in der gesamten Union mobilisiert werden sollen.
Auch dies ist keine gänzlich neue Entwicklung. Als das Vereinigte Königreich die EU verließ, sahen die Militaristen in Europa dies als die Beseitigung eines der größten Hindernisse für eine tiefergehende militärische Integration Europas. Neue militärische Maßnahmen der EU schlichen sich ein, von der Sahelzone bis nach Mosambik, wo Truppen anrückten, um der lokalen Armee bei der Bekämpfung von Aufständischen zu helfen (sprich: um europäische Energieinteressen zu sichern). Die Militarisierung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex – »Ziviltruppen in europäischer Uniform«, wie ihr abgesetzter Ex-Direktor es einst ausdrückte – bot einen Präzedenzfall für die spätere allgemeine Militarisierung.
»Von Trumps Forderung, Europa müsse seinen gerechten Anteil für die NATO zahlen, und vom Beharren der Anti-Trumper auf einer unabhängigen europäischen Verteidigung profitieren letztlich dieselben Akteure: US-amerikanische Rüstungskonzerne.«
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Forderungen ins Unermessliche gestiegen. Zunächst setzte man in Europa alles auf einen Sieg der Ukraine. Inzwischen hat sich die Darstellung Russlands von einem leicht zu besiegenden Akteur gewandelt hin zum Bild einer Großmacht, die kurz davorsteht, Europa zu überrennen. Was die Milliarden an neuen Rüstungsausgaben der EU und der Mitgliedstaaten konkret bewirken sollen, ist allerdings weniger klar.
Selenskyjs Teil-Kapitulation gegenüber Trump zeigt, dass es schwierig sein dürfte, den Krieg in der Ukraine ohne US-Material fortzusetzen. Die USA haben beispielsweise 3 Millionen 155-mm-Artilleriegeschosse zu der 1 Million der EU hinzugefügt; Russlands Produktion überflügelt dies noch.
Hier war bisher nur von der Ukraine die Rede. Doch Europas Falken haben größere Träume. Europa soll zu einer Macht werden, die Russland, China oder den USA ebenbürtig ist. In mancher Hinsicht sind sie gerade dafür aber nicht ehrgeizig genug, denn derartige Ziele würden eine Zentralisierung und Mobilisierung in einem Ausmaß erfordern, das nicht diskutiert wird, weil es nur wenige Menschen in Europa für akzeptabel halten würden. Ein einflussreicher Brüsseler Thinktank schätzt beispielsweise, dass 300.000 zusätzliche Soldaten für solche Ziele benötigt würden. Woher diese kommen sollen, ist unklar. Brüssel beim Schwadronieren über Krieg zuzusehen, ist in etwa so, als würde man dem örtlichen Dorfbeamten mit Klemmbrett ein Maschinengewehr in die Hand geben. Es gibt viel Enthusiasmus, aber kaum rationale Diskussionen.
Darüber hinaus dürfte – trotz aller Träume von einem militärisch-industriellen Komplex in der EU – die US-Industrie weiterhin die militärischen Anforderungen Europas erfüllen und bedienen. Von Trumps Forderung, Europa müsse »seinen gerechten Anteil« für die NATO zahlen, und vom Beharren der Anti-Trumper auf einer unabhängigen europäischen Verteidigung profitieren letztlich dieselben Akteure: US-amerikanische Rüstungskonzerne.
Das tiefere Problem wird in der Frage deutlich, die Vance in München stellte: Man kann ja über Verteidigung reden, aber was verteidigt man eigentlich? Das Selbstverständnis der EU beruht auf der Erzählung, die Union sei auf der Erkenntnis errichtet worden, dass die Schrecken des Zweiten Weltkriegs nie wieder geschehen dürfen. Die Antwort darauf war die schrittweise Erweiterung der Märkte und der Freizügigkeit, die durch gemeinsame Vorschriften geregelt und durch gemeinsame Werte untermauert wurden – Vorschriften und Werte, die Europa sowohl von den autoritären Staaten im Osten als auch von den kapitalistisch-plündernden Freibeutern im Westen unterscheiden sollten. Auf ihrem Höhepunkt stand die EU in Bereichen wie der Klimapolitik oder den Verbraucherrechten tatsächlich für einige Fortschritte, die man als »progressiv« bezeichnen könnte.
Doch als die Krisen der vergangenen Jahre erste Spuren hinterließen, wandelte sich diese EU und ihre Erzählung: Die »dunkle Seite« der Europäischen Union zeigte sich zuerst in der brutalen Disziplinierung Südeuropas während der Finanzkrise, dann in der stillschweigenden Aufgabe eines Großteils der Menschenrechtsstandards, um Geflüchtete außerhalb der Tore Europas zu halten.
»Die EU hätte versuchen können, sich als globales Vorbild für Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Menschenrechte in Szene zu setzen. Stattdessen versucht die EU, eine Karte auszuspielen, die sie nicht hat: die einer militärischen Großmacht.«
Heute ist auch die europäische Außenpolitik hauptsächlich von transaktionalen Deals geprägt. Die EU strebt Bündnisse mit autoritären Regimen an, um im Gegenzug Energiesicherheit, militärische Zusammenarbeit und eine Eindämmung der Migration zu erhalten. Während Trump eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko errichtete, patrouillierten von der EU bereitgestellte Fahrzeuge an einer deutlich längeren Mauer, um Syrerinnen und Syrer davon abzuhalten, in die Türkei zu gelangen. Jegliche moralische Führungsrolle, die die EU vielleicht noch innehatte – nicht zuletzt in ihrer Reaktion auf die Invasion Russlands in der Ukraine –, wird untergraben durch ihre anhaltende Unterstützung Israels, auch mehr als anderthalb Jahre nach Beginn der mörderischen Einsätze in Gaza.
Da die Beitrittsprozesse von Kandidatenländern ins Stocken geraten, sich die Spaltungen zwischen den EU-Ländern vertiefen und die populistische Rechte (gegen die die Union eigentlich ein Bollwerk sein sollte) sich in Brüssel mehr Macht denn je verschaffen kann, ist unklar, auf welcher politischen Grundlage das europäische Projekt zukünftig stehen soll oder kann.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs mögen sich als »Koalition der Willigen« präsentieren, aber ihre Interessen sind alles andere als einheitlich. Wenn die sogenannte »regelbasierte Ordnung« nun zusammenbricht, hätte Europa die Wahl gehabt, die Karte auszuspielen, die es bereits in der Hand hatte: Man hätte versuchen können, sich als globales Vorbild für Rechtsstaatlichkeit, friedliche wirtschaftliche Zusammenarbeit und Menschenrechte in Szene zu setzen. Stattdessen versucht man, eine Karte auszuspielen, die man nicht hat: die einer militärischen Großmacht. Der Ansatz der EU ist dadurch illiberaler geworden – ganz ähnlich wie beim »Erzfeind« Donald Trump.
Das anfängliche Lob für Keir Starmers Versuch, Trump entgegenzukommen und ihn zu Kooperation zu überreden, schwand nach der Auseinandersetzung mit Selenskyj im Oval Office schnell dahin. Als der britische Premier diverse EU-Führungskräfte in London empfingen, fragten diese sich, auf welcher Seite des Atlantiks eigentlich Starmers Loyalität liege. Gemeinsam mit der Italienerin Giorgia Meloni betonte er, sie seien in der Lage, eine strategische Brücke zwischen der EU und den USA zu schlagen.
Das war schon immer die Rolle, die Großbritannien im westlichen Bündnis zu übernehmen versuchte. Man erkannte an, dass man kein Imperium mehr war, aber versuchte gleichzeitig, einen überproportionalen Einfluss beizubehalten. Bei der Entwicklung der NATO hatte eine Labour-Regierung eine zentrale Rolle gespielt, und ein britischer Berufsoffizier, Lord Hastings Ismay, war der erste Generalsekretär des NATO-Bündnisses.
»Fast alle westlichen Regierungschefs kamen mit dem Versprechen an die Macht, die die Lebenshaltungskosten zu senken. Stattdessen stehen sie nun für eine Art Militär-Keynesianismus, der die schwächelnden Volkswirtschaften wiederbeleben soll.«
Im Jahr 2020 entstand unter Boris Johnson die neueste Strategie für Großbritanniens neoimperiale Machtprojektion. Sie war kurzlebig und nun wendet sich auch Großbritannien von der liberalen Geopolitik ab. Ende Februar trat die Ministerin für internationale Entwicklung, Anneliese Dodds, aus Protest gegen die Entscheidung Starmers zurück, das Budget für Auslandshilfe zu kürzen, um es für Waffen auszugeben. Vom Vorschlag, ein eigenes DOGE (die neue Stelle der US-Regierung für mehr »Behördeneffizienz«) einzurichten, bis hin zur Live-Übertragung von Massendeportationen: Die britische Regierung scheint begierig darauf zu sein, Washington in jeglicher Hinsicht zu folgen.
Doch auch andere Länder – Frankreich, Finnland, Schweden, die Niederlande und Deutschland – kürzen ihre Entwicklungshilfe, um finanziellen Spielraum für Militärausgaben zu schaffen. Ein weiterer Hinweis darauf, wo die Prioritäten heute liegen, waren die Probleme im vergangenen November, sich in Baku auf ein Klimafinanzierungsziel zu einigen. Der eher symbolische Fokus auf die Kürzung der Entwicklungszusammenarbeit dient wahrscheinlich dazu, allzu große Diskussionen darüber zu vermeiden, woher der Großteil der Gelder für Waffen tatsächlich stammen dürfte, nämlich aus den ohnehin schon strapazierten Sozialbudgets.
Die scheidende deutsche Verteidigungsministerin – die Teil einer Regierung war, die in finanzpolitischer Sicht fast schon bis zur Selbstzerstörung aggressiv vorging – fordert weiterhin die Verdoppelung des NATO-Ziels für Militärausgaben.
Die EU verspricht ihrerseits, die strengen Haushaltsregeln zu lockern – natürlich nur für die Verteidigung. Dies geschieht trotz des sinkenden Lebensstandards, der schleppenden Wirtschaftsentwicklung und des eklatanten Defizits bei den zur Bewältigung der Klimakrise erforderlichen Finanzmitteln. Scheinbar bleibt nur noch die Wahl zwischen Austerität und Sparzwang einerseits oder massivem Aufrüsten und Krieg andererseits.
Fast alle amtierenden westlichen Staats- und Regierungschefs kamen mit Wahlversprechen an die Macht, die Krise zu überwinden und die Lebenshaltungskosten zu senken. Stattdessen stehen sie nun für das falsche Versprechen, dass eine Art Militär-Keynesianismus die schwächelnden Volkswirtschaften wiederbeleben könne.
Ob die USA und die EU die von Trump verursachte Spaltung der westlichen Allianz überwinden können, ist schwer vorherzusagen. Doch auf beiden Seiten des Atlantiks ist der »neue Westen« bereits Realität: Er hat sich von seinem rudimentären Liberalismus verabschiedet, ist besessen vom Mantra »Waffen statt Butter«, baut sowohl physische als auch metaphorische Mauern und ist in seiner Herangehensweise an die Welt engstirniger geworden.
Die Tage der unipolaren amerikanischen Hegemonie sind ebenso vorbei wie die des Duopols im Kalten Krieg. Man müsste wahrscheinlich bis ins 19. Jahrhundert zurückblicken – auf das sogenannte Konzert der Mächte in Europa und seine miteinander verflochtenen, aber rivalisierenden imperialen Monarchien –, um eine Analogie für diesen Moment des intensiven Wettbewerbs neben ultrakonzentriertem Reichtum und Macht zu finden.
Der globale Neoliberalismus ist klinisch tot, aber sein militarisierter Nachfolger ist nicht weniger gewinnorientiert und auf eigennützige transaktionale Deals ausgerichtet. Vor allem ist er keineswegs besser geeignet, Lösungen für die wirklichen Probleme und Notlagen unserer Welt zu finden.
Nathan Akehurst ist Autor, Campaigner und arbeitet im Bereich politische Kommunikation und Advocacy.